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432V BlrlmilaU s. d. Dtschn. vuch?»nd,I. Mchtamtlicher Teil. ^ 79, 4. April 1912. sächlich eingetretene Verlust als durchaus nicht über das ge-k wohnliche Maß hinausgehcnd.« (Leipziger Handelskammer.) 5. Wie wird der Ausdruck »Generaldepot« in Handel und Verkehr aufgesaßt? Nach der in Handelskreisen herrschenden Ausfassung besagt dieser Ausdruck, daß eine Firma in den Artikeln be stimmter Produktionsstätten ein Lager unterhält und zugleich für ein gewisses örtliches Gebiet (z. B. für Bayern, für Süddeutschland) das Alleinvcrtriebsrecht besitzt'). (Münchener Handelskammer.) 6. Zusendung unbestellter neuer Muster in der Postkartenbranche. Es ist in der Ansichtspostkartenbranche üblich, daß die Fabriken den Händlern neue Muster unbestellt, aber fakturiert zur Ansicht zuschicken. Will der Empfänger diese Probe sendungen behalten, so hat er sie gemäß der Fakturierung zu bezahlen, im anderen Falle aber sie zur Verfügung des Absenders zu halten.") (Vorsteheramt der Danziger Kaufmannschaft.) 7. Zahlungsziel beim Handel mit Postkarten. Im Handel mit künstlerischen Ansichtskarten zwischen Großhändlern oder Fabrikanten und Kleinhändlern ist es allgemein üblich, daß mangels einer besonderen Abrede der Kleinhändler entweder binnen 30 Tagen unter Abzug von 2 Prozent Rabatt oder binnen drei Monaten ohne Abzug zahlen muß. (Braunschweiger Handelskammer.) 8. Keine Trattenbegebung im Papierhandel ohne vorherige Anzeige. Es ist in der Papier- und Schreibwarenbranche nicht handelsüblich, drei Monate nach Fälligkeit eine Tratte in Kurs zu setzen, ohne sie vorher anzuzeigen. (Braunschweiger Handelskammer.) 9. Benachrichtigung bei irrtümlich erfolgter Zahlung. Eine Staatsanwaltschaft hatte um ein Gutachten darüber ersucht, ob nach den im Handel und Verkehr geltenden Grundsätzen ein Kaufmann, der von einem Geschäftsfreunde, mit dem er seit Jahren durch Bezug von Waren in Geschäfts verbindung steht, infolge Irrtums eine nicht schuldige Summe erhalten hat, verpflichtet ist, den aus Irrtum Zahlenden unverzüglich von der zu Unrecht erfolgten Zahlung in Kenntnis zu setzen oder ob es genügt, den zuviel ge zahlten Betrag dem Zahlenden ohne jede Benachrichtigung gutzuschreiben. Es wurde entgegnet, daß eine allgemeine Verpflichtung, Geschäftsfreunden, mit denen man in regelmäßiger Geschäfts verbindung steht, Mitteilung über irrtümlich erfolgte Zahlungen zu machen, nicht besteht. Wohl aber ist es bei ordnungs mäßigem Geschäftsbetrieb erforderlich, daß dem Einsender des Geldes Empfangsanzeige und Mitteilung von der erfolgten Gutschrift sogleich nach Empfang des Geldes gemacht wird. (Hannoversche Handelskammer) 10. Mahnung vor Klageerhebung. a) Auf eine Anfrage eines Gerichts, ob es im geschäftlichen Verkehr nicht nur Pflicht des An standes, sondern auch Usance sei, daß der Lieferant nach Verfall der Rechnungsposten seinen Abnehmer darauf auf- ') Im Buchhandel trifft man zuweilen auch die Bezeichnung »Generaldepot der Verlagswerke der Firma L.«. Das dürste nach dem obigen Gutachten unzulässig sein. "> Vgl. dazu das Gutachten der Magdeburger Handelskammer in Jahrg. 