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etwa 2400000, über der letzteren 800000 Kubikmeter Wasser herabgestürzt. Diese Zahlen werden genügen, um eine Vorstellung zu gewinnen, welche bedeutenden Wassermengen hier den Flussbetten zugeführt wurden. Der Oderwitzer Dorfbach oder das Landwasser nimmt zwischen Wald dorf und Altgersdorf am Fusse des Lerchenberges seinen Anfang, und durch eilt in vielfachen Windungen die Orte Walddorf, Alteibau und die zusammen hängenden, über 10 Kilometer langen Ortschaften Ober-, Mittel- und Nieder oderwitz. Kurz hinter Niederoderwitz mündet derselbe in die Mandau. In Walddorf ist der Schaden, der durch den Austritt des Dorfbaches erzeugt wurde, verhältnissmässig gering, da die zu Thal gehenden Regen mengen noch nicht so bedeutend waren. Diese Zufuhr nimmt natürlich rasch zu, je weiter der Lauf des Baches in das Innere des stärksten Niederschlags gebietes dringt, so dass schon aus Alteibau die Nachrichten über die Schä den des Hochwassers wesentlich ungünstiger lauten. Schon gegen 8 Uhr Abends war hier die durch den ganzen Ort laufende fiscalische Strasse an vielen Stellen unpassirbar, das Hochwasser nahm darnach beständig an Höhe zu, bis gegen 10 Uhr ein weiteres Anwachsen nicht mehr eintrat; um 11 Uhr begannen die Fluthen langsam zu fallen. Der höchste Stand des Wassers überstieg hier die Hochfluth des Jahres 1880 noch um 9, diejenige vom Jahre 1860 noch um 21 cm. Beträchtlich waren wiederum Stauungen an einer Brücke, deren Bogen schon bei mässigem Wasserstande gefüllt ist. Zwar ist hier, heisst es im Berichte, auf behördliche Anordnung im Jahre 1885 das Bachbett gereinigt, vertieft und auf dem rechten Bachufer wohl um 1 m verbreitert worden, dadurch wurde aber, wie der Berichterstatter glaubt, der Brückendurchlass für die im Bett aufnehmbaren Wassermassen noch ungenü gender (?). Oberhalb dieser Brücke liegt ausserdem das rechte Bachufer bedeutend tiefer als das linke mit der durch hohe Ufermauern geschützten fiscalischen Strasse. Für die Bewohner des linken Ufers tritt bei jedem Hoch wasser erst dann etwas Erleichterung ein, wenn auch die Strassenseite über- fluthet wird. Von unberechenbarem Nutzen — wird in diesem Berichte weiter gesagt — für die Bewohner der Löbauer Wiesen, einem Ortstheile von Alteibau, sind die hohen Dämme der nahen Eisenbahnlinien Eibau-Gersdorf, Eibau- Leutersdorf und Eibau-Oderwitz gewesen, an denen die Gewässer sich stauen mussten und nur so viel zum Abfluss kam, als die angelegten Durch lässe gestatteten, so dass von hier aus die mächtige Fluth nur nach und nach ablaufen konnte. Hätte aber, sagt der Berichterstatter weiter, an der Strecke Eibau-Gersdorf auf den Löbauer Wiesen ein Durchbruch des Eisenbahn- dammes stattgefunden, so wäre ein grösseres Unglück unvermeidlich gewesen; nicht weiter durften an jener Stelle die Fluthen anwachsen, da, wie noch Tage darnach ersichtlich war, der Bahndamm kaum noch Vr m hoch aus dem Wasser herausgeragt hat. Der Schaden des Hochwassers in Alteibau betrifft vor Allem die Communwege, die Bachufer und die Gebäude, infolge des Ein dringens von Wasser in die Parterrewohnungen. Die pecuniäre Höhe dieser Schäden wird auf 9 — 10000 Mark angegeben. Darin ist aber der Schaden an der fiscalischen Strasse und die Verschlemmung der Löbauer Wiesen nicht mit inbegriffen. In Oberoderwitz trat im Oberdorfe um 1 ji 9 Uhr, im Niederdorfe um 3 /4 9 Uhr die Hochfluth ein, sie währte bis 3 Uhr Morgens und über schwemmte bis zu einer durchschnittlichen Höhe von 1 m alle am Dorf- baclie sich hinziehenden Wege. Stauungen der Wassermengen traten an einer Brücke der Herrnhut-Oderwitzer Strasse ein, und an einem circa 200 m unter halb der Haltestelle Oberdorf-Oberoderwitz angebrachtem Wehre. Nachdem kurz nach Mitternacht das Wasser wesentlich zu fallen begann, brachte gegen 2h3oma. m. ein von Oberruppersdorf kommendes kleines Gewässer, das sogenannte Grundwasser, die Wassermengen nach dem Oderwitzer Dorfbache, welche über dem Gebiete der Pliessnitz Zuflüsse kurz vor Mitternacht gefallen waren. Diese neue Zufuhr erhöhte die Fluth noch einmal, bis in der dritten Morgenstunde die Gefahr für die Bewohner durch entschiedenen Rückgang des Wassers sich verringerte. Glücklicherweise verliefen beide Hochfluthen ohne Opfer an Menschen. Die Schäden an Communicationswegen, Gebäuden, Bach ufern und dergleichen sind jedoch sehr bedeutend, und werden uns auf nicht weniger als 40000 Mark angegeben, wovon