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14 Fussweg übrig bleibt. Erst hinter der sich unmittelbar an Cunnersdorf an schliessenden Stadt Bernstadt, um die sich die Pliessnitz in einem weiten, süd lichen Bogen herum windet, erweitert sich das felsige Thal wieder etwas und es geht in einer mehr oder weniger engen, zu beiden Seiten mit kahlen Höhen umgrenzten Thalsenkung die Pliessnitz der Landesgrenze zu; ihre Ufer sind links und rechts bebaut mit Gehöften, die sich in kurzen Unterbrechungen folgen und die fast zusammenhängenden Orte Altbernsdorf, Schönau und Berz dorf bilden. In Altbernsdorf nimmt die Pliessnitz einen neuen Wasserarm auf, die Steinbach, die, aus dem Nordwesten kommend, ein sehr enges Thal durch- fliesst, an dessen kahlen Abhängen sich der Ort Kemnitz erhebt. Kurz vor Schönau wird der Pliessnitz noch die Weissbach zugeführt und nun geht diese Wasserader durch eine weite, von Wiesen bestandene Ebene dahin, von der wohl der in ihr liegende Ort Schönau (schöne, weite Aue) seinen Namen haben wird. Bei Berzdorf führen die weiten Wiesenpläne künstliche Gräben, soge nannte Abschläge, in denen sich die etwaigen Hochwässer der Pliessnitz ver laufen können. Eine kurze Strecke unterhalb Berzdorf verlässt dieser Fluss das Königreich und vereinigt sich zunächst noch mit der Gaule, die, von den Höhen bei Dittersbach kommend, in einem ebenfalls wenig bewaldeten Thale durch die Orte Dittersbach und Kiesdorf a. d. E. der Pliessnitz zuströmt, mit der sie sich gemeinsam bei Nikrisch in die Neisse ergiesst. Die Herrnhut- Görlitzer Chaussee, welche sich eng an den Flusslauf der Pliessnitz anschliesst, besitzt drei grössere, massive Brückenbauten, die sie über den vielfach gewun denen Flussarm hinwegführt. Bei Rennersdorf ist auf hohem Damme eine granitne Brücke aufgeführt und in Bernstadt wird durch zwei steinerne Brücken der südliche Bogen des Flussarmes durch die Chaussee vermieden. Zahlreiche kleinere Brücken und Stege verbinden die Gehöfte der an beiden Ufern dieses Flusses gelegenen Ortschaften. Ein vierter bedeutenderer Wasserarm der Lausitz, der ebenfalls der Wetterscheide des Kottmar angehört, ist das nach Norden abfliessende Löbauer Wasser. Seine Quellen greifen jedoch nicht herein in ein Gebiet grössten Regenreichthums an jenem Tage; sie lagen, geschützt durch den Kottmar, im Momente des Anpralls des Wirbels an dem südwestlichen Theile dieser Fels kuppe gleichsam im Regensehatten. Wenn nun auch die Bewohner dieses Flussthaies ein ungewöhnliches Ansteigen des Wassers bemerken konnten, so war doch hier durch das Austreten des Flusses Leben und Eigenthum der Bewohner nicht gefährdet. Es werden uns deshalb die Vorgänge in diesem Thale während der Nacht zum 18. Mai nicht beschäftigen. Von den Zu flüssen des Löbauer Wassers hat nur der durch Dürrhennersdorf führende Dorfbach gefahrbringende Wassermassen geführt und wahrscheinlich auch mehr durch die Enge des Thaies, durch welches sich die Wässer bei Dürrhennersdorf hindurch winden. Beide Seiten dieses Thaies werden hier durch mehrere schroffe, in die Bergspitzen des Hutberges (422 m) einerseits und die des Seidelsberges (425 m) und des Kuhberges (434 m) andererseits ausragende Höhenwände begrenzt, die auf ihrer dem Flussthale zugewandten Seite wenig bewaldet sind. Von den weiteren nach Norden entlaufenden Flüssen haben nun nur noch die Quellen und der Oberlauf der schwarzen Schöps die über dem Kem- nitzer Kessel herabgegangenen Niederschläge aufzunehmen gehabt. Dieselben brachten in den an dem Oberlauf liegenden drei sächsischen Ortschaften Ober-, Mittel- und Niedersohland eine verheerende Hochfluth hervor, deren Folgen sich auf preussisches Gebiet hinüber verbreiteten, wie wir aus Zeitungsnotizen ersehen werden. Nach dieser Skizzirung der Flussverhältnisse unserer südlichen Lausitz wende ich mich nun zu einer Besprechung über den Verlauf des durch die starken Regenfälle erzeugten Hochwassers, indem ich mich dabei streng an die in den Berichten gegebenen Schilderungen halte. Wir haben bei Gelegenheit der Wanderung des Regengebietes gesehen, dass in der 7. Abendstunde die Regenwolken des Depressionscentrums den Süd ostabhang des Kottmar erreichten, den sie indess nicht nach Nordost hin über schritten, sondern, nachdem sie durch die erzeugte Stauung starke Regenmengen über dem an jenem Abhange des Kottmar liegenden Ort Walddorf herabgesehickt hatten, ihre Richtung südlich nach dem Gebirge zu nahmen. Die herabgegangenen Wassermassen ergossen sich natürlich vorwiegend | in die von dieser Seite ablaufenden Wasseradern, in die Spree, den Oderwitzer und den Leutersdorfer Dorfbach und gefährdeten hier bereits die anwohnenden Uferbewohner auf das Höchste. Auch der nach Osten sich wendende Peters bach entführte einen Theil der um Walddorf in so grossem Betrage gefallenen Regenmengen in das Pliessnitzthal, ohne dass jedoch hieraus Gefährdung des Eigenthums den Bewohnern erwachsen wäre. Entschiedenen Schutz bot der Kottmar bei diesem Regenfalle dem Thale des Löbauer Wassers, das nur geringe Mengen von demselben aufnahm. 