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28S 18. November ISI2. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. LIschn. Buchhandel. 14573 Nehmern, darunter 7647 Frauen, besucht wurden. Zentral- bibliotheken bestehen jetzt in 239 Orten, gegen 217 im Vorjahr; außerdem berichten noch 53 Orte über 366 Einzelbibliotheken, über Volksvorstellungen und Theaterabende berichten 133 Orte, die insgesamt 781 Vorstellungen verzeichnen. 71 Orte veranstalteten Jugendschristcn- und Wandschmuckausstellungen. DieBerliner Universitätsbibliothek wird in die sem Wintersemester abermals eine Anzahl Vorträge zur Einfüh rung in die Bibliotheksbenutzung veranstalten. Die Vorträge sol len das Publikum mit allen Einrichtungen des Bibliothek- und Buchwesens vertraut machen, deren Kenntnis einen unmittel baren praktischen Nutzen für das Studium gewährt. Ferner sollen die wichtigsten allgemeinen Nachschlagewerke und die bibliographischen Hilfsmittel der einzelnen Wissenschaften ge zeigt und ausführlich besprochen werden. Die Vorträge sin- den einmal wöchentlich zu noch zu vereinbarender Stunde statt. Schließlich sei noch an dieser Stelle darauf hingewiesen, daß auch der Reichsverband deutscher Städte (der nur kleinere Städte bis 25 000 Einwohner umfaßt) auf seiner Berliner Tagung sich mit einer wichtigen Kulturfrage, dem »Wander theater«, befaßte. Der Referent vr. Belian-Eilenburg erwähnte in erster Reihe das von dem verstorbenen Direktor des Berliner Schillertheaters vr. Löwenfeld geschaffene Städtebundtheater als den Vorläufer der Wandertheater. Die Wandertheatergattungen, die wir im Märkischen Wanderthea ter und im Rhein-Mainischen Verbandstheater vertreten fin den, stelle» unzweifelhaft eine höhere Stufe des Theaterwesens dar, die sich bereits in längerer Praxis bewährt hat. Das Märkische Wandertheater hat sich als gut und billig bewährt. Der Zusammenhang mit den großen Volksbildungsverbänden, die künstlerische Kontrolle und die Garantie der städtischen Verbände sichert die Güte des Unternehmens. Auf ähnlicher Grundlage wie das Märkische Wandertheater arbeitet das vom Rhein-Mainischen Verband für Volksbildung im Früh jahr 1907 ins Leben gerufene Verbandstheater. Die Stadt Berlin beabsichtigt, ein eigenes Gebäude für die Aufnahme der Bücherei der Stadtbibliothek, einer städtischen Kunsthalle für die Kunstschätze der Stadt Berlin und für die Schaffung geeigneter Räume zur Aufnahme des städtischen Archivs zu errichten. Die Buchhandlung Max Teschner- Steglitz veranstal tet auch in diesem Jahre »Literarische Abende«. Als erster Dich ter las im Oktober Ludwig Fulda. In einem Neben- abtetl des Saales waren wieder die Werke des betr. Dichters ausgelegt, ebenso enthielt das Programm ein Verzeichnis der selben. Von Verlegerpropaganda sei der Dichterabend von R. A. Meyer-Wilmersdorf erwähnt. Der Verlag der Zeitschrift Ost und West veranstaltet in diesem Winter in Berlin und anderen Städten eine Reihe von Konzckttabenden: »Jüdische Volkslieder«. Auch in der Ausstellung »Von Atlantis nach Äthio - pien« im Abgeordnetenhaus, ist dem Berliner Sortiment eine wertvolle Gratispropaganda für die Frobeniusschen Bücher geliefert worden. Ein wichtiger Punkt aller Reklame ist die geschmackvolle und künstlerische Ausstattung der geschäftlichen Druck sachen, Prospekte usw. Der dem Druckgewerbe beruflich nahestehende Buchhandel hat das früh anerkannt, in anderen kaufmännischen Branchen ist aber diese Erkenntnis noch nicht allgemein zur Geltung gelangt. Wie weit auf diesem Gebiet die Herrschaft der Kunst heute schon geht, und welche Mängel und Geschmacklosigkeiten darin heute noch zu beseitigen sind, zeigte kürzlich ein Vortragsabend, der vom Verein für SSrlinblall für den D-utlchrn Buchhondrl. 