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^ 238. 11. Oktober 1927. Redaktioneller Teil. Pörlenblatt f. d. Dtschn. Buchhande. der Aufhebung des Ladenpreises wurde sowohl aus wirtschaftlichen wie aus geistigen Gründen abgelehnt. Wenn es gelingt, die Spesen zu vermindern, steht auch einer Zurückfiihrung der Rabatte ans das normale Mast nichts entgegen. Die Tatsache der Eriibrigung eines nur geringen Betrags für Bücher neben den Lebcusnotwendigkeitcn zwingt zu einer normalen Preisgestaltung, in der sich Bedürfnis zu tatsächlicher Nachfrage ent wickeln kann. Es gibt noch viele Menschen, die entgegen der gegen wärtig abgestumpften Mittelschicht eine naive Freude am gedruckten Wort haben. Sie zu erreichen ist Aufgabe des Standes in einer lebendigen Schulung des Nachwuchses in der sozialen Volkskunde. Gegenüber dem Schund- und Schmutzgesetz sind nicht nur viele Schriftsteller, sondern auch Buchhändler in Chefs und Angestellten ablehnend gewesen. In Schlierbach haben wir uns an Hand der nunmehr erschienenen Ausführungsbestimmungen davon überzeugt, dast eine Formulierung der Begriffe Schund und Schmutz objektiv nicht möglich ist und daß es gut ist, daß der Gesetzgeber von ihr abgesehen hat. Die Besorgnis des Mißbrauches des Ge setzes wurde durch die vielen Sicherheitsmaßnahmen: ethischer Para graph, Zusammensetzung der Kommission, ständiger Wechsel der Prüfer, Einschränkung aus die Jugend unter 18 Jahren, das Ein spruchsrecht und die Flucht in die Öffentlichkeit, wie sic in dem Gesetz verankert sind, behoben, sodaß bei der Beteiligung der Jugend und dem Hinzuziehen Sachverständiger seitens der Verleger für den Buchhandel keine Gefahr besteht. Ich habe hier nur über das für den Gesamtbuchhandel In teressante in der Schlierbacher Akademie berichtet, ohne aus Einzel heiten einzugehe». Dabei konnten die Ergebnisse vieler Einzelge- spräche beruflicher und menschlicher Art, wie sie unter den Teil nehmern aufgestiegen und in Gruppen besprochen wurden, Fragen, wie sie an die Leiter in Einzelgesprächen gerichtet wurden, nicht berücksichtigt werden. Indessen liegt die Bedeutung der Freizeit nicht allein in dem gemeinsamen Durchsprechen eines Berufsproblems, sondern in der Wirkung, die die Arbeitsmethode auf die Teilnehmer ausllbt. Von theoretischen Kritikern ist dem Jungbuchhandel stets Ideologie und Romantik vorgeworfcn worden — und viele haben in das gleiche Horn geblasen. Gewiß ist die Jugend gefühlsmäßiger und darum stürmischer eingestellt. Sie zu klarem Denken, zu einem richtigen Verhältnis zur Wirklichkeit zu führen, das ist vornehmlich die Auf gabe der Akademie, und daß es ihr gelingt, beweisen wiederum die von den Schlierbacher Teilnehmern eingegangenen Berichte. Aller dings geschieht diese Auflockerung nicht mit Hilfe des Stocks, noch durch Erfüllung eines bestimmten Arbeitspensums — da ist allein Selbstzucht, Mitarbeit, Verantwortung, die dem jungen Menschen die ihm gemäße Entfaltung ermöglichen und ihn an die Berufs arbeit fesseln. Jungbuchhändler sein heißt also nicht in Weltan schauung machen und sich als Kulturträger fühlen, sondern aus dem jungen Menschen zum Manu werden, bei dem die Sachlich keit und der Ernst der Berufsarbeit vorherrschen, der aber zugleich ein Mensch unter Menschen ist und den anderen achtet. Nur acht Tage waren österreichische und deutsche Jungbuchhändler zusammen, aber diese kurze Zeit hat durch das gegenseitige Ausein- andercinstellcn zu einer stärkeren menschlichen Bindung geführt, wie es manchmal in nur deutschen Freizeiten nicht möglich war. Durch Einfühlen lernten wir uns aus den verschiedensten Stäm men gegenseitig schätzen und verstehen. Und Naumanns klassische Gegenüberstellung von Österreicher und Deutscher: »Ihr habt mehr Melodien, wir mehr Pferbekräfte« hat sich in unserm gegenseiti gen Ergänzen wiederum voll und ganz bewahrheitet. Hans Bott. Gestaltung von Büchern. Von Arthur Hertz. Der 80jährige Goethe schreibt den Satz nieder: »Ohne das An gesicht der Person, wenigstens ihr Bildnis gesehen zu haben, weiß man niemals, mit wem man zu tun hat«. Das ist der Gedanke, der in mir liegt, wenn ich das Werk eines Dichters, eines Denkers lese: das Werk als Ganzes und alle Einzelheiten stehen anders vor mir auf, werden lebenswirklicher, der Empfindung greifbarer, der geisti gen Aufnahme faßbarer, wenn ich den Gedanken und seinen Aus druck in den Linien des Gesichts dessen, der sie schuf, Nachlesen und nachcrleben kann. Und mehr noch: habe ich das Bild des Dichters, des Schöpfers vor mir, so vermag ich zu erkennen, ob der Mann in seinen Taten, in seiner Gesinnung, in seiner Lebensführung wohl hinter seinem Worte stehen mag, und das, was ich lese, wächst Uber dichterische