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2200 Nichtamtlicher Theil. 110, 12. Mai. selben geschickten Manne sind noch zwei Bände in groß Folio vorhanden, welche ein prächtiges lateinisches Brevier mit Mi niaturen, Randleisten und Initialen einschließen; dasselbe wurde in den Jahren 1446 und 1452 von zwei Nürnbergerinncn sür das dortige Katharinenkloster geschrieben. Unter den Holztasel-Drucken sind besonders bemerkens- werth: Hartlieb's Chiromant!«, welche allen Anzeichen nach ein Exemplar der allerfrühcsten Ausgabe um 1450 ist, ferner ein Donat aus dem Jahr 1475 von Conrad Dinck- mut in Ulm, der ungefähr sieben Jahre später als Buchdrucker mit beweglichen Typen auftritt. Die zweite Abtheilung, mit der Stadt Mainz an der Spitze, wird auf das würdigste durch das älteste Druckdenkmal, die sogenannte zweiundvierzigzeilige Bibel, eröffnet. Und durch welches Exemplar! Aus Pergament gedruckt, mit zahl reichen Miniaturen und Initialen geschmückt, in zwei starken Foliobänden, deren eingelegte Holzbände reich mit Silber be schlagen sind, stellt sich uns diese Perle der Sammlung vor. Sämmtliche Zeilen des 641 Blätter umfassenden Werkes sind mit rother Tinte unterstrichen, und außerdem jede einzelne Ko lumne mit doppelten rothen Linien eingefaßt, so daß wir nicht weniger als 122 752 Linien zählen können. Außer Hunderten von Miniaturen auf dem untere» Blattrande enthält das präch tige Exemplar auch noch 1534 größere und kleinere gemalte und mit Gold gehöhte Initialen. Von den noch vorhandenen Exemplaren (acht auf Pergament, neun auf Papier) ist das Exemplar Klemm's jedenfalls das schönste. Von den übrigen Mainzer Drucken, von welchen die Samm lung bis 1540 die stattliche Zahl 150 ausweist, wären noch hervorznheben ein sehr schönes Exemplar von des Johannes Bulbus de Janua Oatboliaon, gedruckt von Gutenberg im Jahre 1460; seiner das erste lateinisch-deutsche Wörter buch von Gutenberg's Vetter Heinrich Bechtermünzc in Elt ville 1472 gedruckt. Gutenberg's mißgünstige Geschäststheilhaber Fust und Schösser sind u. A. mit einem Pergamentexemplar des Rationals äivinorum olktoiorum von Durandns von Jahre 145S vertreten. Dieses ist das zweite mit Druckfirma und Jahrzahl versehene Buch der Welt; die hier zum erstenmale verwendete neue Type hat nach dem Verfasser des Buches die Bezeichnung: „Durandustype" erhalten. Aus derselben Offizin stammt auch das prächtige Pergamentexemplar der achtund- vierzigzeiligen Bibel vom Jahre 1462, das uns der Katalog unter Nr. 11 vorsührt; dann verdanken wir ihr auch die schöne Ausgabe von Cicero's Okkioig. et karacloxu I486, von wel cher die Sammlung ein wohlerhaltenes Exemplar auf Pergament enthält. Nun folgt eine Reihe von starken Folianten größten Formats, welche alle aus Schösser's Werkstätte, kurze Zeit nach Fust's Tode 1466, hervorgingen. Wir erwähnen: ckustiuiaut lusti- stutiouas cum xlossa 1468, auf Pergament gedruckt, einige Werke des berühmten Scholastikers Thomas von Aquino, die Lpistotao des heiligen Hieronymus, die dritte Mainzer Bibel von 1472, die Decretalien des Bonifacius VIII. und Gregor IX., beide 1473 erschienen. Von besonderer Wichtigkeit ist ein Quartband, den wir im Nachtrage des Katalogs unter Nr. 894 verzeichnet finden, es ist dies Florentius Harlemius: „Der sicher Jngang der hymel", das erste in deutscher Sprache zu Mainz gedruckte Buch, überhaupt das umfangreichste deutsche Druckwerk seit Erfindung der Buchdruckerknnst. Die Zeit dieses ungemein seltenen Druckes dürste um 1466 fallen. Von anderen deutschen Büchern aus der ersten Zeit der Erfindung