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X- 87, 14. April 1928. Redaktioneller Teil. das Reichsgericht gesprochen haben wird, da der Gutenbcrg-Ver- lag gegen das Hamburger Urteil Revision eingelegt hat. In zwischen konnten wir auch gegen den Reform-Verlag eine einst weilige Verfügung erwirken. Gegen die übrigen Verleger sind Strafverfahren oder Zivilprozefse im Gange. Es ist zu hoffen, das; der Unfug der Gratisangebote bald endgültig aus der deut schen Presse verschwindet. Auf dem Gebiete des A u s v e r k a u f s w e s e n s hat sich erfreulicherweise die Erkenntnis in Beachtung der früher vom Vorstand erlassenen Bekanntmachung immer mehr durchgcsetzt, daß Ausverkäufe, billige Bücherwochen und ähnliche Veranstal tungen vorübergehender Art für den Buchhandel kein geeig netes Mittel zur Absatzbelebung sind. Die im Berichtsjahr zu verzeichnenden Ausverkäufe waren in der Hauptsache Totalaus- verkäufe bei Geschäftsaufgabe, Als Ursache hierfür konnten sehr ost die Herausnahme gewerblicher Räume aus der Mieterschutz- gcsetzgebung und die dadurch ermöglichten Kündigungen und Mietpreiserhöhungen scstgestellt werden. Auch an dieser Stelle sei nochmals betont, dass Saison- und Inventurausverkäufe im Buchhandel handelsunüblich und daher unzulässig sind; lediglich Totalausverkäuse wegen vollständiger Geschäftsaufgabe sind ge stattet. Im Börsenblatt wurde regelmäßig auf die Veranstaltung derartiger Ausverkäufe hingewieseu, um das gesetzlich verbotene Nachschiebcn von Waren während des Ausverkaufs zu verhin dern, Im Interesse einer alsbaldigen Veröffentlichung ist es dringend erwünscht, daß die Geschäftsstelle möglichst rasch von derartigen Ausverkäufen Kenntnis erhält. In der Frage des Zugabewesens lag für uns keine Veranlassung vor, von der durch die Bcrkaussordnung getroffenen Rechtslage abzugehen. Jede Zugabe, wenn sie nicht nur Buchwerbe mittel ist, wie beispielsweise »Nimm und lies!«, ist unzulässig im Zusammenhang mit einem Vcrkaussakt, Verteilt jedoch der Sorti menter unabhängig vom Verkaussakt Gegenstände von Wert, um dadurch Kundschaft zu gewinnen, so läßt sich dagegen auf Grund der buchhändlerischen Verkaufsordnung oder des unlauteren Wettbcwerbsgesetzes nicht einschrciten, Willkommen zu heißen sind freilich solche Maßnahmen nicht; sie belasten nur den Werbe etat und reizen die Standesangehörigen zu gegenseitiger Über bietung, Wir haben Veranlassung genommen, durch Regi- strandenotiz (Bbl. Nr, S4 vom 3, März 1828) hierauf hin zuweisen, Bibliothckcn-Rabatt. Wir sahen uns wiederholt veranlaßt, auch über den Rahmen des mit den, Preußischen Kultusministerium abgeschlossenen Ab kommens hinaus Vereinbarungen über Skontogcwährung an große Bibliotheken mit mehr als 20 080 Mark Vermehrungs etat zu genehmigen. Solche Genehmigung mußte allerdings dann versagt werden, wenn versucht wurde, die genannte Summe dadurch zu erreichen, daß die Etats verschiedener Bibliotheken zusammengcrcchnet wurden. Auf die Unzulässigkeit solchen Ver fahrens haben wir auch in einer Registrandenotiz hingewiesen. Leider muß trotz dem Entgegenkommen des regulären Buch handels immer wieder die Beobachtung gemacht werden, daß unlautere Elemente versuchen, durch hohe Rabattangebote dem ordnungstreuen Buchhandel das Wasser bei den Bibliotheken abzugraben. In allen Fällen, in denen uns solche Angebote be kannt wurden, gelang es uns, die betreffenden Bibliotheken zu bewegen, aus diese Angebote nicht einzugehen. Wir geben der Hoffnung Ausdruck, daß die Bibliotheken den für sie selbst und für den Buchhandel einzig würdigen Weg wählen, den loyalen Bezug einem illoyalen Preisvorteil vorzuzichen, Studenten-Buchhandel, Die für den Buchhandel wenig erfreuliche Konkurrenz studentischer Bücherämtcr ist eine Erscheinung, die sowohl im Jnlande als auch im Gebiet der ausländischen anerkannten Ver eine noch immer zu beobachten ist. In einer größeren Zahl von Universitätsstädten konnte sie zwar durch Abkommen zwischen den örtlichen Sortimentervereinen und der