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6664 Nichtamtlicher Teil. 199. 27. August 1901 wichtige Fortsetzung der Chronik in Cgm. 565 der Hof- und Staatsbibliothek zu fixieren. In den Sommerferien wird er die Fuetrcr-Handschrift des Königlichen geheimen Haus-Archivs in München benutzen und damit andere Untersuchungen in München und Landshut verbinden. Von verschiedenen Seiten wurden neue Unternehmungen der historischen Kommission angeregt oder finanzielle Unterstützung und andere Hilfeleistung erbeten. Wie dankenswert auch die eine oder andere Aufgabe erscheinen mochte, mußte die Kommission trotzdem mit Rücksicht auf die Festlegung ihrer Mittel durch die eigenen Unternehmungen darauf verzichten, auf jene freundlichen An regungen einzugehen. Kleine Mitteilungen. Gerichtsverhandlung. — Der Kaufmann Philipp Freund aus Neutra in Ungarn lernte im Frühjahr 1899 in München den Metzgermeister Salomon Marx kennen, mit dem er am l. Juni 1899 eine Verlagsbuchhandlung in Form einer offenen Handels gesellschaft unter der Firma Philipp Freund L Comp, in München gründete. Ein gegen Philipp Freund in München wegen Betrugs und Unterschlagung eingeleitetes Verfahren stellte in öffentlicher Verhandlung nach der »Papier-Ztg.- folgendes fest: Freund, der weder Geld noch fachmännische Kenntnisse besaß, war Teil haber und Leiter der Firma, während Marx die nötigen Geld mittel hergab. Nach dem Gesellschaftsvertrage sollte beiden Teilen ein monatlicher Vorschuß von 300 auf den zu erzielenden Ge winn gewährt werden. Obwohl nun das Geschäft lange Zeit keinen Gewinn brachte, und dieser auch späterhin nur sehr gering war, steckte Marx Unsummen hinein. Wohin das Geld gekommen ist, ließ sich nicht mehr sagen, weil nur kurze Zeit Buch geführt wurde. Im Juli 1899 verlangte Freund von Marx 2000 um sic einer Münchener Verlagsbuchhandlung im Interesse des Ge schäftes vorzustrecken. Hiervon bekam genannte Firma jedoch nur 1400 die 600 Rest will Freund zur Einlösung eines Wechsels benutzt haben. Mitte Juli 1899 erhielt er von Marx zur Bezahlung einer Papierrechnung weitere 3000 Die Annahme des Papiers wurde jedoch, weil verspätet eingetroffen, verweigert und daher nichts dafür bezahlt. Wohin das hierfür bestimmte Geld gekommen ist, war nicht festzustellen. Marx meint, daß Freund im besten Falle hiervon 2000 »-E für das Geschäft verwandte und die übrigen 1000 in seine Tasche schob; Freund dagegen erklärte, die ganze Summe für Geschäftsauslagen aufgebraucht zu haben mit Aus nahme kleinerer, für seinen Lebensunterhalt notwendiger Beträgt, was ja nach dem Gesellschaftsoertrage gestattet war. Im März v. I. verlangte Freund von Marx wiedcruni Geld und er hielt von diesem Wechsel im Betrage von 3000 Auch diese Summe verschlang das Geschäft. Marx war aber noch mehr er staunt, als er eines Tages noch einen dritten, ebenfalls auf 3000 lautenden Wechsel einlösen mußte, den Freund, allerdings im Interesse des Geschäfts, aber ohne Wissen des Marx ausgestellt hatte. Schließlich stellte Freund noch zwei Wechsel zu je 500 ^ auf die Firma Freund L Cie. aus, mit welchem Geld er Schulden von Angestellten des Geschäfts bezahlte. Da der Buchnachweis fehlte, konnte auch die beinahe achtstündige Verhandlung keine Klarheit schaffen, und so wurde denn Freund sowohl von dem ihm zur Last gelegten Betrug, als auch von dem Vergehen der