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3120 Amtlicher Teil .sx 80, 8 April 1904, daß es sich nicht bloß um einen Schritt zugunsten der Studenten des Verfassers handelt, sondern daß ganz bewußt der Einzelvertrieb wissenschaftlicher Bücher dem Sortiment entzogen werden soll, geht schon daraus hervor, daß nicht bloß den zufälligen Hörern, sondern ganz allgemein den Chemikern chemische Lehrbücher direkt zum Nettopreis an- gebotcn werden. Dabei geschieht dies gegen den Willen des Verlegers, Ein Vorteil für den Verfasser soll bei derartigen Manipulationen jedenfalls dadurch herbeigeführt werden, daß durch das Ausbieten zu einem ermäßigten Preise eine schnellere Aufeinanderfolge der Auflagen und dadurch eine schnellere Aufeinanderfolge der Honorarbezllge bewirkt und nebenbei für das besondere Buch des Verfassers Reklame gemacht werden soll zu ungunsten der Konkurrenzbücher, die ordnungs mäßig zum Ladenpreis verkauft werden. Es läßt sich auch nicht verkennen, daß der Vertrieb von Lehrbüchern akademischer Verfasser durch eine Geschäftsstelle des Akademischen Schutz vereins oder durch Assistenten oder Famuli der Verfasser den letzteren eine weitgehende Kontrolle über den Bücherbezug ihrer Hörer verschaffen würde. Mancher Student oder Examinand wird sich hierdurch veranlaßt fühlen, das be treffende Lehrbuch zu kaufen. Dadurch steigert sich der Absatz, und es wird sein gewerbsmäßiger Charakter nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Beweggrund des Verfassers haupt sächlich in der uneigennützigen Absicht lag, seine Schüler wirtschaftlich zu unterstützen. Man muß aber weitergehcn als Allfeld und sagen, daß überhaupt jede einzelne Vertriebshandlung des Ver fassers, wenigstens soweit es sich um die erstmalige (nicht antiquarische) Abgabe des Werkes an das Publikum handelt, gegen den Willen des Verlegers verboten ist, da dem Ver fasser nach Z 2 V, G, und Z 11 des Urheberrechtsgesetzes jede Verbreitung des Werkes verboten ist, die einem Dritten während der Dauer des Urheberrechts untersagt ist. Und einem Dritten diese Verbreitung zu untersagen, steht in der Hand des Verlegers, Mit Recht führen Mittelstädt und Hillig in ihrem Kommentar zum Verlagsrecht aus: »Der Verfasser erreicht die Beendigung des Verlagsvertrags erst dann, wenn nach und nach alle dem Verleger gestatteten Exemplare hergestellt und vom Verfasser aufgekauft sind. Selbstverständlich darf der Verfasser die aufgekauften Exemplare, solange nicht der Verlagsvertrag durch Vergriffensein des ganzen Werks beendet ist, nicht verbreiten. Eine solche Ver breitung würde, wenn sie gewerbsmäßig geschieht, nach 8 38 Z, 1 des Urheberrechtsgesetzes strafbar sein,« Nach 8 11 des Gesetzes über Urheberrecht vom 19, Juni 1901 hat der Urheber die ausschließliche Befugnis, sein Werk zu vervielfältigen und gewerbsmäßig zu ver breiten, Er ist völlig unbeschränkter Herr, Falls er sein Werk im Selbstverläge herausgibt, kann er beliebigen andern Personen Abzüge verkaufen, den Verkauf an Bedingungen knüpfen oder verweigern. Er kann so jede Art der Ver breitung, die ihm aus irgend welchen Gründen nicht zusagt, verhindern. Durch den Verlagsvertrag wird der Verfasser ver pflichtet, dem Verleger das Werk zur Vervielfältigung und Verbreitung zu überlassen (Ges, üb, d, Verlagsrecht 8 1), Das Verlagsrecht ist, soweit die Übertragung nicht durch Vertrag ausdrücklich beschränkt erfolgt, ausschließlich. Insbesondere hat der Verleger ein jeden Dritten aus schließendes Verbreitungsrecht, Dem Verfasser verbleibt kein Verbreitungsrecht, Das ist die alte unbezweifelte Regel, bestätigt durch 8 2 Abs, 1 des Gesetzes, wonach der Ver fasser sich während der Dauer des Verlagsverhältnisses jeder Vervielfältigung und Verbreitung des Werkes