1. Das Hochwasser der Spree. Der erste Ort, welcher sich an den Ufern des Oberlaufes der Spree erhebt, ist Ebersbach. Hier begann das Hochwasser gegen !/ 2 9 Uhr Abends und endete erst früh gegen 4 Uhr. Die höchsten Wasserstände, welche dabei beobachtet wurden, waren im Oberdorfe 2.5 m und an der Einmündestelle des Dorfwassers in die Spree im Niederdorfe 3.2 m höher als das gewöhnliche Niveau der Wasserfläche. An beiden Stellen waren jedoch eingestürzte Brücken in der Nähe, wodurch vielleicht Stauungen zu dieser ungewöhlichen Höhe beigetragen haben. Der Anstieg des Wassers war be ständig wachsend. Verluste an Menschenleben sind hier nicht zu beklagen. Ein junger Bursche, der während l 1 /^ Stunde durch Anklammern an feste Gegenstände sich über Wasser erhalten hatte, wurde durch die Feuerwehr gerettet. Der angerichtete Schaden an Wegen und Brücken betrug, wie der Bericht besagt, für die Gemeinde 5 — 6000 Mark und war beim Staatsfiscus möglicherweise eben so hoch; auch den Privaten dürfte hier ein Schaden von gleicher Höhe erwachsen sein. Die Fluren sind besonders in südlicher Richtung fest zusammen geschlagen und theilweise verschlemmt. In dem an Ebersbach angrenzenden Oberfriedersdorf begann das Hochwasser gegen 9 Uhr die an der Spree sich hinziehenden Wege zu überfluthen und erhielt dieselben bis gegen 2 Uhr Morgens unter Wasser. Der Anstieg war auch hier ein beständiger und einmaliger. Nach den eingegangenen Angaben soll das Wasser höher gewesen sein, als in den Jahren 1860 und 1880, bis zur Höhe von 2 Ellen (l'/a m) stand es über den Wegen. Die Schäden an Ufern und Wegen des Spreeflusses werden auf 3000 Mark, die an ertrunkenem Kleinvieh, Gebäuden und beweg lichen Gegenständen ebenfalls auf 3000 Mark angegeben. In Spremberg stieg das Hochwasser, dessen Ankunft signalisirt worden war, von 11 Uhr Abends an so rapid, dass es beinahe alle an dem Flusslaufe sich hinziehenden Wege und sogar die hoch gelegene fiskalische Strasse überfluthete; die eigent liche Hochfluth dauerte bis 1 h3om a . m., von da an begann das Niveau wieder langsam zu sinken; am 18. Mai Vormittags 10 Ubr standen aber niedrige Stellen des Weges noch immer unter Wasser. Die Fluth erhob sich bis zu 1.5 m über die genannten Wege; am Eingänge des Dorfes auf südlicher Seite hatten sich bedeutende Vorräthe von Bau- und Brennholz, sowie Bretter an der Brücke angelegt und verursachten starke Stauungen. Thiere und bewegliches Eigen thum hatte man vorzeitig nach höher gelegenen, sicheren Stellen gebracht, so dass hieran wenig Verluste zu beklagen sind. Der Schaden an Wegen, Brücken, Gebäuden und Gärten erreichte aber auch die Höhe von mehreren Tausend Mark; die Fluren sind hier jedoch schon weniger geschädigt worden, da Sprem berg schon ausserhalb des Gebietes stärksten Regens liegt, die Felder also weniger durch den Schlagregen litten. Von hier aus wälzten sich nun die Fluthen fort über Spreedorf nach Taubenheim, wo sie innerhalb derZeit von ’/g 1 Uhr bis x /a 2 Uhr Morgens ebenfalls zu einer Hochwasserkatastrophe führten. Die Höhe des Wassers wird hier verschieden angegeben; es hat Stellen gegeben, wo das Wasser 3 m über dem Uferrande stand. An Wegen, Gebäuden, sowie an den an den Ufern liegenden Wiesen und Feldern sind auch hier noch erhebliche Schäden zu ver zeichnen gewesen. Die höher gelegenen Fluren blieben schadlos. Hinter Tauben heim biegt die Spree rasch nach Norden um und durchfliesst ein sich fortwährend erweiterndes, meist von Wiesen bestandenes Thal. Die Bewohner von Sohland und Petersbach, welche Orte in diesem Thale liegen, haben ihre Gebäude meist etwas westlich entfernt vom Spreeufer aufgeführt, so dass, bei dem ohnehin hier nicht in so auffallend starker Weise fallenden Regen, das Austreten des Spreewassers während der Nachtzeit kaum bemerkt wurde. Noch vor Schirgis- waldo tritt die Spree wieder in ein engeres Thal ein, dessen Sohle etwa 250 m über der Ostsee liegt, während im nahen Osten und Westen steile Höhen