fort gesetzten Unterschlagung freigesprochen. Ansteckungsgefahr durch gebrauchte Bücher. — Aerzte und Bakteriologen haben wiederholt die Befürchtung ausgesprochen, daß von Hand zu Hand wandernde Bücher, besonders solche aus Leih- oder Krankenhaus-Bibliotheken, ansteckende Krankheiten ver breiten können. Das Repertorium der Chemiker-Zeitung bringt folgenden Auszug einer in der -Zeitschrift für Hygiene- abgedruckten Arbeit von Arthur Krauß: -Trübung von Nährbouillon und septische Infektion von Tieren, denen Streifen in die Bauchwand oder Bauchhöhle eingenäht wurden, wurde durch gebrauchte Bücher, nicht aber durch neue hervorgerufen. Sterilisation infizierter Bücher wird durch Formalin in verschiedenen Modifikationen nur dann erreicht, wenn die Bücher aufgehängt werden, so daß die einzelnen Blätter lose hängen; am besten war hierfür der Lingnersche Apparat. Mit strömendem Wasserdampf wurde in Bukowskyscher Maschine sichere Desinfektion innerhalb 30 bis 40 Minuten erreicht. Dabei erleiden nur Lederbände erhebliche Schädigung. Die Lebensfähigkeit der hauptsächlichen Infektions erreger aus dem Papier ist übrigens nicht sehr groß, so daß Bücher, welche längere Zeit außer Gebrauch waren, auch ohne Desinfektion wieder in Gebrauch genommen werden können.- Nach diesen Versuchen ist die Ansteckungsgefahr unter gewöhn lichen Umständen nicht groß und genügt keinesfalls, um etwaige polizeiliche Vorschriften betreffs Entseuchung von Büchern öffent licher Bibliotheken zu rechtfertigen. Die von uns im Jahrgang 1900 des Börsenblattes (Nr. 13, 19 und 44) gebrachten Mit teilungen besprechen das oben erwähnte Desinfektionsverfahren noch ausführlicher und geben auch noch andere Ratschläge. Entscheidung des Reichsgerichts. Ansichtspostkarten können nicht als Gebrauchsmuster geschützt werden. — In Osterrieths Zeitschrift «Gewerblicher Rechtsschutz und Urheber recht- (Juli 1901) wird nach dem Blatt für Patent- rc. -Wesen folgende rcichsgerichtliche Entscheidung mitgeteilt: Für die Beklagte ist auf Grund einer Anmeldung vom 10. Ja nuar 1898 am 11. Februar 1898 in der Gebrauchsmusterrolle des Kaiserlichen Patentamts unter der Nr. 88 690 eingetragen worden eine Postkarte, deren aufgedruckte Darstellungen bei durchscheinen dem Lichte in veränderten Farben erscheinen. Als neu ist in dem Schutzanspruch die Einrichtung bezeichnet, daß Bilder auf Ansichts karten ihre Farbe dadurch verändern, daß man die gleiche Dar stellung in anderen Farben auf die Rückseite des Papiers dahinter druckt und dann hinterklebt. Auf diese Weise können Darstellungen, die in Tagesbeleuchtung aufgedruckt find, sich bei durchscheinendem Licht in Nachtstimmung, Winterlandschaften sich in Sommerland schaften verwandeln und ähnliches mehr. Die Löschungsklage ist darauf gestützt, daß das Gebrauchsmuster der Beklagten nicht schutz fähig sei, da es in dreifacher Beziehung die Voraussetzungen und Bedingungen, unter denen nach dem Gesetze ein Gebrauchsmuster schutz erteilt werden dürfe, nicht erfülle. Erstlich sei die Postkarte der Beklagten als Gebrauchsmuster überhaupt nicht schutzberechtigt, da sie nach ihrer Eigenart nicht einem eigentlichen Gebrauchszweck, wie ihn das Gesetz verlange, dienen solle, sondern bestimmt sei, den Formensinn und das Schönheitsgefühl zu befriedigen und demnach eine ästhetische Wirkung hervorzurufen. Zweitens sei