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banden, so wurde ich eS znrückgcben, möchte mir aber die Anträge an Sie erlauben, wie es kommt, daß Ihre Berlagsartilel, wie ich dies wiederholt bemerkt habe, schon so bald antiquarisch zu haben sind. Auch werde» Sie mein Ersuchen gerechtsertigt finden, mir resp. meinem Buch händler nachträglich eine Preisermäßigung zu bewilligen. Nun ist es gewiß möglich, daß auch einmal ein Exemplar eines neuen Buches, z. B. von den Recensions- und Frei exemplaren an einen Antiquar verlaust wird, — im vorliegenden Falle aber hat sich ergeben, daß die betreffende Berliner Hand lung eine Anzahl Exemplare des fraglichen Buches erst vom Verleger bezogen hatte, wie es denn überhaupt derenGewohnheit ist, bedeutende Neuigkeiten sofort zu niedrigen Preisen in ihre Kataloge aufzunehmen. Beispiele ähnlicher Art lassen sich aus anderen Berliner und Leipziger Katalogen in großer Menge beibringen. Daß aber durch derartige Preisherabsetzungen neuer Bücher der Werth derselben in den Augen des Publicums ver mindert wird, daß sie das Ansehen des Verlegers schmälern und in vielen Fällen auch seine materiellen Interessen schädigen, liegt aus der Hand. Das betreffende Publicum wird mißtrauisch gegen neue Unternehmungen des Verlegers, namentlich wenn sich die Thätigkeit desselben auf einige specielle Gebiete der Wissen schaft beschränkt, und der solide Sortimentsbuchhändler wird Bedenken tragen, sich für den Absatz des betreffenden Verlags durch Ansichtsversendungen ic. zu bemühen, wenn er die Ueber- zeugung hat, daß die etwaige Frucht seiner Bemühungen nicht ihm, sondern den Berliner und Leipziger Firmen zusallen wird. Es wird Sache jedes einzelnen Verlegers sein, zu erwägen, ob er in seinem eigenen und im allgemeinen Interesse es an gezeigt findet, der Leipziger „Erklärung" beizutreten oder nicht. Denn so richtig es ist, wenn behauptet wird, daß der Verleger eigentlich kein Recht habe, für fest oder baar verkaufte und dadurch in das Eigenthum der Käufer übergegangenc Artikel Preisvorschristen zu machen, so wenig wird ihm ans der anderen Seite das Recht abgcsprochen werden können, seinen Verlag zu liefern, an wen er will, resp. ihn Denjenigen zu verweigern, welche sich seinen Wünschen nicht fügen wollen. 8. Warum ich die Erklärung der Leipziger Verleger nicht unterschreibe! Es wird wohl auch Anderen so gegangen sein wie mir, daß ich nach der ersten Lesung des Leipziger Circulars noch einmal von vornen anfing, um zu sehen, ob ich mich nicht geirrt, da es mir schien, als werde am Schluffe wieder aufgehoben, was die „Erklärung" selbst festgesetzt hat — aber es ist so und nicht anders. Die „Erklärung" verpönt unter Androhung von Acht und Bann das Ausbieten neuen Verlages unter dem Ladenpreis, und auf derselben Seite wird die Höhe des bei Büchereinkäufen zu gewährenden Rabattes Jedem frei überlassen. Jeder Unbefangene wird mir doch zugeben, daß es vollständig einerlei ist, ob ich sage, das Buch kostet netto baar S M., oder der Preis des Buches ist 10 M„ worauf ich bei Baarzahlung 10"/^ Rabatt gebe, und ob dies in Katalogen und Anzeigen, oder im Schaufenster des Ladens, oder sonstwie geschieht. Ich muß also fragen: ist hier eine unabsichtliche Zweideutigkeit unterlaufen, oder soll das eine absichtlich offen gelassene Hinterthüre sein, durch welche Jeder den unbequemen Consequenzen der „Erklärung" entgehen mag? In beiden Fällen aber scheint mir die Fassung jenes Circulars für den angestrebten Zweck unbrauchbar zu sein. Glauben denn die Herren Erklärer im Ernste mit dieser Maßregel den Leipziger, Berliner und sonstigen Engros-Schleuder- geschästen das Handwerk legen zu können? Nein! gewiß nicht, so lange es noch den gar nicht einmal unbequemen Weg gibt, fremden Verlag durch den Commissionär oder das Mittelsortiment zu