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92. 22. April 1912. Nichtamtlicher Teil. Bitrlcnblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 4965 matzen persönlicher Empfindung für die Sache eintritt, wirk lich nicht schwer fallen, denLiebhaber und Kenner der Schwarz- Weitzkunst davon zu überzeugen. Die vierzig numerierten Drucke von der unvcrstählten Platte sind bereits vergriffen (ein schönes Zeugnis dafür, datz die wirkliche Kunst doch noch geschätzt und auch gekauft wird), die Drucke von Nr. 41—100 sind zum Nettopreis von 120.— zu haben und versprechen dem Kunstsortimenter für seine besonderen Bemühungen auch einen besonderen Lohn. Gewitz zur allgemeinen Freude brachte der Verlag von Josef Scholz in Mainz jetzt um die Osterzeit das von der Freien Lehrervereinigung für Kunstpflege herausgegebene Eduard von Gebhardt-Heft heraus. Daß Gebhardt heute als Künstler und besonders als religiöser Bildermaler mit an erster Stelle steht, braucht nicht erst bewiesen zu werden. Für das große Publikum ist er ohne Zweifel anderen Meistern der modernen religiösen Darstellung gegenüber bedeutend im Vor teile. Denn seine Art, all seine Bilder in das traulich-gemüt liche Milieu der Lulherzeit zu verlegen, hat etwas ungemein Bestrickendes aus die große Menge. Man freut sich an diesen biederen, derben altdeutschen Hausfrauen und Hausherren, diesen Müttern und Kindern, die sich in blankgeputzten Zim mern tummeln, durch deren buntverglaste Fenster die Sonne freundlich strahlt. Die Eigenschaft des religiösen Bildermalers ist in diesem Hefte zwar nicht allzu sehr in den Vordergrund gerückt, aber man erhält dafür einen um so tieferen Einblick in das rein künstlerische Schaffen des Meisters. Ausgezeich nete Studien, die fast alle den Stempel des Ausgereiften und Vollendeten tragen, wechseln mit einigen größeren Kompo- sitionen, die der Christusgeschichte entlehnt sind. Die Aus führung des Heftes schließt sich nach innen wie nach autzen den Vorgängern würdig an, und es wird zu dem beispiellos billigen Preise von nur 1 ^ gewiß dieselbe freudige Aufnahme finden wie alle vorhergegangenen. Wie auf dem Gebiete der billigen Kritischeste trotz der eminenten Konkurrenz die Produktion und Gott sei Dank auch der Absatz hurtig weiterschrciten, so ist es auch auf dem der Künstlersteinzeichnung. Und nicht ohne Erfolg haben sich neben den großen bekannten Firmen, die als erste sich gewissermaßen das Privileg gesichert haben, auch neuere Verleger der Stein zeichnung zugewandt. So hat auch die Firma Deutscher Ver lag G. m. b. H., Berlin, eine Menge Blätter auf den Markt gebracht, die alle Voraussetzungen erfüllen, die man an diese moderne Volkskunst stellen kann. Datz das Bedürfnis des deut schen Hauses nach Farbe ein großes ist, ist ja schon tausend mal gesagt worden, und es ist nur freudig zu begrüßen, datz die Verleger es rechtzeitig erkannt und ausgenutzt haben. Von den neuen Blättern des Verlages möchte ich einige be sonders erwähnen, weil sie in der Tat nach der künstlerischen Seite hin ganz auf der Höhe stehen und zufolge ihrer anspre chenden Motive vom Kunsthändler dem Publikum mit be sonders gutem Erfolge empfohlen werden dürften. So ist es in erster Linie Goethes Gartenhaus in Weimar von F. Gehger (Preis .U 4.—), das allen Freunden, die an der klassisch schö nen Stätte geweilt haben, ein prächtiges Blatt der Erinnerung sein wird. Der Künstler hat hier mit wohlbewußter Absicht stark auf den Stimmungseindruck hingearbeitet. Wo wäre dies auch Wohl berechtigter als hier an dieser unvergeßlich schönen Stelle, wo Natur und Geist sich zu erhebendem Zu- sammenklang vereinen? Ganz ausgezeichnet in seiner breiten massigen Farbengebung ist auch das Fischerstädtchen im Schnee von Hans Hartig, dessen guter Ruf schon von vorn herein etwas Besonderes verbürgt. Das Blatt kostet ^ 6.— und wird bei allen Freunden der Steinzeichnung im allge meinen, des Winterbildes im besonderen, gewiß viel Beachtung finden. Gleichwertig nach Ausfassung und Ausführung, ja sogar in rein künstlerischer Lösung noch über dem vorgenannten Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 79. Jahrgang. stehend, möchte ich das Blatt Christabend von R. Albitz (Preis 6.