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Redaktioneller Teil. X- lk2, 15. Juli 1918. dar sind das Justizministerium wegen der Erhebung der An klagen und das Kriegsernährungsamt — in Verbindung zu treten. Diese Besprechungen werden im Lause der nächsten Woche fortgesetzt werden, und zwar hat das Reichswirtschasts- amt sich bereit erklärt, in eine Besprechung mit dem Kriegs- ernährungsamt einzutrelen, und es hat zu dieser Besprechung Buchhändler herangezogen. Ich werde die Interessen des Ver lags dort zu vertreten haben, und Herr Nitschmann wird die Interessen des Sortiments bei diesen Besprechungen in den Vordergrund zu stellen haben. Meine Herren, notwendig aber ist für die zukünftigen Ver handlungen, dah eine einmütige Kundgebung sämtlicher Körper schaften des deutschen Buchhandels sich gegen die Auffassung des KrtegSernährungSamts wendet; notwendig ist, datz eine ein mütige Erklärung des deutschen Buchhandels dahin erfolgt, daß die Zuschläge, die der Verlagsbuchhandel nimmt, und die Zu schläge, die der Sortimentsbuchhandel zu nehmen gezwungen ist, den gegenwärtigen Verhältnissen entsprechen. Meine Herren, es hat schon seither einen gewissen Eindruck bei den Ämtern ge macht, daß nunmehr Kundgebungen der einzelnen Körperschaf ten im Buchhandel vorliegen. Es ist geäußert worden: Es handelt sich jetzt nicht mehr um Handlungen von der einen oder andern Seite, die wir als Übergriffe bezeichnen könnten, son dern es hat sich der gesamte deutsche Buchhandel hinter die Sache gestellt und hat in den Eingaben die Zuschläge des Verlags und des Sortiments als notwendig bezeichnet, und wenn eine so angesehene Organisation wie der Börsenverein — wörtlich angeführt! — sich zu dem Sprachorgan dieser Notwendigkeit macht, so haben wir die Verpflichtung, diese Dinge eingehend und sorgsam zu prüfen. Also, meine Herren, es handelt sich heute um etwas ganz anderes als um die Ritschmannschen Anträge; es handelt sich hier darum, unsere Existenzmöglichkeiten für die nächsten Mo nate und für die Übergangszeit, die noch sehr, sehr schwer werden wird, zu wahren, und deswegen, meine Herren, ist es notwendig, daß wir durch eine einmütige Kundgebung des Vcr- legervereinS erklären: wir stehe» zu dem Sortiment, ebenso wie dar Sortiment zu uns stehen wird. Es darf nicht heißen, daß der Sortimenter dar verlangt, und datz der Verleger das ver langt; er mutz hier heißen: der gesamte Buchhandel, der im Börsenverein zusammengeschlossen ist, hat das als eine Notwen digkeit erachtet. Meine Herren, es ist schon heule der Fall, und es wird in den folgenden Zeiten und Jahren noch viel mehr der Fall sein, daß die Wirtschaftsämter und die Behörden Stellung nehmen müssen zu den einzelnen Maßnahmen der einzelnen Berufe. Heute schon ist in dem Reichsamt des Innern und in dem Reichswirtschaftsamt eine solche Fülle von Arbeiten zu sammengedrängt, daß die beamteten Mitglieder dieser Ämter gar nicht in der Lage sind, die Dinge zu übersehen. Sie sind mehr oder weniger angewiesen auf die Mithilfe der Fachorgani sationen, aus die Mithilfe der einzelnen Berufe, und sie werden, wenn die einzelnen Berufe ihre Wünsche sachgemäß einmütig und geschlossen vertreten, nicht umhin können, diesen Wünschen nachzugeben und sich nach den Anschauungen der einzelnen Fach organisationen zu richten. Meine Herren, aus diesem Grunde heraus müssen wir heute in irgendeiner Form Stellung zu den Nitschmannschen Anträgen nehmen. Ich stimme hier meinem Kollegen Schumann voll ständig bei. Auch ich habe bei der Vorversammlung, die wir in Berlin über die Nitschmannschen Anträge in der Berliner Ver einigung gehabt haben, erklärt, daß mir die Nitschmannschen Anträge so, wie sie vorliegen, unannehmbar erscheinen, und zwar aus den Gründen, die Herr Schumann hier auseinander- gesetzt hat. Ich bin darauf hinausgekommen, daß man vielleicht durch einen Kriegsparagraphen oder durch einen Notparagra phen alles das umfassen könnte, was Herr Nitschmann in der Abänderung der Verkaufs-und der Vcrkehrsordnung herbeigeführt sehen wollte, und ich bin erfreut gewesen, als Herr Schumann und ich, ohne miteinander in Fühlung getreten zu sein, im Grunde denselben