Volltext Seite (XML)
3680 SSrsmklE s. d. Dtschn. Bilch?lMdel. Nichtamtlicher Teil. ^ 60, 26. März 1010 patentierte Tiegeldruckmaschine der Zylinderdrnckmaschine den Platz hatte räumen müssen, hat man geglaubt, elftere nicht als die Erfindung der Schnellpresse und als deren Urbild an erkennen zu sollen, und man hat deshalb für die Hundert jahrfeier die Vollendung der Erfindung für geeignet ge halten und dafür den Dezember 1912 genannt, dabei indes außer acht gelassen, daß es stets nachteilig auf die Teil nahme an solchen Feiern zu wirken pflegt, wenn kein fest bestimmtes Datum gegeben ist, die Feier sozusagen in der Luft schwebt, und ferner, daß die Erfindung tatsächlich mit dem Druck der erwähnten 3000 Bogen vollendet war, zumal in der veränderten Druckmaschine alle tätigen, arbeitenden Teile der ersten Maschine vorhanden waren und, abgesehen von dem Tiegel, die gleichen Funktionen aus zuüben hatten. Aber nicht nur die arbeitenden Teile der eigentlichen Tiegeldruckmaschine waren in der für Zylinder druck vertreten, sondern auch die äußeren, namentlich der sehr umfängliche und ingeniöse Antriebsmechanismus, waren darin ausgenommen und dienten zum Betrieb der Maschine. — Der Annahme des Dezember 1812 als Zeitpunkt der Vollendung der Druckmaschine widerspricht auch das dritte Patent Koenigs vom 23. Juli 1813, aus dem wir ersehen, daß der Erfinder den dreigeteilten Druckzylinder der ersten Zylinder-Druckmaschine durch einen Zylinder mit einheitlich glatter Oberfläche und die Rähmchen zum Fest halten der Druckbogen durch Bänder und Schnüre ersetzt hatte, eine so bedeutende Abänderung, wie sie eine voll endete Maschine nicht mehr bedurft hätte. Der Übergang vom Tiegeldruck zum Zylinderdruck war somit nichts anderes als eine entscheidende Wandlung in der Entwicklung der Druckmaschine, eine Entwicklung, wie sie ähnlich auch von anderen wichtigen Erfindungen durchgemacht worden ist.*) Als wirklich vollendet darf man aber die Druck maschine betrachten an dem Tage, an dem sie zum ersten- male die -Times» in London druckte, was, wie bekannt, am 29. November 1814 geschah. Will man also das Datum des ersten Patents nicht auch als das der Erfindung be trachten, so bietet sich uns der 29. November 1814 als unanzweifelbares Datum ihrer Vollendung. Um den Druck einer großen Zeitung ausführen zu können, mußte sie tat sächlich vollendet sein; andernfalls würde ihr Erfinder sie der Gefahr des Zusammenbruchs und damit sein Unternehmen einem tödlichen Fiasko ausgesetzt haben. Er aber wagte den Druck, weil er wußte, daß er ihn wagen durste; der Tag, an dem es geschah, wurde dadurch für ihn zum Ehren- und Jubeltage. Der 29. November 1914 ist somit für uns der ge gebene Tag des Hundertjahr-JubiläumS der Schnellpresse. Den 29. März 1910 als solchen zu feiern ist versäumt worden,— vom 29. November 1914 trennen uns noch mehr als vier Jahre, — mögen der Deutsche Buchdruckerverein und der Deutsche Buchgewerbeverein es als Ehrenpflicht be trachten, eine würdige Jahrhundertfeier dieser großen deutschen Erfindung, dieser Krönung der Erfindung Gutcnbergs und der Ergänzung der Schöpfung Senefelders, vorzubereiten! Die ganze deutsche Buchdruckergemeinde, ja jeder Gebildete wird die hohe Bedeutung der Feier zu schätzen misten und sich ihr anschließen; — ist es doch die Schnellpresse und ihre Tätigkeit, die die Kulturentwicklung des Jahrhunderts in neue Bahnen geleitet, umgestaltet und unermeßlich gefördert hat, — sie ist der Menschheit zum Segen geworden! Die Entwicklung der Druckmaschine hier weiter zu ver- folgen, gestattet der Raum dieses Blattes nicht. Nachdem *> Näheres über die Erfindung und die Konstruktion der Tiegeldruckmaschine enthält das Werk »Friedrich Koenig und die Erfindung der Schnellpresse« von Theod. Goebel. Zweite