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14208 Börsenblatt f. b. Dtschn. Buchhandel Nichtamtlicher Teil. ^k264, 12. November 1S1L. der Löhne um fünf Prozent, in einzelnen sogar mehr, zugestanden wurde. Dadurch erreichen die Löhne im Buchhandel eine Höhe, wie sie für ungelernte Arbeiter iMarkthelfer usw.) in anderen Branchen nicht üblich sind. Berücksichtigt man noch, daß vor 7 Jahren bei Abschluß des ersten Tarifs die Markthelfer um 10°/», vor 5 Jahren um 57» aufgebessert wurden, und daß auch die Arbeitszeit verkürzt worden ist, so erscheint es begreiflich, daß der Hilfsberband weitergehende Ansprüche als die erneut bewilligten 57» ab- lehnen mutzte, wenn er seine Mitglieder nicht auf das empfind lichste schädigen wollte. Damit sich der Leser selbst ein Bild machen kann, geben wir die Lohntabelle nach den Vorschlägen des Hilfsverbandes nachstehend wieder: Es erhalten vom Montag nach dem Inkrafttreten dieses Abkommens alle unter diesen Tarif fallenden Personen nach stehende Mindcstlöhne: 1. Bnrschen erhalten beim Eintritt ins Geschäft nach Entlassung aus der Volksschule einen Anfangslohn von 8.— sllr das erste Jahr, bann steigend nach Maßgabe der folgenden Tabelle. Nach Vollendung des 18. Lebensjahres treten sic in Klasse II ein. Also: in, 1. „ 1. bist-/- „ 1-/-bis2. // / „ 2. bis 2'/» „ „ 2'/, biss. „ „ 3. bis S'/z über 3'/, „ „ „ „ 2. Ohne Berücksichtigung der Schulentlassung: Jahre nach der Schulentlassung 8.— „ „ „ „ „ 8.50 „ „ „ „ ,, 1050 „ „ „ „ „ 12.— „ „ „ „ „ IS.- „ „ „ „ „ ".- .. „ 15.— im Alter von 18 bis 18 Jahren »ck 18.— „ „ „ 18 —18-/2 „ ' „ 13.— „ „ „ 18'/,—2» „ 20.— „ „ „ 20 —2V>/, „ „ 21.— ! „ „ „ 20'/,—21 „ „ 22.— „ „ „ 21 —21'/, „ „ 23.— „ „ „ 21'/,—22 „ „ 24.— S. Ohne Berücksichtigung der Schulentlassung: im Alter von 22 bis 23 Jahren .// 25.501 „ „ „ 23 „ 24 „ „ 26.50 j „ „ „ 24 „ 25 „ „ 27.50s Klasse II. Klasse I. 4. Arbeiter im Alter von über 25 Jahren, die bisher mehr als >1 26.25 erhielten, erhalten ans ihren bisherigen Lohn jetzt eine einmalige wöchentliche Zulage von 1.—. 5. Wo höhere Löhne als 30.— und mehr gezahlt wurden, bleibt eine Lohnaufbesserung freier Vereinbarung überlassen. Eine Verpflichtung zur Gewährung einer solchen besteht für den Arbeitgeber nicht. 6. Das Ausrücker, in eine höhere Lohnkiasse erfolgt nur vom 1. Montag im April oder Oktober an, nach dem der betreffende Arbeiter vorher das der neuen Lohnklasse entsprechende Alter erreicht hat. 7. Arbeiter, welche nachweislich noch kein halbes Jahr im Buch handel tätig waren, erhalten sllr die Woche 4i 2.—, Burschen im Alter von über 15 Jahren 1.— weniger Lohn, als wie vorstehend unter 1 bis 3 festgesetzt ist. Nach halbjähriger Tätig keit im Buchhandel sind die unter 1 bis 3 festgesetzten Mindest löhne zu gewähren. 8. Alle in die Geschäfte neu eintrctcndcn Markthelser, Lagerarbeiter lind Burschen beginnen stets mit den im Tarife festgesetzten, ihrem Alter entsprechenden Mindestlöhnen: Voraussetzung ist, daß sie mindestens ein halbes Jahr im Buchhandel tätig waren. 9. Aushilfsmarkthelfer, die im Buchhandel Bescheid wissen, erhalten bis zum Alter von 20 Jahren 4i 4.—, von 20 bis 25 Jahren 4.50 und im Alter von über 25 Jahren ^ 5.— für den Tag Mindcstlohn. Alle anderen Aushilssarbeiter werden nach dem jeweilig ortsüblichen, amtlich festgesetzten Tagclohne bezahlt. Uber st „»den. I.Zur Leistung von Überstunden an Wochen-, Sonn- und Feier tagen und nachts sind die Arbeitnehmer nach Bestimmung der Geschäftsleitung verpflichtet, soweit keine gesetzlichen Vorschriften entgegenstchcn. 