—) einschätzen. Wenn man hier an die Sldruck-Christ- abende der Vergangenheit denkt, erkennt man am besten, welche Wohltat es bedeutet, daß endlich einmal mit diesem furcht baren Zeug aufgeräumt wurde und an seine Stelle eine Kunst trat, die trotz aller künstlerischen Großzügigkeit und Herbheit doch weit mehr Stimmungsgehalt hat, als das verlogene Zeug von ehedem. Erwähnen möchte ich noch das Wiesen- dächlein von Willy ter Hell (^( 6.—) und An der Saale Hellem Strande von Karl Wahl (^ 5.—), die beide die gegebenen Naturausschnitte mit srohem, frischen Farbenempfinden be handeln und zu höchst malerischer Wirkung steigern. Mit drei Publikationen von autzerordentlicher Wichtigkeit für die Kunst wie auch für den Kunsthandel möchte ich meine heutigen Aus führungen schließen. Im Verlage von Glaß L Tuscher, Leipzig, sind unter dem Gesamttitel »Meister der Zeichnung«, herausgegeben von Professor Hans W. Singer, zunächst drei stattliche Bände erschienen, die sich mit den markantesten Per sönlichkeiten der modemen deutschen Kunst befassen: Lieber mann, Klinger und Stuck. Ich habe schon öfter an dieser Stelle und auch sonst in meiner kritischen Eigenschaft Ge legenheit genommen, gerade die Werke, die es sich zur Aufgabe machen, dem Laien für das intimste Schaffen des Künstlers, die Handzeichnung, das Auge zu öffnen, in besonderer Weise hervorzuheben und tue es auch in diesem Falle besonders gern, wo durch die ganze programmatische Art der Publikation und durch den Beginn die Hoffnung auf etwas ganz Außergewöhn liches gegeben ist. Selten sind die Künstler einer Meinung mit den Kunstschriftstellern, aber in einem Punkte gehen sie doch zusammen, nämlich, datz die Künstler sich am unmittel barsten, frischesten und wirkungsvollsten in ihren Zeichnungen geben. Es ist die Handzeichnung vielleicht eine Kunstsorm, die vom Laien etwas ganz Besonderer fordert, dafür bietet sie aber auch etwas Besonderes, da durch sie der Laie in das Walten und Weben des Kunstschaffens eingeführt wird, wie durch kein anderes Mittel. Hier lernt man die Meister bei der Arbeit kennen, wie sie sind, in Hemdärmeln sozusagen und nicht im Sonntagsstaat, der ihnen nur allzu leicht einen Zwang auf erlegt. Wohl ist an Handzeichnungswerken kein Mangel. Aber es sind meist voluminöse Bände, die man sich ob des räumlichen und materiellen Umfanges kaum anschaffen kann, während hier in dieser Sammlung der Schwerpunkt in einer zweckbewutzten handlichen und im Preis zu erschwingenden Buchform liegt. Liebermann, Klinger und Stuck. Ein klang volles Trifolium, mit dem die Begriffe der modernen Kunst unzertrennbar verknüpft sind. Jeder hat etwas Besonderes, Großes, Eigenes zu sagen: Liebcrmann als kühler Wirklich- keitsschilderer, der noch die traurigstenDinge zum künstlerischen Erlebnis erhebt, Klinger als glühender Phantast, der uns durch die Höhen und Tiefen eines universalen Geistes geleitet, Stuck als sinnenfreudiger Genußmensch, den eine unerhörte Be gabung nach allen Richtungen hin zu den wunderbarsten Ver herrlichungen der Natur und des Menschen begeistern. Hier nun in diesen Bänden sehen wir sie bei ihrem ursprünglichsten, unmittelbarsten Schaffen, folge» wir ihnen in die Werkstatt und genießen mit ihnen den eigenen Zauber der künstlerischen Inspiration, die noch unklar, aber ihres Weges Wohl be wußt, um ihre Ausdrucksformen ringt. Jeder der Bände ent hält 50 Tafeln in ausgezeichnetem Lichtdruck, die die Original handschrift des Künstlers mit unglaublicher Treue wieder geben. Professor Hans W. Singer vom Königlichen Kupfer-' stichkabinett in Dresden hat mit dem feinen Verständnis des Kenners und Forschers den knappen Text geschrieben und trägt auch das Seine dazu bei, den hohen künstlerischen Ge halt zu erschließen. Professor Franz Hein, Leipzig, hat die Bände in buchkünstlerischer Hinsicht direkt zu einem Genuß für das Auge ausgestaltet, und so werden sie zu dem sehr be- 6,7