7g. Jahrgang. das deutsche Kllnstlergewerbe im Künstlerhaus veranstaltet > worden war. Im Anschluß daran fand eine Ausstellung kunst gewerblicher Buchdruckarbeiten statt. Kaum der zehnte Teil aller Geschäftsleute — so führte der Kunstmaler Julius Klin gel aus — ziehe für die Ausstattung ihrer Geschäftsdruck sachen und Geschäftspapiere künstlerisch geschulte Kräfte heran, alle anderen bewegen sich nach wie vor im alten, ausge fahrenen Gleise und bedienen sich unkünstlerischer Ausstattung. Dabei sei durchaus nicht anzustreben, daß jeder Briefkopf und jedes Inserat und jeder Katalog und Prospekt, und was sonst der Geschäftsmann an Drucksachen für den Betrieb seines Ge schäfts benötige, immer von einem Künstler herrühren müsse, sondern anzustreben sei, daß die Künstler gleichsam wie ein Generalstab nur dazu da seien, die Hauptrichtung und die Direktiven zu geben, daß die Ausführung dagegen der ge schulten Truppe, nämlich den kunsthandwerklich tätigen Kräf ten zu überlassen sei. An diesen aber fehle es noch. Sie heranzuziehen und damit die scheinbare Kluft zwischen Kunst und Handwerk zu Überdrücken, sei Aufgabe der Zukunft. Re klamefachmann Ernst Growald knüpfte an die Ausstellung an und betonte, wie schädigend die von Julius Klinger bereits gekennzeichnete Neuigkeitshetze sei und wieviel richtiger ein Geschäftsmann verfahre, wenn er eine gute künstlerische Idee durch alle seine Geschäftspapiere und Bücher durchführe. Maler und Lehrer Heinrich Wieynk hob hervor, wie bedeut sam der heutige Unterricht in ornamentaler Schrift für die Ausstattung guter Geschäftsdrucksachen sei. In einem Schluß worte betonte Klinger mit Recht nochmals, daß das beste Mittel zur Verbindung von Kunst und Handwerk das Heran ziehen eines tüchtigen Handwerkerstandes auch auf dem Ge biete sei, das Buch und Papier im Geschäftshause vertreten. Wie hoch heute die graphische Kunst in Deutschland steht und in wie bedeutsamem Maße sie für das Ausland tätig ist, das zeigten die ausgestellten Arbeiten, die das Treppen haus, den kleinen und den großen Festsaal des Künstlerhauses füllten. Entwerfende Künstler wie Lucian Bernhard, Julius Klinger, Willy Belling, Waller Buhe, Julius Gipkens, Martin Jacoby-Boy, Heinrich Wieynk, Max Hertwig, Lehmann-Steg litz, Ernst Neumann, Hans Rudi Erbt, Rolf Niczky, Paul Leni waren mit ihren besten Entwürfen und ausgeführten Arbeiten vertreten. Gute Buchdruckarbeiten hatten eine An zahl Berliner Firmen ausgestellt. Von auswärtigen Firmen waren bekannte Schriftgießereien vertreten. Von Leipzig her vorragende Druckereien. Interessante alte Prospekte und Preisverzeichnisse hatte das alte Berliner Haus Wilhelm Er- meler L Co. aus seinen Archiven ausgestellt, die einen lehr reichen Vergleich zwischen der Zeit vor fünfzig Jahren und heute ermöglichten. Endlich waren auch die führenden öster reichischen Kräfte gut vertreten durch die Arbeiten, die Brüder Rosenbaum in Wien nach Entwürfen der Künstler ausgefllhrl haben, die in der Wiener Werkstätte zusammengeschlossen sind oder ihr doch nahestehen. Der Deutsche Käuferbund (Geschäftsstelle Ber lin-Friedenau, Rubensstraße 22) hat an die Organisation der Groß-Berliner Geschäftsinhaber die Bitte gerichtet, ihre Mit glieder zu veranlassen, die für den Weihnachtsverkauf bestimm ten Waren möglichst schon im November in weihnachtlicher Ausstattung bereit zu Hallen, damit dem kaufenden Publikum die rechtzeitige Besorgung der Geschenke auch dadurch nahe gelegt werde. — Der Käuferbund hat bei der Propaganda fiir rechtzeitige Einkäufe und Bestellungen immer wieder den Ein wand gehört, daß Waren in weihnachtlicher Ausstattung, und namentlich die Neuerscheinungen auf dem Büchermarkt, erst kurz vor Weihnachten zu haben seien, so daß also, wenn man auf die festliche Ausstattung nicht verzichten wolle, das frühzeitige Einkäufen oft unmöglich sei. 1805