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^ 246, 21. Oktober 1916. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Die Schaffung einer Wiederverkäuferliste steht auf einem anderen Blatte. Sie mag eine Bedürfnissrage für manche Ver leger sein oder ihnen doch als solche erscheinen. Die buchhändle rische Allgemeinheit hat daran weniger Interesse, solange das Adreßbuch seine Aufgabe darin erblickt, Sortiment und Verlag in gleicher Weise zu dienen und, seinem Charakter als Fach- ndrehbuch entsprechend, einen möglichst genauen überblick und Einblick in die buchhändlerische Firmenwelt zu geben. Für das französische Buch. ll vgl. Nr. SW d. Bl.> II. (Übersetzung aus dem »«louinnl äes Oebais« (Paris) Nr. 270 vom 26. September 1916.) Wir empfingen folgendes Schreiben: Herr Redakteur, -Herr Marc V. Grellet hat in einem Artikel des ^onrnnl äe3 Dekali vom 18. September erklärt, daß der französische Buchhandel seit dem Kriege von der Schläfrigkeit zum Schlaf übergegangeu sei. »Hat man«, so sagt er, »außer der Tagesliteratur auch nur ein ein ziges neues Buch in den Naturwissenschaften, der Heilkunde, der Rechtspflege oder der Philosophie erscheinen lassen? Die wissen schaftlichen Verleger leben von ihren Vorräten, und wenn ein Werk ausverkauft ist, so wird kein Nachdruck veranstaltet, unter dem Vor wände, daß die .Herstellungsbedingungen einer neuen Auflage jetzt allzu drückend seien«. Das sind Behauptungen, die Franzosen, Ver bündete und Neutrale glauben lassen könnten, daß die französischen wissenschaftlichen Verleger Murmeltiere seien, die sich für die Kriegs zeit schlafen gelegt hätten, daß sie seit 26 Monaten kein einziges neues Buch über Heilkunde oder andere Wissenschaften herausge bracht hätten und auch keinerlei Anstrengung machten, vergriffene Bücher neu aufzulcgen. Mau könnte damit fast zu dem Schluß kommen, daß französische wissenschaftliche Autoren sich alsbald an einen deutschen Verleger würden wenden müssen, um ihre Arbeiten veröffentlicht zu sehen, weil einzig der deutsche Verleger den nötigen Eifer zu bekunden wisse. Wir wollen hier nicht über die Vorzüge und Nachteile der buch händlerischen Organisation in Deutschland streiten; aber wir legen Wert darauf, das Ergebnis der Betätigung der französischen wissen schaftlichen Verleger festzustellen, wobei wir unsere Nachforschungen auf Verleger für Heilkunde und Naturwissenschaften beschränkt ha ben und anch auf diese nur, soweit sie Mitglieder des Verlegersyndi kats sind. Es fällt uns leicht, damit zu beweisen, daß sie keines wegs von Erstarrung oder Schlaf übcrmannt sind. Sie stehen im Begriff, bei Wiederaufnahme der Vorlesungen die dritte Ausgabe ihres medizinischen und naturwissenschaftlichen Bücherverzeichnisses zu veröffentlichen, einen Band von 150 Seiten (den man sich auf Be stellung beim Oerels äe 1a I^idrairie, 117, Boulevard Saint-Germain in Paris, kostenlos verschaffen kann). Die Korrekturbogen dieser Bibliographie liegen uns vor. Sie enthält die in den letzten zwölf Jahren erschienenen Werke und ein vollständiges Verzeichnis der neuen Werke und neuen Auflagen, die während des Krieges erschienen sind. Diesem letzteren entnehmen wir für die sechs Verlagsfirmen, die sich mit der medizinischen und den Naturwissenschaften beschäf tigen, 194 ncne medizinische Werke nnd 59 neue Auflagen von solchen, insgesamt 253 Werke, die in der Zeit von 1914 bis 1916 erschienen sind. Darunter sind 38 Bände der Kriegsmedizin und Kriegschirurgie gewidmet. Die Naturgeschichte, die wissenschaftlichen Forschungen, die Tier heilkunde, Landwirtschafts- und Gewerbekunde, die philosophischen Wis senschaften, kurz, der höhere Unterricht in Wissenschaften, die in dieser Bibliographie keine Aufnahme gefunden haben, sind mit 125 neuen Werken und neuen Auflagen vertreten, mehrere davon in schönen Prachtausgaben. Die Gesamtheit der von diesen sechs Verlagsfirmen in den Jahren 1914 bis 1916 herausgebrachtcn Veröffentlichungen erreicht somit die achtungswerte Anzahl von 378 Werken. Geben wir nun auch einige Einzelheiten in bezug auf die wäh rend des Krieges erschienenen medizinischen und naturwissenschaft lichen Werke. Von der Mobilmachung bis zur Marne — je mehr wissenschaft liche Zeitschriften und Bücher, desto vollkommenerer Stillstand. All mählich. gegen Ende des Jahres 1914, erholt sich das wissenschaft liche Leben und läßt seine Zeitschriften und Bücher wieder hinaus- > gehen. Wie ein Mensch, von einem Keulenschlag vor den Kopf ge- ! troffen, in Ohnmacht fällt und nur langsam seiner