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Ivso Nichtamtlicher Teil ^ 23, 29. Januar 1908. konnte, doch wurden drei seiner Angestellten auf die Galeere geschickt, was ihn wohl in seinem Entschluß, Antwerpen zu verlassen, bestärkt hat; denn ganz sicher konnte er sich in den damaligen Zeiten trotz einer Freisprechung nicht fühlen, weil der Inquisition, die ihren Sitz in der von Karl V. den Bürgern überlassenen Burg, dem »Ztssn-, der ehemaligen Residenz Gottfried von Bouillons, aufgeschlagen hatte, nicht recht zu trauen war. Nach seiner Rückkehr aus Paris gründete er mit Corneille, Bomberghe, de Schotti und seinem ehemaligen Lebensretter, dem vr. Goropius Becanus, der ihn nach seiner Verwundung behandelt hatte, eine Gesellschaft, deren geschäftlicher Leiter er wurde. Sie bestand bis 1567 und erlaubte Plantin eine Ausdehnung seines Unternehmens. Der Grund für die schon so bald erfolgende Auflösung der Gesellschaft war der, daß, wie Plantin des öftern in Briefen erwähnt, seine Compagnons nicht »orthodox- waren Trotz der durch die Lossagung von seinen Gesellschaftern offen ausgesprochenen Zugehörigkeit zur katholischen Kirche unterhielt Plantin doch Verbindungen mit den Wiedertäufern, besonders mit Heinrich Jansen-Barreselt, dessen Mystik ihn anzog und ihm als wohl vereinbar mit der römischen Lehre erschien. Zu seinen Gönnern konnte Plantin außer dem König Philipp von Spanien und dessen schon erwähntem Sekretär de Playas auch den einflußreichen Bischof Granvella rechnen, der ihm die Herausgabe der »Sibli» xol/glotta« (in fünf Sprachen) verschaffte, die ihn von 1569—73 beschäftigte und sein Hauptwerk wurde. Durch Vermittelung Philipps !I. erhielt er auch ein Privileg des Papstes, den Druck und Vertrieb sämtlicher Meß- und Gebetbücher für Spanien und die von ihm abhängigen Länder betreffend, das erst im Jahr 1800 aufgehoben wurde. Plantin hatte sich auf Veranlassung Philipps in große Unternehmungen eingelassen, zu denen ihm das notwendige Kapital fehlte, da Philipp ihm die versprochene Unterstützung nicht zahlte und zahlen konnte, weil 1568 der Freiheitskampf der Niederlande begann, der die Kassen des Königs so in Anspruch nahm, daß er von Privatunternehmen absehen mußte. — Die unstchern Zeitläufe, das Darniederliegen des Handels und die damit verbundenen schlechten Geldverhältnisse gingen auch an der noch jungen Schöpfung Plantins nicht spurlos vorüber. Er war tief in Schulden geraten, verließ deshalb und auch wegen der religiösen Wirren 1583 wiederum Ant werpen und ging nach Leyden, wo er eine neue Druckerei einrichtete. Nach seiner zwei Jahre später erfolgten Rückkehr, als nach der Einnahme Antwerpens durch den Herzog Alexander von Parma dort Ruhe und Ordnung einkehrten, übergab er sie seinem gelehrten Mitarbeiter und Schwiegersohn, dem Mann seiner ältesten Tochter Marguerite, Franz Rapheleng, der Professor der hebräischen und arabischen Sprache an der dortigen Universität war. Dessen Söhne führten das Zweiggeschäft bis 1619 fort. Außer den Leydener und AntwerpenerHLusern — (Plan tin hatte in Antwerpen außer der Druckerei auch einen Laden in der Kammerstrate, dem damaligen Zentrum des Buch handels) — unterhielt er während der Frankfurter Früh jahrs- und Herbstmesse dort eine Filiale und errichtete (1567) auch ein Detailgeschäft in Paris, dem sein Freund Porret und sein Schwiegersohn Egidius Beys (lls Ls) vorstanden. Das Pariser Haus wurde jedoch schon 10 Jahre später an einen Buchhändler Somnius verkauft Le Bs blieb in Paris, wo sich seine Frau, Madeleine Plantin, nach dem Tode ihres Mannes mit dem Drucker und