seien des Johannes von Cuba „Gart der Gesundheit" 1485, Bernhard's von Breyden- bach Reisen nach Jerusalem vom Jahre I486 erwähnt, beide besonders auch deshalb werthvoll, weil sie mit hübschen Holz schnitten geschmückt sind. Unter den 16 aufgesührten Mainzer Druckern bis 1555 sei noch hervorgehoben: Johannes Neumeister, der 1478—1479 in Mainz thätig war, nachdem er vorher in Rom und um 1470 in Foligno gedruckt hatte. Von Mainz siedelte er nach Albi in Languedoc und später nach Lyon über. Von diesem wander lustigen Drucker, der wahrscheinlich auch ein Gehilfe Gutenberg's gewesen war, bewahrt die Sammlung unter Nr. 46 des Jo hannes de Turrecremata Aockitationss vom Jahre 1479, ein Buch, das für die Kunstgeschichte von großer Wichtigkeit ist, weil es 43 Metallschnitte enthält, deren Platte» Neumeister jeden falls aus Italien mitgebracht hatte. Es würde uns zu weit führen, alles Interessante, das uns in der reichhaltigen Sammlung von Mainzer Drucken ausstößt, näher hier anzugeben. Wir beschränken uns nur noch aufmerk sam zu machen auf die acht verschiedenen deutschen Ausgaben des Livius von 1505—1559, auf die verschiedenen Breviarien und Missale, aus den herrlichen Mainzer Psalter von 1516, von dem es nur noch zwei weitere Exemplare in Paris gibt; dann auf die erste deutsche Ausgabe des Tacitus vom Jahre 1535, welche zugleich der erste Mainzer Druck ist, der die voll ständige Angabe des Druckers und der Jahreszahl auf dem Titel trägt; endlich auf die verschiedenen bei Ivo Schösser, dem letzten seines Stammes, gedruckten Reichsgesetze, hierunter mehrere Aus gaben der berüchtigten Halsgerichtsordnung Karls V. Zu Bamberg, der zweitnächsten Druckstadt übergehend, möchten wir Jedem rathen, die Einleitung nicht zu überschlagen, in welcher aufs Gründlichste und Schlagendste nachgewiesen wird, daß nur Albrecht Pfister und kein Anderer der Drucker der sechsunddreißigzeiligen Bibel gewesen sein kann. Ms ein Beispiel, auf welche Weise viele Druckdenkmalc ihren Untergang gefunden haben, sei auf Nr. 914 hingewiesen. Von dem sieben- undzwanzigzeiligen, ungefähr um 1458 gedruckten Donat, von dem man bis jetzt nur ein Bruchstück in Paris in der Libtio- tllögue natioualo kannte, hat ein Buchbinder zwei Stücke abgc- schnitten und dieselben zur Befestigung eines Buchrückens auf Holzdeckel aufgeklebt. Unter den verschiedenen von Johann Sensenschmid aus Eger (1481—1490) gedruckten Missalen zeichnet sich besonders sein erstes Erzeugniß, ein Prächtig auf Pergament gedrucktes Meßbuch für die Bamberger Diöcese, aus. Die ehemalige freie Reichsstadt Straßburg, welche mit Mainz lange um die Ehre der Erfindung der Buchdruckerkunst stritt, ist mit nicht weniger als 165 Drnckdenkmalen vertreten, unter welchen sich allein von Straßburgs erstem Drucker Johann Mentelin 28 Werke befinden. Eingeleitet wird die Sammlung durch Facsimiles zweier Verlagskataloge, ungefähr aus dem Jahre 1473; dann folgen eine Reihe stattlicher Folianten, unter denen besonders eine lateinische Bibel, spätestens 1463 gedruckt, wo wir zum erstenmal die Antiqua angewandt finden, und ferner die sechs mächtigen Bände der Encyklopädie des „8p«outnm gua- äruxlsr" von Vincent von Beauvais, oder latinisirt: Viuvsutius Lsttovaoousis, hervorragen. Die zweite Ausgabe einer Abthei lung des „Speoulum bistormle", dieses Riesenwerkes, welches der Katalog unter Nr. 179 verzeichnet, ist das erste Buch, dem Mentelin seinen Namen und das Druckjahr 1473 beifügte. Nicht zu übersehen ist ferner Nr. 181, die erste Ausgabe (1477) des (jüngeren) Titurel von Albrecht von Scharfsenberg,