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pjL 7 7, 3. April 1909 Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt j, d. Dtschn. Buchhandel. 4117 Der erste Entwurf einer Verlaussordnung ist dem Gesamtvuchhandel so spät zugegangen, daß es für die meisten unmöglich ist, sich in so kurzer Zeit über die Tragweite der einzelnen Bestimmungen klar zu werden. Wir sind daher der Ansicht, daß eine Annahme in der diesjährigen Kantate-Versammlung verfrüht sein würde. Es muß allen Kreis- und Ortsvereinen Gelegenheit gegeben werden, in den Versammlungen den Entwurf durchzusprechen; dazu ist aber in so kurzer Zeit gar keine Gelegenheit, weil sehr viele Kreisvereine ihre Versammlung im Herbst abhalten und eine Extra versammlung in der jetzigen arbeitsreichen Zeit vom Sortimenter kaum besucht werden könnte. Wir schlagen daher vor, den Entwurf dem Verkaufsordnungsausschuß zur weiteren Bearbeitung zugleich mit dem Dank für die große geleistete Arbeit zu überweisen, mit der Bestimmung, alle Wünsche, die laut werden sollten, zu sammeln und dann einen neuen Entwurf für die nächstjährige Kantate-Hauptversammlung zur endgültigen Genehmigung oorzulegen. Wir sind bisher ohne Verkaufsordnung fertig geworden und hoffen dasselbe auch noch für das nächste Jahr. Wenn wir dann aber eine Verkaufsordnung haben, wollen wir auch sicher sein, daß alle Vereine sagen können, daß ihre Wünsche gehört worden sind. Nur dann wird die Verkaufsordnung allerseits als eine gerechte Ordnung empfunden werden. Hamburg, den 17. März 1909. Der Vorstand des Hamburg-Altonaer Buchhändler-Vereins. Heinrich Boysen, Vorsitzender. Kleine Mitteilungen. Vom Reichstag. (Vgl. Nr. 76 d. Bl.) — Aus die in Nr. 76 d. Bl. mitgeteilten Reden der Abgeordneten Roeren und vr. Müller-Meiningen, in der Sitzung des Deutschen Reichstags am 31. März, betreffend Einschränkung des Gewerberechts bzw. des Handels mit unzüchtigen Schriften und Bildern durch inter nationale Vereinbarungen, erwiderte der Staatssekretär der Auswärtigen Amts Freiherr von Echoen: Meine Herren! Das Auswärtige Amt steht dem Grund gedanken des Antrages Graf Hompesch und Genossen in aller Sympathie gegenüber; es ist aber auch der Ansicht, daß die Ab änderungen, wie sie in dem Anträge Müller-Meiningen und Genossen vorgeschlagen sind, empfehlenswert, ja sogar notwendig sind, weil die Fassung des Antrages Graf Hompesch nicht ganz der Rechtslage entsprechen würde. Die Frage, ob es möglich sein würde, mit auswärtigen Staaten eine Vereinbarung zur Bekämpfung des Handels mit unzüchtigen Schriften zu treffen, ist bereits früher, im Jahre 1906, hier im Reichstage erörtert worden; sie ist damals von dem Abgeordneten Stöcker zur Sprache gebracht worden. Diese Anregung hat seinerzeit dem Auswärtigen Amt Veranlassung gegeben, mit den nächstbeteiligten inländischen Amtsstellen ins Be nehmen zu treten. Unsere Behörden und insbesondere die Post behörden sind seit langem bemüht, mit allen ihnen zu Ge bote stehenden Mitteln die Einfuhr unsittlicher Schriften zu ver hindern. Da, wo der Absender dieser Schriften ermittelt werden kann, haben wir auch regelmäßig Anträge auf Strasverfolgung gestellt, und in vielen Fällen ist eine Bestrafung auch erfolgt. Des weiteren besteht zwischen dem Reich und Italien eine Abrede, wonach auf Grund der Gegenseitigkeit die Auslieferung stattfindet wegen Feil haltung, Ausstellung oder Verbreitung von unzüchtigen Schriften, Ab bildungen, Darstellungen oder sonstigen derartigen Gegenständen. Im Mai vorigen Jahres hat in Paris auf private Anregung ein Kongreß gegen die Pornographie stattgefunden unter dem Vorsitz des durch seine Bestrebungen zur Hebung der Sittlichkeit rühmlichst bekannten französischen Senators Verenger. An diesem Kongreß haben sich 82 Gesellschaften, darunter auch viele nicht französische, be teiligt; zu den Delegierten gehörten erfreulicherweise auch 4 Dele gierte deutscher Vereinigungen. Der Kongreß hat folgende An regungen einstimmig angenommen: 1. Es sollte durch internationale Maßregeln unterdrückt werden die Herstellung und das Vorrätighalten zum Zweck der Ver breitung von Schriften, Abbildungen oder Gegenständen, welche die guten Sitten verletzen, das Angebot und der Verkauf solcher Schriften, Abbildungen oder Gegenstände, auch wenn es nicht öffentlich geschieht. 