Verleger Adrien Psrier verheiratete, dem sein Schwieger vater die Führung des Plantinschen Druckerzeichens gestattete, um die enge Zusammengehörigkeit beider Geschäfte zu zeigen. — 1579 hatte Plantin ein Haus in der Rue Haute ge kauft,und es nach seinem »Signet«, einer Hand, die aus Wolken reicht und mit einem Zirkel einen Kreis beschreibt, »Uv llompas ä'Or« genannt Um den Zirkel schlingt sich ein Band mit dem Wahlspruch des Hauses »Uvbors v». Oon- stautia», den Plantin selbst gewählt hat. In diesem Hause — Plantin hatte vorher mehrmals seine Wohnung in Ant werpen gewechselt — blieb die Druckerei bis zum Jahre 1876, in der sie von der Stadt angekauft wurde. — »Durch Arbeit und Beständigkeit- hatte Plantin sein Geschäft aus den bescheidensten Anfängen zur höchsten Blüte gebracht und trotz der Wirren und unstchern Zustände in den Niederlanden, die sogar zu einer vollständige» Plünderung Antwerpens durch die spanische Soldateska geführt hatten, es auf der Höhe erhalten. Er hatte ihm einen Ruf verschafft, der den seiner Vorgänger und Konkurrenten in Antwerpen weit überflügelte. Schon 1570 erhielt Plantin den Titel eines königlichen Prototypographen, doch konnte er der ausgebrochenen Wirren halber das Ehrenamt nicht ausüben, legte es deshalb 1576 nieder und behielt nur den Titel bei. Unter den 1500 Büchern, die zu Lebzeiten Plantins erschienen, sind außer der schon erwähnten Bibel und den Meß- und Gebetbüchern griechische und hebräische, juristische und philosophische, die sich, zum großen Teil reich illustriert, alle durch elegante Ausstattung und sorgfältigen Druck aus zeichnen. Plantin starb 1589, ohne männliche Nachkommen zu hinterlassen, und vermachte seinem dritten Schwiegersohn Jan Moerendorf (Moretus) das gesamte Vermögen und die Druckerei sowie den Verlag in Antwerpen. Mit dieser Bevorzugung Moerendorfs waren die Mit erben natürlich nicht einverstanden und fochten das Testament an. Eine Einigung der Parteien kam zustande, die dahin ging, daß Moretus sich mit dem doppelten Anteil am Ver mögen und der Antwerpens! Firma begnügte, deren Namen er dem seinen vorsetzte und sie unter der Bezeichnung Plantin- Moretus weitersührte. 1610 hinterließ er das Geschäft seinen beiden Söhnen Balthasar und Jean und bestimmte, daß, nach dem Ableben dieser seiner ältesten Söhne, die Druckerei in die Hände desjenigen seiner Kinder oder Verwandten kommen sollte, der der Familie am geeignetsten schien, im Sinne Plantins das Haus zu leiten. Diese wohltätige Bestimmung nahmen alle seine Nachfolger in ihre Testamente auf, wodurch wesent lich dazu beigetragen wurde, daß das Erbe der Vorfahren ungeteilt in den Händen eines Familienmitglieds blieb und die Sammlungen und Kunstschätze nicht verzettelt wurden und in fremden Besitz übergingen. Balthasar und Jean waren schon 1592 in das Geschäft eingetreten und versprachen würdige Nachfolger ihres Groß vaters zu werden, die würdigsten jedenfalls nach Ansicht ihres Vaters, der sich auch nicht geirrt hatte in der Beur teilung aller Familienangehörigen. Jean starb schon 1618, und Balthasar assoziierte sich bis 1629 mit Jean van Meurs. Balthasar, der 1641 starb, war die Seele des Geschäfts. Ungewöhnlich begabt und intelligent, gab er, trotz rechts seitiger vollkommener Lähmung, dem Hause einen neuen Aufschwung und erhob es noch einmal zu der Bedeutung, die es unter Plantin gehabt hatte. Er vereinigte die Druckerei und den Laden, dis bis dahin getrennt waren, im selben Hause, dem er durch Unr und Neubauten ein feinem Glanz entsprechendes Äußeres und Inneres gab. Von Rubens, der für ihn auch Kopien von