beziehen. Die Herren Commissionäre fehlen begreiflicherweise unter der „Erklärung", sie haben ganz recht, wenn sie keine Lust haben, sich von einer Gruppe von Verlegern die Hände binden zu lassen, so wie es jetzt gewaltsam am Sortimente geschehen soll. — Es durste also wohl diese „Erklärung", die das Anzeigen unter dem Ladenpreis verbietet, das Rabattgeben aber gestattet, eine halbe Maßregel bleiben und darum schlimmer wie gar keine sein. Gesetzt aber nun, die nicht gewerbsmäßigen Schleuderer, wir wollen sie die „Nothwehrschlenderer" nennen, wären von der radikalen Wirkung der „Erklärung" so überzeugt, daß sie ihre alten sündhaften Kataloge rc. hinter sich verbrennten und wieder tugendhafte Ladenpreis-Buchhändler würden, so müßten diese Aermsten leider zu bald zu ihrem Schaden erfahren, daß die „Erklärung" in ihren Folgen nur sie trifft und schwer schädigt und daß der gewerbsmäßige Schleuderer noch obendrein Vortheil daraus zieht, denn dieser wird sich durch die „Erklärung" weder schrecken noch in seinem Thun und Lassen bestimmen lasten. Das verehrte Publicum aber wird durch vermehrten Zuspruch für den intelligenteren Schleuderer votiren, denn es hat leider kein Herz für unsere schönen aber schwerverständlichen Buchhändler heilswahrheiten. — Wir haben uns daran gewöhnt, den sogen. Engros-Sortimcntsbetrieb, d. h. den mit gegenseitiger Baarzahlung arbeitenden und schnelleren Umsatz buchhändlerischer Waarc, bei geringerem Nutzen im Einzelnen, erzielenden Buchhandel schlechtweg Schleuderet zu nennen, ein Ausdruck, welcher gar keinen guten Klang, vielmehr eine odiöse Bedeutung hat; man ist nicht gerade wählerisch in Aeußerungen über diese Kategorie von Geschäften, wie sich ja auch die vorliegende „Erklärung" den brüsken Ton disciplinarischer Maßregelung erlauben zu dürfen glaubt, — und doch sind diese Geschäfte nach allgemeinen rechtlichen und kaufmännischen Begriffen vollkommen respectabel und hängt ihnen und ihrem Betriebe nicht der leiseste Makel an. Diesen Firmen nun wollen die Leipziger Erklärer und ihre Nachfolger mit einem Striche durch ihre Maßregel die Existenzbedingungen ent ziehen und diese nach durchaus gesunden Prinzipien arbeitenden Geschäfte gewaltsam lahm legen. Ob ein solches Verfahren auch nur rechtlich zulässig ist, will ich dahin gestellt sein lassen, aber daß es meiner Neberzeugung nach ein Verkennen der wahren Interessen unseres Standes documentirt, scheue ich mich nicht, offen zu bekennen. Die Entwickelung des deutschen Sortimentsbuchhandels be findet sich gegenwärtig in einer gefährlichen Krisis, bei welcher gewaltsame Mittel verhängnißvoll werden können. In seiner alten Gestalt altersschwach geworden, vermag er sich kaum noch zu halten und leistet schon lange dem Verleger die Dienste nicht mehr, bei denen dieser sich früher so wohl befand. Neben ihm nun entwickelte sich aus kleinen Anfängen, aber auf gesunder kaufmännischer Basis ein neuer Buchhandel, der zünftig zwar nicht anerkannt, vielmehr verpönt und angefeindet dennoch unauf haltsam gewachsen und nun schon zu einer Macht erstarkt ist Weit davon entfernt, in diesen reinen Schlendergeschäften oder modernen Antiquariaten das Ideal einer deutschen Sortiments buchhandlung zu erblicken, vermag ich doch auch nicht zu ver kennen, daß in ihnen Prinzipien durchgesührt sind, die der Sortimentshandel in sich ausnehmen muß, wenn er neben jenen weiterbestehen will. Der Sortimentsbuchhändler muß danach trachten, sich von der Rolle, ein bloßer Commissionär des Verlegers zu sein, gründlich zu emancipiren und schars im Einzelnen rechnend ein selbständig handelnder Geschäftsmann zu werden. Mit Capital arbeitend, muß er suchen, alle Brot- und Concurrenz- artikel billig zu kaufen und zu verkaufen, durch besondere Vortheile das Publicum zur Baarzahlung zwingen, um auf diese Weise