Gedanken erörtert haben. Herr Schumann hat uns die Arbeit wesentlich erleichtert, und wir sind ihm zu ganz besonderem Danke dafür verpflichtet, daß er diese Ideen, bereits in eine feste Form gegossen, mit nach Leipzig brachte, und wir haben diese Form gestern im Vorstand des Börsen- Vereins als die Lösung bezeichnet, die nicht allein den Ver- lagsbuchhandel und den Sortimentsbuchhandel befriedigen kann, sondern die uns auch den notwendigen Rückhalt gibt, um unsere Interessen den Behörden gegenüber vertreten zu können, und deswegen, meine Herren, bitte ich Sic: Disteln und deuteln Sie nicht lange an dieser Notstandsordnung herum; nehmen Sie sie an in der Gewißheit, daß dadurch der Rücken gestärkt wird für unsere gesamte Bewegung, für unsere gesamten Bestrebun gen in Berlin. (Lebhaftes Bravo.) Direktor Gustav Kilpper (Stuttgart): Meine Herren, es kann kein Zweifel darüber bestehen, daß es in höchstem Maße erwünscht wäre, wenn wir in diesen Tagen zu einer einmütigen Kundgebung des deutschen Buchhandels kämen, die zum Aus druck bringen würde, datz die Teuerungszuschläge des Verlags und des Sortiments nur aus der Not der Zeit geboren sind und in keiner Weise als Wucher bezeichnet werden können. Eine Frage ist es aber doch, ob gerade die Notstandsordnung, wie sie uns hier vorliegt, die geeignete Form für eine derartige Kund gebung ist. Ich will davon absehen, datz die Teuerungszuschläge der Verleger in dieser Notstandsordnung nicht in demselben Maße berücksichtigt und begründet sind wie die des Sortiments; ich habe aber die Aufgabe, im Namen der Vereinigung schön wissenschaftlicher Verleger Ihnen folgende Erklärung abzu geben : Ebenso wie der Antrag Nitschmann und Genossen ver stößt auch die Notstandsordnung gegen die Satzungen des Börscnvereins und gegen das Verlagsgesetz. Sie berücksich tigt auch nicht die Interessen des schönwissenschaftlichen Ver lags, der durch erhebliche Erhöhungen der festen Ladenpreise hei ohnehin ausreichenden Rabatten dem Sortiment schon einen vollwertigen Ersatz für die Teuerungszuschläge ge- währt. Die Vereinigung hält eine unmittelbare Annahme ohne gründliche Beratung durch den in Z 7 der Satzungen des Börsenvereins vorgesehenen Ausschuß für unmöglich. Die Vereinigung erwartet, daß in diesem Ausschuß der schön wissenschaftliche Verlag seiner Bedeutung entsprechend ver treten sein wird. Es ist Ihnen bekannt, daß der außerordentliche Ausschuß zur Beratung der Nitschmannschen Anträge am 11. und 12. März in heißen und langen Beratungen sich bemüht hat, sich auf eine Entschließung zu einigen. In dieser Entschließung wurde in Anerkennung der triftigen Gründe der schönwissenschaftlichen Verleger einmütig — also auch vom Sortiment — folgender Satz angenommen: Die Verleger empfehlen, daß da» Sortiment in allen Fällen, in denen ihm durch Rabattierung de» Verlegerteue rungszuschlags oder durch eine vollrabattierle Preiserhöhung ein Mehrnutzen von etwa 19 Prozent vom früheren Laden preise zufällt, von der Erhebung eines Sorlimenterteuerungs- zuschlages absteht. Auf diesem in sich wohlbegründeten Standpunkt, der zugleich auch der Standpunkt des Kriegsernährungsamts und der Preis- prüsungSstellen ist, steht die Vereinigung schönwissenschaftlicher Verleger noch heute. Sie hätte es — ich kann das Wohl auch im Namen der übrigen Herren sagen — mit Freude begrüßt, wenn der Börsenverein vor einem halben Jahre mit einer der artigen Notstandsordnung an den deutschen Verlag hcrange- treten wäre. Wir konnten aber mit der Erhöhung unserer Bü- cherpreise nicht bis Ende April oder bis zum Mai 1918 warten. ES widerspricht auch dem Wesen des schönwissenschaftlichen Ver lags, Teuerungszuschläge aus die Preise seiner Bücher zu neh men. Der schönwissenschafiliche Verlag hat sich infolgedessen in seiner weitaus größten Mehrheit und ganz unabhängig von einander dazu entschlossen, seine festen Ladenpreise zu erhöhen. Es ist das auch die Form, die das Sortiment am sichersten vor Beschwerden des Publikums und der Behörden schützt, eine Form, die keinerlei Überlegungen darüber notwendig macht, welcher neuen Stützen durch NotstandSordnungen u. dgl. es bs- darf, sie aufrechtzuerhalten.