Sinne wieder ? mächtig wird, so erging es deni wissenschaftlichen Verlage. Wir I hatten und haben noch jetzt mit Personalmangel zn kämpfen, mit dem Papiermangel, mit der Verteuerung der wichtigsten Rohstoffe und der Leistungen der Hilfsgcwerbe; wir haben gekämpft und kämpfen noch Tag für Tag, ohne schwach zn werden. Aber um eiu Buch zu ver öffentlichen, bedarf es nicht nur eines Verlegers, eines Druckers, eines Papierhändlcrs, sondern man muß auch einen Autor dazu haben. Nun aber ist der größere Teil der wissenschaftlichen Autoren zum Heeresdienst eingezogen oder hat sich freiwillig in den Dienst der Hilfstätigkeit gestellt. Seit Kriegsbeginn haben die meisten ihre Laboratorien, ihre Arbeiten verlassen; sie können keine Werke schreiben, die viel Nachdenken, viel gelehrte Forscherarbeit ver langen und bei denen, die ihr Leben der Verwundetenfürsoge geweiht haben, auch Erfahrungen. Es gibt neue Bücher, die seit zwei Jah ren in Korrekturbogen fertig dalicgen; aber der Verfasser findet keine Möglichkeit, sie durchzusehen und druckfertig zu machen. Es gibt aus verkaufte Werke, deren Verfasser, mit militärischen Pflichten über lastet, ungeachtet der dringenden Bitten ihrer Verleger keine neue Auflage bearbeiten und fertig machen können. Die bedeutendsten Zeitschriften erscheinen regelmäßig, wenn auch in beschränktem Umfange. Sie sind den Lesern von Nutzen, da sie Berichte aus der Wirklichkeit bringen und Fragen behandeln, die vor dem Kriege nur obenhin gestreift wurden. In einer schweren Zeit, wo das Weitererscheinen von wissenschaft lichen Zeitschriften sich nur mit bedeutenden Geldopfern ermöglichen läßt, hat der französische Verlag es an den nötigen Anstrengungen nicht fehlen lassen und seine Mitarbeit keineswegs eingeschränkt. Die Veröffentlichung eines Buches ist schwieriger geworden als in normalen Zeiten; der Markt ist beschränkter. Die Auslandskund schaft ist ein wichtiger Faktor für den Absatz wissenschaftlicher fran zösischer Werke; aber gegenwärtig sind manche Märkte verschlossen, zu anderen ist der Zutritt erschwert, gewisse ueutrale interessieren sich mir wenig für Kriegsartikel und Kriegsbücher. Die Vcrkaufsmög- lichkeit ist also gewaltsam gemindert, während die -Herstellungskosten in ungeheuerlichen Verhältnissen gestiegen sind. Jetzt freilich ist nicht Zeit, sich mit diesen Fragen aufzuhalten: jetzt gilt es, sich aufrecht zu halten und der Welt zu zeigen, daß die französische Wissenschaft immer noch ihren Platz behauptet; daran müssen wir festhalten. So sieht die Bilanz der Tätigkeit der französischen wissenschaft lichen Verleger während dieser Kriegsjahre aus. Weit entfernt, zu schlafen, haben sie gegen die Schwierigkeiten der Zeitlage ange kämpft; alle haben das gleiche Ziel: »fest bleiben« in Kriegszcit wie im Frieden. Sie waren einander nicht durch alte Gepflogenheiten und Gegensätzlichkeiten entfremdet, haben vielmehr ihre Vereinigung, die sie in Friedenszeit durch die Herausgabe ihrer Bibliographie medizinischer und anderer wissenschaftlicher Werke besiegelt hatten, weiter gepflegt, um Frankreich und dem Auslände die wissenschaft lichen französischen Werke zur Kenntnis zu bringen ohne Voreinge nommenheit für die Firma, die sie herausgebracht hat. Genehmigen Sie, usw., F. Alcan L N. L i s b o n n e. — Asselin L Houzca u. - J.-B. Bailliere L Fils. — O. D o i n L Fils.— Masson K Cie. — Steinheil. III. (Übersetzung aus dem »Journal Ü68 Oedatg« (Paris) Nr. 272 vom 28. September 1916.) Wir empfingen folgendes Schreiben: -Herr Redakteur, Die Entgegnung des Syndikats der wissenschaftlichen Verleger auf meinen Artikel vom 18. d. M. ist in gewissem Sinne bemerkens wert: daß man sie nämlich vor dem Kriege aus Gleichgültigkeit wahrscheinlich unterlassen hätte. Wohl -- der wissenschaftliche Buch handel, weit entfernt, sich nach Deutschland zu wenden, wie das die fragliche Entgegnung scherzhaft andeutet— und dabei die volks tümliche entwaffnende Schlußfolgerung zu der ihrigen macht: wenn du nicht meiner Meinung bist, so bist du ein Boche —, hat schon selbst die Stelle gefunden, wo ihn der Schuh drückt, nnd ich fahre fort, zu wünschen, was der Schluß meines Artikels war, das; nämlich die neue Hefe nun anch einen neuen Teig geben möchte. Immerhin, das Syndikat entstellt in seinem Protest eine meiner Bemerkungen: es läßt mich sagen, es sei kein einziges neues wissenschaftliches Werk erschienen, während ich gesagt hatte: »neues und bedeutendes«. Nun aber sind von den Zahlen, die uns die sechs Unterzeichneten Verleger 1327