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5SÜ Nichtamtlicher Teil. oV 14, IS. Januar 1S04. Nichtamtlicher Teil. Re;en sw ns- Exemplare. Einige praktische Ratschläge an Verleger. Von Tony Kellen (Essen/Ruhr). Den alten Streit um das Rezensionsexemplar will ich keineswegs wieder auffrischen, sondern lediglich einige Wünsche formulieren, die an die Adresse der Verleger gerichtet sein mögen, die Rezensionsexemplare versenden. Es sind dies Bemerkungen, die sich mir gerade jetzt nach der Weihnachts- saison aufdrängen, wo sich die Bücherbesprechungen am stärksten gehäuft haben. Also aus der Praxis eines Redakteurs für die Praxis der Verleger! Ob es gut ist, daß den Büchern »Waschzettel- bei- gelegt werden und daß die Redaktionen sie abdrncken oder nicht, will ich unerörtert lassen. Jede Redaktion muß ja schließlich wissen, wie sie das zu halten hat; aber jeder Ver leger möge den Rezensionsexemplaren doch wenigstens einen vollständigen und genauen Titelabdruck mit allen wichtigen Angaben: Name des Verfassers, Titel, Auflage, Verlag, Jahr, Preis (für broschierte und gebundene Exem plare), Seitenzahl und Format beifügen. Will eine Re daktion nicht alle diese Angaben abdrncken, so ist es ihr ja leicht, die ihr überflüssig erscheinenden zu streichen. Einzelne große Tageszeitungen (z. B. Kölnische Zeitung und Frank furter Zeitung) geben prinzipiell keinen Preis an, weil sie dies als eine geschäftliche Mitteilung betrachten, die in den Anzeigenteil gehört. Wenn diese Zeitungen trotzdem so viele Rezensionsexemplare erhalten, so ist das dem Umstand zu- znschreiben, daß sie außer dem Abdruck der Titel sehr viele Besprechungen bringen und einen großen kaufkräftigen Leser kreis haben. Trotzdem verliert eine Besprechung erheblich an Wert, wenn nicht der Preis des Buchs dabei angegeben ist, denn es ist einem Bücherliebhaber doch durchaus nicht gleich gültig, wieoiel ein Buch kostet. Die meisten Zeitungen pflegen ja auch die Preise anzu geben; aber wenn ihnen ein broschiertes Exemplar zn- gesandt wird, dessen Blätter, sobald sie ausgeschnitten sind, völlig auseinandcrfallen, so kann man ihnen nicht zumuten, den Preis für gebundene Exemplare oder gar noch die Preise für Partiebezug mitzuteilen. Es gibt aber Ver leger, die dies tatsächlich wünschen. Ich könnte eine ganze Reihe »Waschzettel- mit solchen Wünschen vorlegen, ebenso wie belletristische Werke, die völlig nngeheftet behufs Besprechung unter dem »Weihnachtsbüchertisch- eingesandt worden sind. Ich verkenne nicht, daß es für manchen Verleger ein erheb liches Opfer bedeutet, eine größere Zahl gebundener Rezensionsexemplare zu versenden; aber anderseits kann man den Redaktionen nicht zumuten, ein Werk wegen seines schönen Einbands (den sie gar nicht zu Gesicht bekommen) zu loben, während ihnen nur ein broschiertes Exemplar vor liegt, das nicht einmal wirklich geheftet ist. Der Verleger soll sich also darüber schlüssig werden, ob er einer Zeitung, in der er ein Buch auch wegen seiner Ausstattung heroor- gehoben zu sehen wünscht, ein gebundenes Exemplar schicken soll oder nicht. Ich finde es ganz begreiflich, daß eine Redaktion unter der Rubrik »Vom Weihnachtsbüchertisch - nur gebundene Werke bespricht, und daß sie überhaupt bei jeder Besprechung eines broschiert eingesandtcn Buches nur den Preis des broschierten Exemplars angibt. Bei ge bundenen Rezensionsexemplaren werden dagegen die Redak tionen gern den Preis des broschierten und des gebundenen Exemplars angeben. Vor allem aber mögen die Verleger nicht vergessen, den Redaktionen den Preis überhaupt mitzuteilen, falls er nicht auf dem Buche anfgedruckt ist (was nicht immer schön ist). Denn