Aus lage. Volksausgabe. Stuttgart ISV6. Koenig 1817 und Bauer 1818 nach Deutschland zurückgckchrt waren, die heute in allen Teilen der Welt rühmlichst bekannte Maschinenfabrik in der alten Prämonstratenserabtei Oberzell gegründet hatten und der nachteilige Einfluß der Pariser Julirevolution überwunden war, breitete sich der Schnellpressenbau rasch aus. Eine Konkurrenzfabrik wurde 1834 in Jenbach in Tirol neben einer dort bestehenden Eisengießerei durch den ehemaligen Modellschreincr von Oberzell Leo Müller gegründet; mit ihm vereinigte sich, nach dem die Fabrik nach Wien verlegt worden war, ein Neffe Koenigs, Fritz Helbig, der mit jenem unter der Firma Helbig L Müller tätig war. G. Sigl gründete 1840 in Berlin eine Maschinenfabrik und bald darauf auch eine Filiale in Wien; im Jahre 1840 entstand auch in Augsburg eine Maschinenfabrik, die 1844 ein andrer Nesse Koenigs, Carl Reichenbach, mit seinem Schwager Carl Bnz übernahm, deren erste Maschine nach Frankfurt a. M., deren zweite nach Düsseldorf ging; in Johannisberg a. Rh. aber schufen zwei Schlosser, Johann Klein und Johann Forst, welche beide in der Fabrik von Helbig L Müller in Wien gearbeitet hatten, im Jahre 1847 eine Druckmaschinen- sabrik, die ihre erste Maschine 1848 in Wiesbaden aufstellte. Beide Fabriken, die Augsburger wie die Johannisberger, sind heute zu hoher Blüte gelangt; ihnen aber haben sich fast in allen Kulturländern Schnellpressenfabriken beigesellt, aus denen alljährlich Tausende von Druckmaschinen der ver schiedensten Art, von der Tiegeldruck-Akzidenzmaschine bis zur Sechsrollen-Rotationsmaschine, hervorgehen, deren Papier- flutcn den Erdball am Äquator viele Mals umspannen würden. Solch Wunderwerk aber ist entsprossen aus und be gründet auf Friedrich Koenigs Patent vom 29. März 1810. Theod. Goebel. Titelschutz. Einen interessanten Beitrag zu dem Thema »Rechtsschutz der Titel« bietet ein soeben vor dem Landgericht II Berlin-Mitte in der ersten Instanz zum Abschluß gekommener Rechtsstreit zwischen dem Verlag für Börsen- und Finanzliteratur A.-G. in Berlin und dem Finanzverlag Alfred Neumann G. m. b. H. in Berlin. Der Prozeß gewinnt insofern besonders an Interesse, als er bereits unter dem Einfluß des neuen Wettbewerb-Gesetzes geführt wurde. Der Sachverhalt ist kurz folgender: Der bekannte Börsenstatistiker Alfred Neumann gab im Selbst verläge unter dem Titel: Nsumann's Lours-laboUen 6er Berliner I'onäg-Lörse eine jährlich einmal im Februar erscheinende Kursstatistik der höchsten, niedrigsten und letzten Kurse von sechs Jahren, sowie der höchsten, niedrigsten und letzten Kurse der Monate des letzten Jahres nebst noch anderen verschiedenen Angaben heraus. Diese Kursstatistik ging 1908 infolge Konkurses des seitherigen Verlegers in den Verlag für Börsen- und Finanzliteratur über und erscheint jetzt im genannten Verlag, wie bisher in Buchform, gr.-8°., 150 Seiten stark, in rotem Einband gebunden. Seit Juli 1909 gibt Alfred Neumann im eigenen Finanz verlag Alfred Neumann G. m. b. H. auch wieder eine Kurs statistik heraus, jedoch monatlich in Heftform, gr. 8°, Umfang 24 Seiten, erscheinend. Die Tabelle enthält die höchsten, niedrigsten und letzten Kurse von zwei Jahren, und zwar in zeitlicher, der Kursnotierung entsprechender Anordnung, und erscheint unter dem Titel: Reumann Nouats-Lurstabelle äer Berliner Börse. Der Verlag für Börsen- und Finanzliteratur klagte nun gegen den Finanzverlag Alfred Neumann auf Abänderung des Titels Neumann Monats-Kurstabelle, sowie auf Schadenersatz. Begründet wird die Klage damit, daß 1.) die Bezeichnung »Neumann Monats-KurStabelle der Berliner Börse geeignet sei, Verwechslungen mit der klägerischen Neumann'S Lours-Tabellen der Berliner Fonds-Börse herbeizuführen und 2.) der Beklagte