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Redaktioneller Teil. 136, 16. Juni 1914. und des Buchgemerbehauses gewidmet, die unter Führung der Herren Carl Linncmann und Direktor Fiedler den Gästen neue Anregungen brachte. Hieran schloß sich ein Besuch der Geschäftsräume der Firma K. F. Koehler. Bei dem darauffolgenden Frühstück im Sachsenhof, dem Herr Wolfgang Koehler wieder als Gast beiwohnte, widmete der Vor sitzende des dänischen Provinz-Buchhändler-Vereins, Herr Milo sen., den Leipziger Kollegen herzliche Worte des Dankes und des Abschiedes, worauf Herr Wolfgang Koehler dankte und den Kollegen eine glückliche Vollendung ihrer Reise wünschte. Der Nachmittag wurde wieder in der Ausstellung verbracht. Am Abend reiste die Gesellschaft nach Dresden, um einen Tag dieser Stadt, einen zweiten der Sächsischen Schweiz zu widmen. Ein eintägiger Aufenthalt in Berlin beschloß das Programm, worauf am 8. Juni abends von dort aus die Rückreise angetretcn wurde. Wir hoffen, daß noch viele Kollegen im Ausland die hervor ragende Initiative und Opferfreudigkeit der dänischen Provinz-Buch händler sich zum Beispiel nehmen, und danken auch an dieser Stelle den dänischen Kollegen für das Interesse, das sie der Stadt Leipzig und der Weltausstellung des Buchgewerbes entgegengebracht haben. Diebstähle auf der Bugra. — Das Literarische Bureau der Inter nationalen Buchgewerbe-Ausstellung zu Leipzig schreibt uns: Es ist leider häufig vorgekommen, daß in den Ausstellungs hallen wertvolle Objekte, die auf Tischen auslagen oder in Regalen standen, von gewissenlosen Besuchern mitgenommen worden sind. Viele Aussteller, denen es unsympathisch war, Bücher an Ketten zu befestigen oder sie anznheften, haben sich ans das Anstandsgefühl des Publikums verlassen und ihre Werke lose ausgelegt, und sind auf diese Weise zum Teil nicht unerheblich geschädigt worden. Unter den gestohlenen Büchern sind auch solche, die literarhistorische, ästhetische oder künstlerische Gebiete behandeln, so daß also bei denen, die die Werke mitgenommen haben, ein gewisses Interesse an schöngeistigen und wissenschaftlichen Dingen und somit auch eine gewisse Bildung vorauszusetzen ist. Um so beschämender ist es, daß sich gerade solche Leute nicht scheuen, das Vertrauen der Verleger zu mißbrauchen, und, um in den Besitz eines Büchleins zu gelangen, das für 1, 2 oder 3 in jedem Buchladen käuflich zu haben ist, zum gemeinen Diebstahl greifen. Die Aufseher in den einzelnen Hallen sind angewiesen, von nun an besonders scharf anfzupassen und jeden, der beim Mitnehmen eines Buches gefaßt wird, nnnachsichtlich und ohne Ansehen der Person zur Anzeige zn bringen. Verbotene Druckschriften. — Hie pa88ionat6 ILttla VVickovv. — Ille Oolcken IVlsmbsr. — ?r66oeiou3 ai1ventur68. — Ille Larvival ok Vevu8 anck 8at^r avck llr8t Virgin. — ^ckv6ntur63 vk llaek, tke kLnck80M6 boy. — b'orbickcksn b'ruit. — klors k'ordickcksll k'rult. eliilck 1ov68. — >Vll6v a ellilck 1ov63, wben 8Üs datk8. — Wllen a eliilck Ka1«8. — 4. Strafkammer des Landgerichts München I. Un brauchbarmachung. IV 87/13, Prozeßregtster Nr. 290/14. (Deutsches Fahndungsblatt Stück 4635 vom 13. Juni 1914.) Personalnachrichten. Ernennung. — Der Prokurist der Photographischen Gesellschaft in Berlin, Herr Ludwig Hermann Schlitze, ist zum Mitglied der Königlich Preußischen Künstlerischen und der Königlich Preußischen Photographischen Sachverständigeu-Kammer ernannt worden. Gestorben: am 11. Juni nach längerem, schwerem Leiden im 75. Lebensjahre Herr Kaiserlicher Rat Philipp Meyer, Teilhaber der Firma Meyer L Raschka, tu Teschen lÖsterr.-Schlestenj. Der Verstorbene übernahm am 1. Januar 1993 in Gemeinschaft mit seinem Freunde Rudolf Raschka das Sortiment der Firma Karl Prochaska in Teschen, dessen Leiter er schon lange Jahre vorher gewesen war, und hat es dann noch 11 Jahre lang in rastloser, unermüdlicher Arbeit gemeinsam mit seinem Freunde geführt. Wie angesehen und hochgeschätzt er bei seinen Mitbürgern war, geht aus dem Nachruf einer Tefchcner Zeitung hervor, den wir, seiner guten Charakteristik halber, hier folgen lasten: Nun liegt auch er auf der Bahre, der Man» mit dem jovialen Wesen und dem eisernen Pfltchtbewußtsein, der sich im Leben weder Ruh' noch Rast gönnte und der nun ausruht von des Lebens Mühsal und Plage. Kaiserlicher Rat Philipp Meyer war ein Typus für sich. Der ernste, gewissenhafte und unermüdliche Kaufmann von modernster Denkungsart, so stand er Tag um Tag an seinem Buchhändlerpult, und während der Geschäftszeit kannte er nichts als seine Pflicht, ob es nun galt, die Interessen des Welthauses zu wahren, in besten Diensten