sie nicht schutzberechtigt, weil sie nur eine Flächengestalung enthalte, während nur plastisch wirkende Veränderungen der Formgestalt unter das Gesetz, betreffend den Schutz von Gebrauchsmustern, fielen. Drittens mangele dem eingetragenen Gebrauchsmuster die Eigen schaft der Neuheit, weil Postkarten der Art, wie sie der Be klagten geschützt seien, lange vor der Einreichung im In lands offenkundig benutzt worden seien und vornehmlich von der Klägerin seit 11 Jahren fabriziert und in den Handel gebracht würden. — Die Revision der Beklagten erweist sich nicht als begründet. Das Berufungsgericht hat ohne Rechts irrtum festgestellt, daß die von der Beklagten hergestellten Ansichtspostkarten, für welche dieselbe die Eintragung in die Ge brauchsmusterrolle unter Nr. 88690 erwirkte, gegenüber den An sichtspostkarten, die der Kläger schon lange vor dieser Anmeldung zum Gebrauchsmuster Nr. 88690 im Inlands hergestellt und in den Verkehr gebracht hat, nichts Neues bieten. Denn auch bei einer Anzahl der Ansichtspostkarten, die der Kläger in den Handel gebracht hat, besteht die Anordnung, daß das auf der Vorderseite angebrachte Bild die Farben verändert, wenn man es gegen das Licht hält und so auch das auf der Innenseite angebrachte Bild sichtbar wird. Die Revision der Beklagten ist aber auch deshalb unbegründet, weil die von der Beklagten hergestellten Ansichts postkarten nach ihrer Eigenart überhaupt keinen Anspruch auf Schutz nach Maßgabe des Gesetzes vom 1. Juni 1891 über den Schutz von Gebrauchsmustern haben. Sie fallen überhaupt nicht in den Bereich dieses Gesetzes. Denn sie bieten kein Modell im Sinne des ß 1 des Gesetzes, weil die Anordnung der Hinterklebung des einen Bildes hinter das andere keine plastisch wirkende und so als Modell darstellbare Veränderung der Formgestalt, sondern lediglich ein Verfahren enthält, das eine gewisse ästhetische Wir kung zweier Bilder im Verhältnis zu einander erzielen soll. Ein Verfahren aber kann nach dem Gesetze vom 1. Juni 1891 nicht geschützt werden. Ansichtspostkarten dieser Art dienen auch nicht einem Arbeits- oder Gebrauchszweck, wie ihn der H 1 voraussetzt, nämlich einem wirtschaftlichen oder technischen Nutzzweck, der die Gebrauchsfähigkeit der Sache zu steigern bestimmt ist. Vergl. Entsch. Bd. 36, S. 60, Bd. 39, S. 133. Sie enthalten vielmehr nur Flächenverzierungen, die dazu bestimmt sind, den Formensinn zu befriedigen und eine ästhetische Wirkung zu erzielen, und liegen damit eben außerhalb des Gebietes, welches das Gebrauchs mustergesetz ordnen will. — Urteil des Reichsgerichts, I. Cioilsenat, vom 29. Oktober 1900. (Blatt für Patent- rc. Wesen. Jahrg. VII, S. 42—43.) 8. Speisekarten-Sammlung. — Gesammelt wird heutzutage alles; kein Wunder, daß auch die Speisekarten diesem Schicksal nicht entgehen können. Es giebt Leute, die sich die Ordnung der Tafel genüsse von jedem einigermaßen guten Diner aufbewahren. Die Rückerinnerung später beim Durchblättern der Karten hat auch ihre besonderen Freuden. Ueber eine interessante Speisekarten- Sammlung berichtet ein New Dorker Blatt: Fräulein Frank E. Buttolph, eine sehr gelehrte Dame, die bei der Astor-Bibliothek angestellt ist, hat sich eine Speisekarten-Sammlung angelegt, die schon über 8000 Nummern zählt. Die Sammlung ist natürlich am reichhaltigsten mit amerikanischen Karten versehen, und zwar sind