Empfindung oder Freiheit der Gedanken hinaus zu Richt linien für das eigene Leben. Darum also: gebt dem Buch das Bild nis dessen, der es schusl 1216 Und weiter: wenn ich ein wissenschaftliches und auch wenn ich ein künstlerisches Werk Uber ein Land, eine Landschaft lese, und dem Werke sind keine Bilder mitgegcben, so mag ich wohl ein Tat sachenmaterial zu mir nehme», aber mir ersteht kein inneres Bild. Denn es ist etwas anderes, von ragenden Bergen oder mild sich beugenden Hügellinien zu lesen, als sie im Bilde zu sehe» und leise nachzeichne» zu können. Denn die Schwingung der Linien, die eine Landschaft ausmachen, gibt das Bild und nicht das Wort, möge es noch so glücklich gesetzt sein. Und wiederum das, was in der Land schaft liegt, diese bebenden Schwingungen, die sich nicht in einer Linie nachzeichnen lassen, die gleichsam zwischen den Zeilen liegen, dieses rein Atmosphärische kann gleicherweise nur aus dem Bilde und nicht aus dem Worte erwachsen. Darum gebt den Büchern der Landschaft Bilder dieser Landschaft! Ja, gebt sie auch dann, wenn das Buch nicht die Bestimmung der Belehrung hat, sondern wenn es das Werk eines Dichters, also ohne Zweck geboren ist. Denn die Seele des Landes, in dem der Dichter seine Gestalten leben und han deln, fühlen und wirken läßt, liegt in eben diesen Gestalten und be stimmt ihr Treiben. So also wird auch des Dichters Werk ersühl- barer, seine Gestalten faßbarer, wenn ich ein Bild seines Dichter landes vor meinen Augen habe. Laßt überhaupt Bild und Wort zusammenklinge»! Laßt die Stimmung und den Rhythmus, der im Worte liegt, auch aus dem Bild erstehen. Denn es ist nicht nur reizvoll, sondern auch anreizend und belehrend, welchen Ausdruck die gleiche Grundstimmung beim Künstler des Wortes und Künstler des Bildes ober der Plastik ge sucht hat, sodaß mau wie eine Synthese des Geistes, so auch eine Synthese der Künste erleben mag. Ferdinand Avenarius, der wie nicht leicht ein Zweiter Stimmungswcrte aufzuspüren vermochte, hat vor 20 Jahren den Versuch in seinem »Balladenbuch« gemacht, und damals schon war der Versuch geglückt. Gebt auch einem jeden Buche eine Bibliographie hinzu und laßt sie so weit wie möglich greisen, aus daß der Leser nicht nur alle maßgebenden Bücher kennt, die zu eben diesem Stoffkomplex gehören, sondern auch erfährt, ob Dichter diesen Stoss dichterisch geformt haben. Wenn einer ein Buch über den Harz oder über den Bodcnsee geschrieben hat, so soll er in seiner Bibliographie auch sagen, welche Dichter dem Harz oder dem Bodenseegebiet entstammen, oder welche Dichtungen auf diesem Boden spielen. Denn nicht aus einem Klange erwächst eine Symphonie, sondern aus dem Zusammenklingen vieler Klänge. Und das Buch ist nicht nur eine literarische oder nur eine geistige oder nur künstlerische Angelegenheit, sondern ein Buch soll in das ganze Leben dringen und wieder ganzes Leben erzeugen, damit es erlebt und nicht nur gelesen ist. Und wenn nun einer fürchtet, daß die hier geforderte Bibliographie allzu umfangreich ist, dann mag immerhin ein Hinweis gemacht werden, wo das Kompen dium für den Leser zu finden ist. Mir will scheinen, daß eine solche Gestaltung dazu führen kann, den Leser zu immer neuen Büchern zu geleiten, und daß aus solcher Führung vielleicht wieder eine größere Freude und Anteilnahme am Buche erwachsen, und damit wiederum der Not der Bücher und derer, die für sie schassen, ein Weniges geholfen sein mag. Für die buchhändlerische Fachbibliothek. Alle für diese Rubrik bestimmten Einsendungen sind an die Redaktion des Börsenblattes, Leipzig. Buchhändlerhaus, Gerichtsweg 26, zu richten. Vorhergehende Liste s. Nr. 232. Bücher, Zeitschriften, Kataloge u s w. Altstötter, Josef: Gesetz über den Vergleich zur Abwendung des Konkurses (Vergleichsordnung) vom 5. Juli 1927. Text ausgabe mit Einleitung, Anmerkungen und Sachverzeichnis. München 1927: C. H.' Beck'sche Verlagsbuchhandlung. 104 S. kl. 8° Lwd. Mk. 2.50. ^xxleton, v., L 0 o m p a n b o n ck o n, 34 Ksckkorck Street: Vsrlagsvsrreiebnis Kerbst 1927. 12 8. 8 a r t k , ckobann Ambrosius, Ksip^ig: Nsckimnisoke Kovitätsn. Internationale Knnäsokau über alle Krsobeinungen cker meckir. IVissensekaktsn nebst lksksraten über rvioktigs unci interessante ^bkancklungen cker Laobprssse. 36. ckakrg., Kr. 10. — Kolyteobnisebe Kibllotbeü. Klonatliober ^nreiger aller Ksn- erseksinungsn ank äem Osbiets cker Lb^silr, Natkematiü, Astronomie, dleckanilc, Lbsmls, lecbnlü nsv. dlit kekersten über rviebtige unck interessante ^bbancklungen cker Kaobpresse. 55. üabrgang, Kr. 10. Beck'sche Verlagsbuchh., C. H., (Oskar Becks, München: Werbeschrift für die Monatsschrift »Zeitwende« Hrsg, von Tim Klein, Otto Gründler, Friedrich Langensaß. 8 S.