er ergraut war, oder ob es galt, das Renommee der Firma im eigenen Namen weiter hoch zu halten. Es konnte nicht fehlen, daß die Öffentlichkeit dieses Juwel eines streng rechtlichen und pedantisch genauen Kaufmannes mit Ehrenämtern aller Art be traute. Er wurde Gremialvorstand der protokollierten Kaufleute, nahm im Aufsichtsrats der Teschner Volksbank eine führende Stel lung ei» und was dergleichen Würden und Bürden mehr sind. Mit der gleichen Prinzipientreuc, Hingebung und Umsicht, die er in seinem kausmännischen Lebe» betätigte, versah er alle diese Ehrenämter. Das Banner des Fortschritts hielt er immer hoch. Leute in seinen Jahren pflegen meist konservativen Anschauungen zu huldigen. Philipp Meyer war anders. Jede neue Errungenschaft aus dem Ge biete des kaufmännischen Wesens, jede moderne Anregung fand seinen Beifall und seine Sympathien. In der breiten Öffentlichkeit schätzte man an dem Verblichenen den allezeit freundliche», netten und lebensfrohen Menschen, der gern einen guten Spaß mitmachte und bei dem Ernst und Scherz eine harmonische Mischung fanden. Ei» ideales Familienleben verband ihn mit den Seinigen. In seinem Haufe war die gute deutsche Art und Sitte daheim. Liebe und Ver ehrung wurden ihm in reichem Maße seitens seiner Familie zuteil, die er mit gleicher Liebe erwiderte. Für Gattin, Kinder und Enkel kinder lebte und strebte er. Viel Freude, aber auch manches Leid ist in feinem Hanse eingekehrt. Er hat beides mit der gleichen Zu versicht getragen, die ein hervorstechender Zug seines Charakters war. Möge ihm die Erde leicht sein! Ferner: am 12. Juni nach kurzem, schwerem Leiden im 71. Lebensjahre Herr Oswald Herrmann, früherer langjähriger Mitarbeiter und Prokurist der Firma Gustav Weise, tu Stuttgart. Der Verstorbene, gebürtig aus Schwäb.-Hall, hatte seine Lehre von 1863—1885 in der Neubertschen Buchhandlung in Lubwigsburg be standen und die dort erworbenen Kenntnisse in Gehilsenstellungeu bei Adols Kröner in Stuttgart, Vanbcnhoeck L Ruprecht in Göttingen und in der I. G. Cotta'schen Buchhandlung in Stuttgart erweitert und vertieft. So ausgerüstet kam er am 1. November 1868 zu Gustav Weise in Stuttgart, wo er seine Lebensaufgabe finden sollte. 44 Jahre hat er in Diensten dieser ange sehenen Verlagshandlung gestanden, zuletzt als deren Prokura- träger, bis ihn vor etwa zwei Jahren ein Herzleiden zwang, die ltcbgeworbcne Tätigkeit aufzugeben. Diesem Leiden ist er nun nach kurzer Krankheit erlegen. Herrman» erfreute sich in Kol legenkreisen großer Wertschätzung und Beliebtheit, er war das älteste Mitglied des Stuttgarter Buchhandlnngsgehilfenvereins, der ihn 1SV7 zu seinem Ehrenmitglied erhoben hatte. Alle, die ihn kennen und schätzen gelernt haben, werden ihm ein freundliches Gedenken bewahren. Georg Rietschel f. — In Leipzig ist am 13. Juni der Geheime Ktrchenrat und ordentliche Professor der praktischen Theologie I). Georg Rietschel im Alter von 73 Jahren gestorben. Rietschel gehörte zu den Großen unserer Universitäts-Theologie. Seine Lehrfächer waren Reformationsgeschichte, Liturgik und praktische Theologie, und wie in seiner Lehrtätigkeit und als Kanzelredner, war Georg Rietschel auch als Schriftsteller sehr beliebt. Von seinen Büchern über Luther hat jedes mehrere Auflagen erlebt: »Luther und sein Haus« deren vier, »Luthers seliger Heimgang« bis Illllll drei und »Luther und die Ordination» innerhalb kurzer Zeit zwei, obwohl dieses Werk im Unterschiebe zu den beiden vor- hergenanuten mehr wissenschaftliche Ansprüche stellt. Viel bemerkt ward seinerzeit die 1896 erschienene Schrift »Offener Brief an den Verfasser der Schrift ,Ernste Gedanken'«, den bekannten Moritz v. Egidy, der im letzten Zehntel des 19. Jahrhunderts eine große Gemeinde von Anhängern seiner religiösen, Politischen, sozialen und nattonalökonomischcn Ansichten um sich scharte. Aus der großen Reihe der Schriften Rietschels von enger theologischem Gepräge, die hier nicht alle aufgezählt werde» können, sei die Abhandlung »Der evangelische Gottesdienst unter dem Gesichtspunkt der Anbetung im Geist und in der Wahrheit« <1891> hervorgehoben. Praktische Be deutung haben besonders seine Schriften: »Die Frage des Zusammen schlusses der deutsch-evangelischen Landeskirchen zur Wahrung und Förderung ihrer gemeinsame» Angelegenheiten« <1990), »Die evan gelische Kirche und die soziale Frage«, »Der Betrieb der praktischen Theologie auf den Universitäten« sllllvj. Das christliche Fest Weih nachten hat Rietschel in der Sammlung illustrierter Monographien des Vclhagen L Klafingschen Verlages bearbeitet unter dem Titel: »Weihnachten in Kirche, Kunst und Volksleben«.