1911 d. Bl. S. 4SL0 Ziss. 4. merksam macht, daß der Posten fällig sei, ihn also mahne, bevor er klage? wurde geantwortet: »Es ist im Geschäftsverkehr üblich, und es gilt als an ständig, daß der Lieferant seinen Abnehmer zur Zahlung mahnt, bevor er ihn verklagt. Ein Handelsgebrauch, daß der Schuldner vor Erhebung der Klage durch Mahnung in Verzug zu setzen ist (gemahnt werden muß), besteht jedoch nicht, denn wenn Gefahr im Verzüge liegt oder die Mahnung aussichtslos erscheint oder wenn sie als empfangsbedürslige Willens erklärung nicht oder nur schwer bewirkt werden kann, so kann dem Lieferanten die Mahnung nicht zugemutet werden. Dabei gilt der Schuldner, sofern der Lieferant durch Unter lassung der Mahnung die Anstandspflicht verletzt, durch 8 93 ZPO. als ausreichend geschützt. (Handelskammer für das Großherzogtum Sachsen.) b) Im Warenhandel wird allerdings vielfach die Ge- schästspraxis befolgt, daß der Gläubiger den Schuldner wegen fälliger Forderungen erst mahnt, ehe ec den Klageweg be schreitet, insbesondere wenn es sich um einen Kunden handelt, mit dem er schon seit längerer Zeit in Geschäftsverbindung steht. Eine solche Mahnung erfolgt auch häufig bei Forde rungen, die an einem bestimmten Tage zur Zahlung fällig geworden sind. Die Beobachtung dieses Verfahrens geschieht, weil es nicht nur im Interesse des Schuldners, sondern oft auch des Gläubigers liegt, zu versuchen, zu seinem Rechte zu kommen, ohne erst den für ihn mit Weiterungen und Auslagen verbundenen Weg der Klage zu wählen. Wir müssen jedoch bekunden, daß diese Übung, so ver breitet sie auch im einzelnen sein mag, nicht die allgemeine Bedeutung hat, die gesetzliche Regelung durch Z 284 Abs. 2 des BGB. einzuschränken oder aufzuheben, worin bestimmt wird, daß bei Leistungen, die zu einer nach dem Kalender bestimmten Frist zu erfüllen sind, der Schuldner auch ohne Mahnung am Leistungstage in Ver zug gerät. Eine nach kaufmännischer Verkehrsauffassung begrün dete Pflicht des Gläubigers, erst zu mahnen, ehe er klagt, selbst wenn er es aus irgend einem Grunde für ratsam oder angemessen hält, ohne Zeitverlust mit der Klage vorzu gehen, ist daher als allgemein bestehend nicht anzu- erkeuncn. Es entspricht auch nicht der kaufmännischen Auf fassung, daß bei derartigen Forderungen der Verzug erst mit der Mahnung Antritt, denn es ist allgemein üblich, daß, wenn trotz der Mahnung schließlich geklagt werden muß, die Verzugszinsen vom Fälligkeitstage ab und nicht erst vom Tage der Mahnung an mit der Klage gefordert werden. Für die Anwendbarkeit und Anwendung der vorstehend geschilderten kaufmännischen Verkehrsauffassung auf einen gegebenen Einzelfall bleibt es indessen bei Beurteilung nach kaufmännischen Gesichtspunkten nicht ganz außer Betracht, ob die Geschäftsverbindung zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner erst kurze oder schon längere Zeit besieht. In einem Falle langjähriger Geschäftsverbindung, in deren Ver lauf der Gläubiger stets nach erfolgter Mahnung vom Schuldner befriedigt worden ist, würde cs der geübten kauf männischen Gepflogenheit als widersprechend anzusehen sein und daher mit den im Handelsverkehr geübten Grundsätzen von Treu und Glauben nicht im Einklang stehen, wenn plötzlich, ohne daß ein zwingender Grund vorliegt, der Gläubiger ohne vorherige Mahnung sofort zur Klage schreitet. (Breslauer Handelskammer.) o) Unter Kaufleuten ist auch unter Vereinbarung eines Zahlungszieles eine besondere Mahnung »ach Fälligkeit üblich. (Posener Handelskammer.)