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13702 vvrsenblatt s. d. Dtschn. vuchba»l>el. Nichtamtlicher Teil. 262, 11. November 1S10. eine sehr eifrige Tätigkeit zur Verbreitung pornographischer Literatur entwickeln. Der Börsenvereinsvorstand hat neuerlich Vorschläge in dieser Richtung gemacht, doch wurde in unserer letzten Ausschußsitzung beschlossen, vorerst alle unsere Mitglieder zu warnen, sich nicht durch gewissenlose Agenten und im Verborgenen arbeitende Ver leger verleiten zu lassen, und die Bitte an sie zu richten, den Vertrieb anstößiger Werke zu meiden und Bücher und Kunstgegenstände, die das sittliche Gefühl des Volkes verletzen oder der Phantasie der Jugend schaden können, nicht in die Auslagen zu geben. Wir werden Buch-, Kunst- und Musi- kalienhändler, welche pornographische Werke oder anstößige Schmutzliteratur vertreiben, nicht als unsere Kollegen ansehen und uns allen Bestrebungen anschließen, die die Verbreitung der Schmutzliteratur durch den regulären Buch-, Kunst- und Musikalien handel zu verhindern suchen. Wien, 25. Oktober 1910. Der Vorstand des Vereines der österreichisch-ungarischen Buchhändler. (gez.) Wilhelm Müller, (gez.) Robert Mohr, Vorsitzender. Schriftführer. (gez.) Ludwig Mayer, Kassierer. sk. Bom Reichsgericht. (Nachdruck verboten.) Schuld verschreibungen auf Order mit faksimilierten Unter- chriften sind ungültig. — Eine für die Handels- und Finanzwelt wichtige Entscheidung hat am 9. d. M. der I. Zivil senat des Reichsgerichts gefällt, indem er ein Urteil des Ober landesgerichts Dresden bestätigte, das die Rechtsgültigkeit von Schuldverschreibungen auf Order mit faksimilierten Unter schriften verneint hatte. Anlaß zu dieser Entscheidung bot line Feststellungsklage des Amtsrates von Z. in Salzmünde und des Amtsrates B. in Zöbigker bei Halle gegen die Gewerkschaft Wartenburg in Gotha. Die Kläger waren Inhaber von elf fünsprozentigen Schuldver schreibungen auf Order, die die beklagte Gewerkschaft anläßlich eines von der Sächsischen Effektenbank, G. m. b. H. in Halle aufgenommenen Darlehns über einen Gesamtbetrag von 200 000 ausgestellt und nebst den dazu gehörigen Kupons und Talons in Anteilscheinen in Verkehr gebracht hatte. Der Fest stellungsklage, daß die Gewerkschaft aus den Schuldverschreibungen und Zinsscheinen hafte, hatte die beklagte Gewerkschaft die Wider- klage auf Herausgabe der Zinsscheine und Talons entgegengesetzt und die Rechtsverbindlichkeit ihrer mit der Blankoerklärung »an .... oder Order« versehenen Schuldverschreibungen namentlich um deswillen bestritten, weil die Unterschriften des Grubenvor standes S. und des Prokuristen W. faksimiliert seien und sie selbst nicht Kaufmannseigenschaft besitze. Das Landgericht Leipzig hatte die Klage abgewiesen und der Widerklage entsprochen. Dieses Urteil war auf die Berufung der Kläger vom Oberlandesgericht Dresden nur insofern abgeändert worden, als auch die Widerklage der Gewerkschaft ab gewiesen wurde. In der Berufungsinstanz hatten die Kläger noch geltend ge macht, das bisherige Reichsrecht und somit auch das im Handels verkehr Deutschlands entwickelteGewohnheitsrecht aufZulassung faksimilierter Unterschriften bei zum Umlauf bestimmten Wert papieren sei durch das Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches nicht beseiiigt worden, während die Beklagte erneut die Heraus gabe der Kupons und Talons als ungerechtfertigte Bereicherung gefordert hatte. Nach erneuten Feststellungen dahin, daß die Unter schriften unter den Schuldverschreibungen der Beklagten nur fak similiert seien. daß eine staatliche Genehmigung zur Ausstellung und Jnverkehrsetzung des Zinsscheine nicht erteilt sei und daß die Be klagte keine Kaufmanneeigenschaft besitze, hatte das Berufungsgericht zur Begründung u. a. ausgeführt: Die Teilschuldverschreibungen der Beklagten kennzeichneten sich als Verpflichtungsscheine im Sinne des § 363 Absatz 1 Satz 2 des Handelsgesetz buches. Diese Bestimmung gestatte aber nur einem Kaufmanne, solche an Order auszustellen. Mangels der Kaufmannseigenschaft der Beklagten könne darum in der Ausstellung und Jnverkehr setzung keinesfalls mehr als die Vertretung der Ansicht gesunden werden, die Beklagte habe in ihrer Eigenschaft als Gewerkschaft die Verpflichtungsscheine auf Order ausgestellt und sei kraft dieser Eigenschaft oder überhaupt dazu befugt. Aus dem Fehlen der in § 363 des Handelsgesetzbuches geforderten Kaufmanns