der grösste Theil auf den oberen Ortstheil entfällt. Hier besitzt nämlich das Wasser ein bedeutendes Gefälle, auch ein dort angebrachtes Wehr hat zu Stauung Anlass gegeben. Auf den Fluren hat das niederstürzende Wasser hier ebenfalls erheblichen Schaden an gerichtet. Mitteloderwitz meldete den Beginn der Hochfluth Abends gegen 9 Uhr und deren Ende gegen 6 Uhr Morgens; die Wege im Dorfe wurden bis zur Höhe von 1 m überftuthet. Der Schaden an Wegen, Stegen, Brücken, Gebäuden und sonstigem Privateigenthum wird auch hier ein bedeutender genannt. Stauungen an Brücken sind gleichfalls zu verzeichnen gewesen, sind jedoch für die Einwohner gefahrlos verlaufen. „Seit 7 Jahren“, schreibt uns der Berichterstatter aus Mitteloderwitz, „wird unser Thal von der dritten Wassersnoth heimgesucht; am 14. Juni 1880, am 14. Juli 1883 und die vom Berichtstage. In der Wohnung desselben führen Wasserstandsmarken den Nachkommen die Grösse dieser Katastrophen vor Augen. Die erste setzte bis zu 3 Ellen, die zweite % Elle und die dritte 1 Elle 9 Zoll die Wohn stube unter Wasser. Im Jahre 1860 brachte eine Fluth einen 9 Zoll hohen Wasserstand in dieser Wohnung hervor; seit Menschengedenken, heisst es weiter, ist das Wasser nicht höher als 9 Zoll in diese Wohnung eingedrungen. Irgend eine Vermuthung über die Ursache der jetzt hier so oft wiederkehren den grossen Wassersnöthe kann aber nicht angegeben werden.“ Die schwerste Heimsuchung durch die Hochfluth von den drei Oder witzer Gemeinden hat die südlichste derselben, Niederoderwitz, erfahren. Von 9 h 30 m p. m. bis 3 h 00 a. m. wüthete hier das Wasser, stieg bis zu l l li m über die Uferwege und richtete an den der Commun gehörigen Wegen, Brücken und Ufennauern Schäden in der Höhe von 35000 Mark an, während die den Privaten zugefügten Einbussen 19300 Mark erreichen. Im Verhält- niss zu dem welligen Terrain sind die angerichteten Flurschäden in Mittel und Niederoderwitz geringe gewesen. Etwa 1 Kilometer südlich von Nieder oderwitz ergiesst sich der Dorfbach in die Mandau. Ich wende mich nun zu den Vorgängen in dem Tliale des zweiten, aus dem niederschlagsreichsten Gebiete kommenden Zuflusses der Mandau, dem Leutersdorfer Dorfbach. Derselbe entspringt ganz in der Nähe von Neugersderf, berührt aber diesen Ort nicht und doch ist der Schaden schon hier (Alt- und Neugersdorf), wo lediglich die wolkenbruchartigen, unaufhörlichen Regengüsse niedergingen, ein grosser. Durch das Ueberschwemmen der Fabriks teiche, das theilweise Nachgeben der Teichdämme, das Uebertreten der Wasser gräben sind.an öffentlichem und an Privateigenthum Schäden entstanden, die sich schon auf mehrere Tausend Mark belaufen. In dem von dem Dorfbache zuerst berührten Oberleutersdorf begann das Hochwasser bereits um 7 Uhr die Wege zu überfluthen, es inundirte die selben bis 10 h 30 m p. m. Der höchste Stand war 1 m über der Dorfweg höhe. In Ober- und Mittelleutersdorf sind die Schäden an den Fluren sehr beträchtlich, es liegen diese Flurbezirke in dem Heerde wolkenbruchartiger Regen güsse. In Niederleutersdorf, wo die Fluth in der 11. Abendstunde ihren höchsten Stand erreichte und den Marktplatz 8 cm, die Uferwege 50—60 cm hoch unter Wasser setzte, wird uns der am Privateigenthum verursachte Scha den auf 3795 Mark, der des fiskalischen Eigenthums auf 1610 Mark ange geben. In dem zu Seifhennersdorf gehörigen Ortstheile Seifen nimmt nun der Leutersdorfer Bach noch mehrere kleine Zuflüsse auf und ergiesst sich am Südende desselben in die Mandau. Diese Gegend ist von den Fluthen arg mitgenommen worden. Die Wasserhöhe des Baches in Seifen betrug nach Messung am dortigen Kretscham 2 m 80 cm, nach Vereinigung mit der Mandau hatte sich das Niveau um 3 1 80 cm gehoben. Das sind Höhen, welche die von 1880 und 1868 bedeutend überragen. Die Ortstheile Wehr, Seifen, Leuterau und Halbendorf standen ganz unter Wasser, die Bewohner der gefährdetsten Häuser hatten ihre Wohnungen verlassen und suchten in höher gelegenen Orten ein Unterkommen. Die meisten Stege fielen der Fluth zum Opfer, die Strassen waren so zerrissen, dass erst der Verkehr, nachdem 100 aus Zittau requirirte Soldaten emsig an ihrer Herstellung gear beitet hatten, am 19. Mai wieder eröffnet werden konnte. Die eisernen Schutz stangen am Bachufer waren sämmtlich verbogen und zum Theil zerbrochen, Wände von Gebäuden waren theilweise zerstört. Die aufgehende Sonne beleuch tete hier am Morgen des 18. Mai ein grausiges Bild der Zerstörung.