2. Überstunden an Wochentagen werden bezahlt in Klasse III mit 30 4 sllr die Stunde „ „ II „ «5 4 „ „ ,, I „ 55 4 „ „ 3. Die Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit wird bezahlt in Klaffe III mit 40 4 sür die Stunde ,, „ II „ «8 4 „ „ „ „ I „ 75 4 „ „ Als Nachtzeit gilt die Zeit von abends 10 Nhr bis nachts 12 Uhr. 4. Arbeiten in der Zeit von 12 Uhr nachts bis 6 Uhr morgens, sowie an den Nachmittagen der Sonn- sind Feiertage werden bezahlt in Klaffe III mit 60 4 für die Stunde „ „ II „ 80 4 „ „ „ „ I „ 1 4t „ „ 5. Bei allen Überstunde» wirb die erste Viertelstunde nicht gerechnet, '/, bis Stunde als '/, Stunde und mehr als 7, Stunde als volle Stunde gerechnet. Uber diese Vorschläge war auch in den am 16. und 18. Ol tober vor dem Gewerbegericht zu Leipzig stattgefundenen Ver Handlungen der Parteien eine Einigung in der Weise zustande gekommen, daß sich die angeblich mit Vollmachten für einen Tarifabschlutz versehenen Arbeitervertreter bereit erklär ten, diese Lohnsätze in der nächstfolgenden Versammlung der Arbeitnehmer zu befürworten. Mit welchem Re sultat dies geschehen ist, geht daraus hervor, daß die erst am 2g. Oktober zustandegekommene Arbeiterversammlung die ge troffenen Abmachungen zur Diskussion stellte und verwarf, um wcitergehend das Verlangen zu stellen, nochmals an derselben Stelle über die Löhne zu verhandeln, ein Verlangen, das so wohl von dem Verhandlungsleiter Herrn Stadtrat Zopfs als auch von dem Buchhändler-Hilfsverband abgelehnt wurde. Dagegen erklärten sich beide zu Verhandlungen über dis noch nicht feststehende Vertragsdauer — ans der einen Seite wur den vier, auf der anderen sechs Jahre vorgeschlagen — nach wie vor bereit. Trotz wiederholten Nack gebens des Hilfsverbandes hat jedoch der Transportarbeiter Verband auf seinem ablehnenden Standpunkt verharrt und das Ultimatum des ersteren mit dem Vorschläge be antwortet, das Gewerbegericht der Stadt Leipzig als Eini- gungsaml anzurusen, wogegen er die Verpflichtung überneh men will, »alles aufzubieten, daß bis zum Abschluß des neuen Vertrags im Januar 1913 ein beiderseitig zufrieden stellendes Verhältnis platzgreift«. Diese Versicherung steht auf derselben Höhe wie die Zusage der Arbeiterbertreter in den Verhandlungen vor dem Gewerbegericht, den vorgeschlagenen Lohntarif in der Versammlung der Arbeitnehmer zu befür worten, und ist zu durchsichtig, um ernst genommen zu werden. Es ist vielmehr anzunehmen, daß die ganze Taktik, auf eine Verpflichtung aufgebaut, die zu nichts verpflichtet, nur den Zweck verfolgt, die Verhandlungen zu verschleppen und in der lebhaften Weihnachtszeit einen Streik aus irgendwelchem nich tigen Anlaß zu provozieren, um so einen Druck auf die Ar beitgeber auszuüben und sie zum Nachgeben zu zwingen. Dann wäre es leicht, Fragen des Rechts in Fragen der Macht nmzu wandeln, zumal der Hilfsverband als juristische Person jeder zeit für von ihm übernommene Verpflichtungen haftbar gemacht werden kann, während er gegenüber den im Transportarbeiter- Verband organisierten Arbeitnehmern praktisch völlig recht los ist. Man kann es ihm daher gewiß nicht verdenken, wenn er auf ein so offensichtliches Manöver nicht einging, sondern nunmehr mit Rücksicht darauf, daß jedes weitere Ent gegenkommen als Schwäche ausgelegt worden wäre, seiner seits zur Offensive überging, indem er beschloß, denjenigen Markthelfern und Burschen, in denen er die Führer der Oppo sition vermutete, am vergangenen Sonnabend unter Auszah lung ihres gesetzmäßigen Lohnes zu Mndigen. Solange der