2. Beim Angebote, dem Verkauf oder der Versendung un züchtiger Schriften, Abbildungen oder Gegenstände soll die Straftat nicht nur als am Orte der eigentlichen Handlung begangen gelten, sondern auch dort, wo der Ersolg der Straftat eingetreten ist oder eintreten sollte. Es empfehle sich, zu diesem Zweck ein Einvernehmen zwischen den verschiedenen Ländern herzustellen behufs Mitteilung der nötigen Unterlagen und Auskünfte, damit jede Nation in der Lage sei, die auf ihrem Gebiet ansässigen Schuldigen zu verfolgen. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 76. Jahrgang. 3) Es sollte eine amtliche diplomatische Konferenz einberufen werden, damit sich die Regierungen über gleichartige Gesetze auf diesem Gebiete verständigten. Der Kongreß hat ferner einstimmig beschlossen, 1. eine internationale Vereinigung sämtlicher Gesellschaften zur Bekämpfung der Pornographie zu begründen, 2. die Vertretung dieser internationalen Vereinigung dem Bureau international eontre 1a littsraturs immorale in Genf zu übertragen und 3. die Sorge für die Ausführung der Beschlüsse des Kongresses einem dauernden Komitee anzuvertrauen. Nach diesem Vorgehen war die Onnahme berechtigt, daß die französische Regierung wohl Anlaß nehmen würde, ihrerseits die Initiative zur Einladung zu einer Konferenz zu ergreifen; wir haben daher unserseits diese Initiative nicht ergriffen, um Frank reich nicht vorzugreifen. Inzwischen ist die Sache in der Tat weitergeschritten, und es ist nicht vor einem Jahre, sondern vor etwa Monatsfrist von der französischen Regierung die Frage an uns gerichtet worden, ob wir, falls Einladungen zu einer derartigen Konferenz ergehen würden, teilnehmen würden. Wir haben so fort geantwortet, und zwar bejahend geantwortet. (Bravo!) Es ist daher alle Aussicht, daß eine derartige Konferenz zustande kommt, und daß auch alle Staaten, die in Betracht kommen, sie beschicken werden. Auch wir werden selbstverständlich teilnehmen, und ich glaube, daß es unsere Stellung auf der Konferenz fördern wird, wenn wir uns auf eine einstimmige Resolution des Reichs tags stützen können. (Beifall.) Gegen Erhöhung der Telephongcbühren. (Vgl. Nr. 36, 51, 53, 56, 61, 65, 68 d. Bl.) — Gegen die beabsichtigte Erhöhung der Telephongebühren und die Beseitigung der Pauschalgebühr hat sich auch der »Verband deutscher Waren- und Kaufhäuser« ausgesprochen. Die Beseitigung der Pauschalgebühr, wie sie der Entwurf vorsieht, und deren Ersetzung durch eine Grundgebühr und eine Einzelgesprächsgebühr bedeute eine Durchbrechung des Grundsatzes, daß aller Verkehr möglichst ungehindert und billig sein müsse. Denn im Wesen des Verkehrs liege es, daß in ihm Freiheit und möglichste Gleichheit der Kosten herrschen. Darum einheitliches Porto für Briefe, sogar im Weltverkehr, und auch zum Teil für Pakete, Aufhebung der Brücken- und Chaussee- gelde* rc. Je ungehinderter und billiger der Verkehr, um so mehr wirke er auf die Hebung des Wohlstandes und Steigerung der direkten und indirekten Steuern und sonstigen Staatseinnahmen hin, während jede Verkehrserschwerung zu einem Ausfall der Einnahmen führe. Die Erhöhung der Telephonkosten um das Doppelte bis Sechsfache würde unbedingt eine starke Einschrän kung des Telephonverkehrs und damit einen erheblichen Rückgang der Einnahmen zur Folge haben. Gerade im Interesse der Steigerung der Einnahmen des Reiches sei daher eine Ver teuerung und Erschwerung des Telephonverkehrs zu verwerfen. (Nach: Norddeutsche Allgemeine Ztg.) Pretzgesetzliche Berichtigung. — Erstreckt sich die Ver pflichtung zur Aufnahme einer Berichtigung auch auf Karikaturen? Diese für das Pressewesen aller Länder wichtige Frage hat den Brüsseler Gerichten Vorgelegen. Ein Brüsseler 537