eigenschaft folge zunächst noch nicht die Nichtigkeit des Ver pflichtungsscheines, sondern nur der Orderklausel. Die Nichtigkeit ergebe sich aber aus dem Verstoß gegen die zwingende Formvorschrift der 88 125, 126 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Nach dem Inhalte der Urkunden handle es sich um ein Schuldver sprechen im Sinne des § 780 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, denn es erscheine nicht zweifelhaft, daß das in den Teilschuld verschreibungen gegebene Versprechen die Verpflichtung selb ständig begründen solle. Die Erwähnung des Schuldgrundes, der Anleihe, in den Urkunden stehe dieser Auffassung ebensowenig ent gegen, wie sie das Vorliegen eines Verpflichtungsscheines im Sinne des ß 373 des Handelsgesetzbuches ausschließen würde. Die Fassung und die äußere Aufmachung der Schuldver schreibungen kennzeichne diese als abstrakte Schuldversprechen und als umlaufsfähige Werrpapiere. Für solche Schuld verschreibungen aber sei nach 8 780 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, sofern es sich nicht um Handelsgeschäfte handle, schriftliche Er teilung erforderlich, die ihrerseits wiederum nach 8 126 des Bürgerlichen Gesetzbuchs eigenhändige Namensunterschrift des Ausstellers oder Unterzeichnung mit gerichtlich oder notariell be glaubigten Handzeichen bedinge. Eine faksimilierte Unter schrift aber sei keine eigenhändige. — Die Kläger be haupteten nun, daß ein durch das Reichsgericht anerkanntes, im deutschen Handelsverkehr herausgebildetes Handelsgewohnheits recht gestatte, daß Obligationen auf Order wirksam mit faksimilierten Unterschriften versehen sein dürften. Die dafür angeführte Entscheidung spreche aber nur aus, daß nach Rechtssitte bei gleichlautenden Urkunden, die als zum Umlauf bestimmte Wertpapiere in großer Zahl emittiert werden sollen, die Faksimilierung der Unter schriften durchaus üblich sei. Wäre damit ein Gewohnheitsrecht festgestellt worden, so würde dieses durch das Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches beseitigt worden sein. Ob unter den in 8 32 u. f. des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch auf recht erhaltenen Vorschriften der Reichsgesetze nicht nur an nieder geschriebene Reichsgesetze gedacht sei, könne unerörtert bleiben. Denn dadurch allein schon, daß das Bürgerliche Gesetzbuch jenen angeblichen gewohnheitsrechtlichen Satz zum Gegenstände seiner Regelung, wenn auch nur für solche emittierten Wertpapiere, die auf den Inhaber aus gestellt seien, gemacht habe, sei dessen deutlicher Wille zum Aus druck gebracht, es wolle ein etwaiges Gewohnheitsrecht, das in weiterem Umfange die Faksimilierung gestatte, nicht anerkennen oder aufrechterhalten. Auch nach dem Inkrafttreten des Bürger lichen Gesetzbuches habe sich ein Gewohnheitsrecht des behaupteten Inhalts nicht ausgebildet. Vom Reichsgericht sei auch kein Ge wohnheitsrecht, sondern ein bloßer Gebrauch, eine »Usance« an erkannt worden, die jedoch den zwingenden Vorschriften des Gesetzes gegenüber keine Berücksichtigung finden könne. Auch der Umstand, daß die Regelung der Orderobligationen der Revision des Handels- und Wechselrechts habe Vorbehalten werden sollen, könne daran nichts ändern, daß bis zu einer solchen Regelung der in 8 126 aufgestellte Grundsatz eigenhändiger Unterschrift für alle den 88 780—787 des Bürgerlichen Gesetzbuchs unterfallenden Schuld verschreibungen gelte. Aus der Nichtigkeit der Schuldverschreibungen selbst, für deren Beurteilung auch keinerlei landesgesetzliche Vor schriften des Bergrechts in Betracht kommen könnten, sei zu treffend auch die Nichtigkeit der dazu gehörigen Zinsscheine und Talons gefolgert worden, so daß deren Besitz die Kläger keines falls rechtlos auf Kosten der Beklagten bereichere. Auf die Revision der Kläger trat das Reichsgericht im vollen Umfange den Rechtsausführungen des Berufungsgerichts bei, daß die nur faksimilierte Unterschrift der von der beklagten Gewerkschaft ausgestellten Orderobligationen ihre Nichtigkeit gemäß 88 780, 126 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bedinge, und wies deshalb die eingelegte Revision zurück. (Urteil des R.-G. vom 9./XI. 1910.) Wer erfand die Abziehbilder? (Vgl. Nr. 266. 260 d. Bl.) — Die »Kunstanstalt für Metachromatypie von C. Hesse in Leipzig« war die einzige Fabrik in Leipzig und befand sich, wie Herr C. S. in Nr. 260 d. Bl. richtig bemerkt, Anfang der siebziger Jahre