cs gibt auch Verleger, die Rezensionsexemplare mit einem gedruckten Begleitschreiben ohne Waschzettel, ohne Titelabdruck und ohne Preisangabe versenden. Man kann den Redaktionen aber nicht zumuten, sich erst noch durch eine Anfrage nach dem Preise zu erkundigen. Ebenso ist es für sie sehr lästig, so fürchterlich lange Titel, ivie sie zu weilen auf Broschüren stehen und bei denen eine Abkürzung völlig ausgeschlossen ist, abzuschreiben. Diese Arbeit kann der Verleger ihnen sehr wohl dadurch ersparen, daß er ihnen einen richtigen Titelabdrnck beilegt. Manche Verleger geben der Besprechung die Form einer Feuilletonnotiz, einer Lokalnachricht oder einer ver mischten Nachricht. Unter Umständen verwendet man eine solche Notiz sehr gern; aber wenn man das nicht tut, kann man nicht einmal den Titel aus der Notiz heraus nehmen und ist dann gezwungen, den ganzen Titel abzu schreiben oder abschreiben zu lassen. Also unter allen Um ständen — welchen Waschzettel man auch beilegt — stets einen vollständigen und genauen Titelabdruck beifügen! Daß die Redaktionen nicht in der Lage sind alle ein gesandten Schriften zu besprechen, ist wohl jedem Verleger bekannt. Bei vielen Schriften bietet ja auch schon der bloße Abdruck des Titels mit Verlags- und Preisangabe, zumal wenn er vielen Tausenden von Lesern zu Gesicht kommt, ein genügendes Entgelt für ein Rezensionsexemplar. Anderseits bewilligt man ja auch billigen Schriften oft einen ganz un verhältnismäßig großen Raum zur Besprechung. Das ganze »Waschzettel--System wäre nicht so in Verruf gekommen, wenn diese Druckvorlagen nicht so reklamehaft gehalten wären, wie sie es zumeist sind. Leider sind auch die Redaktionen besserer Blätter häufig gezwungen, solche »Waschzettel« wenigstens teilweise zu benutzen, einer seits weil es ihnen mit dem besten Willen nicht möglich ist alle eingesandten Schriften, die beachtenswert sind, selbst zu besprechen, und anderseits, weil sie den Ver legern nach Möglichkeit entgegenkommen wollen. Ein gang barer Ausweg wäre ineiner Ansicht nach folgender: Die Verleger mögen an Stelle eines lobhudelnden Waschzettels eine kurze objektive Angabe des Inhalts beilegen, nicht bloß bei Werken aus den verschiedensten Gebieten des Wissens, sondern auch bei Romanen. Ein Redakteur kann nicht jeden Tag einen oder mehrere Romane lesen, und anderseits bewilligen auch nur wenige Zeitungsverleger die nötigen Mittel, um Mitarbeiter mit der Besprechung solcher Werke zu betrauen. Dagegen wird ein Redakteur gern einen Roman, der ihm bei einer ersten Durchsicht als ein wert volles Werk erscheint, bis zu Ende lesen und ihm eine selbst ständige Besprechung widmen. Was soll aber mit all den andern geschehen? — und es sind ihrer in manchen Redak tionen sehr viele! Entweder nur den Titel verzeichnen oder den Waschzettel abdrncken. Mit dem crstern wird in der Regel dem Verleger nicht gedient sein, mit dem letztem dem Publikum nicht. Hat dagegen der Redakteur eine gedrängte Inhaltsübersicht des Romans zu seiner Verfügung, so kann er sich schon hieraus zum Teil ein Urteil bilden. Er.kann dann einzelne Abschnitte lesen, ohne gezwungen zu sein sich durch den ganzen Band oder vielleicht mehrere Bände hin durchzuarbeiten. Ist es das Werk eines Verfassers, dessen Eigenart er schon aus andern Werken kennt, so wird es ihm leicht sein, mit Hilfe der erwähnten Übersicht und des Ein drucks, den er aus der Lektüre einzelner Teile gewonnen hat, eine ansehnliche Besprechung zu schreiben. Eine gründliche Kritik wird das freilich nicht sein. Diese sucht man ja auch nur in literarischen Fachblättern oder in einzelnen Besprechungen der Tageszeitungen, soweit es sich um wirklich