Studentenschaft über die Gewährung von Vergünstigungen für minderbemittelte Stu denten ausgeschaltct werden, aber es ist bisher nicht gelungen, die Regelung allenthalben durchzuführen. Wir betrachten diese allerdings nur als eine vorübergehende Maßnahme und glauben uns mit den maßgeblichen Kreisen an den deutschen Hochschulen darin einig, daß die Eigenbctätigung der Studentenschaft auf wirtschaftlichem Gebiete so bald als möglich aufhöreu sollte. Die wirtschaftliche Not eines großen Teils unserer studierenden Jugend erkennt jeder an; es sind vielfach gerade die zukunftsreichsten Kräfte, die sich aus minderbemittelten Volksschichten rekrutieren. Hier zu helfen ist Ehrenpflicht des Staates selbst und jedes Staats bürgers, der es mit der Zukunft unseres Volkes ernst meint und der zu helfen in der Lage ist. Die Selbsthilfe der Studenten schaft konnte als vorübergehende Maßnahme allenfalls hinge nommen werden. Zu einer Dauereinrichtung dagegen darf sie nicht werden, ohne den stärksten Widerstand bei den dadurch be troffenen Gewerbezweigen zu finden. Möge es bald gelingen, wie auf anderen Gebieten, so auch aus diesem, sich zu fciedcns- mäßigen Verhältnissen und damit zu dem alten Vertrauens verhältnis zwischen studierender Jugend und Buchhandel zurück zufinden, Wettbewerb der öffentlichen Hand, Nach der vorjährigen öffentlichen Kundgebung der Ber liner Spitzenverbändc gegen die zunehmende privatwirtschastliche Betätigung öffentlicher Körperschaften, vor allem der Ge meindeverwaltungen, ist diese Angelegenheit etwas in den Hintergrund getreten. Als Erfolg kann die Erkenntnis bei den verantwortlichen staatlichen Stellen gebucht werden, daß man den Bogen nicht überspannen darf. Der Buchhandel, nament lich das Verlagsgewerbe, ist ja immer ein bevorzugtes Gebiet für die »kalte Sozialisierung« gewesen. Keineswegs ist hierin das letzte Wort gesprochen, und es gilt für die Zukunft auf der Wacht zu sein und etwaigen Versuchen eines neuen Vordringens der Bewegung mit allen Kräften Widerstand zu leisten. Im Berichtsjahr haben wir Vorstellungen erhoben gegen den Vertrieb des Lehrbuches für Elbschisserfachschulcu durch die Elbstrombauverwaltung Magdeburg, gegen den Bücherver- tricb der Geschäftsstelle des Regierungsamtsblattes in Köslin, der Arbeiterkammer Bremen und der Preußischen Lehrcrzcitung sowie gegen die Herausgabe eines Ortschaftenverzeichnisses der Provinz Sachsen durch die Reichspost unter Ausschaltung des Buchhandels, In diesem Zusammenhänge sei auch unserer Stellungnahme gegenüber der buchhändlerischen Betätigung von Beamtenver- bänden und von Organisationen anderer Berufszweige gedacht. Der gewerbliche Betrieb dieser Vereinigungen, die vielfach im Bersolg des konsumgenossenschaftlichen Gedankens eigens für die Selbstversorgung gegründet werden, ist unvereinbar mit der staatsrechtlichen Stellung der Beamtenschaft, Diese erheischt Dienst an der Bolksgesamtheit, nicht aber Betätigung gegen diese. Die leitenden Stellen dürfen nie vergessen, daß solche Betätigung den Buchhandel schädigt, der in der Form der Steuern auch seinerseits den Staat und seine Diener ernährt. Papier- und Buchnormung. In der Normungsfrage ist die Erkenntnis wohl allgemein, daß die Normung der Papierformate der Buchnormung voraus- gehen muß; jedenfalls ist es um die Frage der Buchnormung, abgesehen vom Zeitschriftengebict, verhältnismäßig still gewor den, Wir verfolgen die Normungsbestrcbungen nach wie vor mit größter Aufmerksamkeit und haben mit Rücksicht daraus, daß der Normenausschuß und seine Unterausschüsse in Berlin tagen, unsere Berliner Zweigstelle mit der Wahrnehmung der buchhändlerischen Interessen beauftragt. Mit dem Normenaus schuß des Deutschen Verlegervereins wurde ständige Fühlung gehalten, Werbung. Aus der Verschiedenartigkeit von Propagandamitteln ein zelner Verleger und Sortimenter lassen sich ganz bestimmte Grundanschauungen über die Wege zum Buch und über Bücher- lcsen feststellen. Sieht mau von Zwischenstufen ab, so bleiben 41S