zu enthalten hat, die einem Dritten während der Dauer des Urheber rechtes untersagt ist. Vielmehr hat der Verfasser (Z 8 des, Gesetzes) dem Verleger das ausschließliche Recht der Verviel fältigung und Verbreitung (Verlagsrecht) in demjenigen Um fange zu verschaffen, in dem er es chm übertragen hat. So weit der Schutz des so erworbenen Verlagsrechtes es erfordert, kann (Z 9 Abs, 2) der Verleger sowohl gegen Dritte als auch gegen den Verfasser die Befugnisse ausüben, die zum Schutze des Urheberrechts durch das Gesetz vorgesehen sind. Es stehen also in dem Gesetze über Verlagsrecht neben einander: 1. Die eben angeführten HZ l, 2, 8, 9, wonach der Verleger, kraft des erworbenen ausschließlichen Verbreitungs rechtes die Art der Verbreitung nach seinem eigenen Er messen einrichten darf; 2, der 8 26, wonach der Verleger dem Verfasser, soweit dieser es verlangt, Abzüge seines Werkes zu erniedrigtem Preise käuflich zu überlassen hat. Ein Widerspruch dieser Bestimmungen besteht nicht, wenn man den 8 26 so auffaßt, wie er gemeint ist: als Recht des Verfassers, zu seinem persönlichen Bedarfe Exemplare zu erwerben, oder den ganzen Auflagerest Nufznkaufen, Kauft er die ganze Auflage weg, so kann er das Werk entweder ganz aus dem Handel ziehen oder bei demselben Verleger eine neue Anflage erscheinen lassen oder, wenn der Verleger nur Recht auf eine Auflage hat, das Verlagsrecht, mit oder ohne den erkauften Restvorrat, einem andern Verleger übertragen. In allen diesen Fällen wird das Verbreitungsrecht des Verlegers nicht berührt, denn es erlischt mit der Übergabe des Auflagcrestes an den Ver fasser, Ein Widerspruch besteht zwischen jenen Bestimmungen nur dann, wenn, wie jetzt versucht worden ist, der Verfasser dem Verleger Exemplare abkauft, um sie weiter zu ver kaufen, also um sich — selbst gegen den Willen des Ver legers — an der Verbreitung zu beteiligen. Schon allein der auf diese Weise entstehende Widerspruch in einem wohl durchdachten und sorgfältig vorbereiteten Ge setze sollte davon abhalten, in dem 8 26 diesen Sinn finden zu wollen. Hätte der Gesetzgeber diesen Willen gehabt, so hätte er ihm im 8 26, angesichts des ausschließlichen Ver breitungsrechts des Verlegers, Ausdruck geben müssen. Der 8 26 hat aber, wie aus seiner Entstehungsgeschichte init vollkommener Deutlichkeit hervorgeht, durchaus nur den Zweck, dem Verfasser Exemplare für seinen eigenen Gebrauch zu ermäßigtem Preise zu sichern und das Recht, die ganze Restauflage an sich zu ziehen. Wünscht der Verfasser Exem plare zu andern Zwecken, so steht es im freien Ermessen des Verlegers, ob er sie hergeben will oder nicht. Will er sie nicht hergeben, so kann ihm der Verfasser auch nicht die Ein rede entgegensetzen, der Verleger verletze damit die Pflicht der Verbreitung. Denn der Verleger ist (8 14) nur ver pflichtet, das Werk in zweckmäßiger und üblicher Weise zu verbreiten. Wenn aber ein Universitätsprofessor seinen Hörern oder gar in öffentlichen Blättern allen seinen Berufs genossen seine Werke zum Buchhändlerpreise anbietet, so ist das weder üblich noch zweckmäßig, sogar sehr unzweckmäßig. Denn an derart ausgebotenen Werken muß der Sortiments buchhandel alles Interesse verlieren, wird sich nicht mehr um den Vertrieb bemühen und der Verleger wird erheblichen Schaden leiden. Für ihn kommen noch hinzu Standes- rücksichten und die Pflicht, die Satzungen des Börsenvereins zu halten. Schließlich ist noch an dem Allfeldschen Gutachten aus zusetzen, daß es die Verhältnisse des Buchhandels in hohem Maße verkennt. Sonst wäre die an sich scharfsinnige Unter scheidung der vertragsmäßigen Beziehung zwischen Verfasser und Verleger und der mangelnden Beziehungen zwischen Verfasser und Sortimenter nicht möglich gewesen. Es hätte