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10 dienen, darzuthun, auf welchem Wege man bei mangelndem Material über Luftdruck und Temperatur sich in den Stand setzen kann, die Bahnen der Minima zu verfolgen resp. zu corrigiren. Es wäre recht verdienstvoll, wenn die Bahnen von Depressionen mit hervorragenden Wettererscheinungen möglichst oft nach dieser Eichtung hin vollkommen bearbeitet würden, in die Wirkung der topographischen Verhältnisse auf die dynamischen Vorgänge in unserer Atmosphäre würde dadurch jedenfalls recht bald klareres Licht geworfen werden. So drängt uns denn auch diese Untersuchung der Bahn des Luftwirbels vom 17. Mai 1887 dahin, die bedingenden Ursachen aufzudecken, welche dem Wirbel diesen eigenthümlichen Weg angewiesen haben, auf welchem wir die Maximalniederschläge von jener Nacht vorfinden. Wie schon öfters erwähnt, trägt die topographische Beschaffenheit der Lausitz hier allein die Schuld. Das Gesetz der zunehmenden Eegenmenge mit der Höhe bei solchen Stationen, die an einer dem Kegenwinde ausgesetzten Gebirgslehne lagern, ist hinreichend bekannt und wird physikalisch durch die vermehrte Aus scheidung von Wasser infolge der Expansion der in höhere Lagen gelan genden Luftmassen des Eegenwindes bedingt. Sicherlich wirkte dieser Vorgang am Tage der Katastrophe bei den isolirten Felske^eln der sächsischen Lausitz mit, an denen sich der ankommende Wirbelwind Staute; immerhin aber kann, auch nach physikalischer Berechnung, die dadurch bedingte erhöhte Ausscheid ung von Wasser nicht so bedeutend sein, dass auf eine Entfernung von 5 Kilometern und bei höchstens 30 m Höhenunterschied (Kemnitz - Bischdorf) die fallenden Kegenmengen solche enorme Verschiedenheiten (mehr als 120 mm) zeigen könnten. Der wesentlichste Grund scheint mir hier vielmehr in einem blosen mechanischen Stauungsvorgange einerseits und in einem Expansionsvor- gange andererseits zu liegen. Ein tiefgehender Wolkenheerd wird, wenn er über ein mit zahlreichen schroffen Bergkegeln besetztes Plateau hinweggetrieben oder gezwungen wird, in eine sich allmählich verengende Thalschlucht herein zuwandern, einmal vor dem Bergkegel oder der Schlucht in der Bewegung gehemmt, er steht länger über einer solchen Gegend, als er bei ungehemmter Bewegung dieselbe mit Kegen überschütten könnte, dann aber auch wird der selbe beim Eintritt in die Schlucht auf einen engeren Kaum zusammengedrängt, es müsste sich dadurch nothwendig dort eine Luftverdichtung bemerklich machen, die natürlich über so nahen Gebieten unmöglich bestehen kann; der Wolken heerd wird jedenfalls gehoben. Die dadurch sich sofort einleitende Bewegung der Luft nach oben, die durch das bei jeder Wolkenbilduug ohnehin labile Gleichgewicht in der Atmosphäre nur befördert wird, sowie die Expansion der nach oben gehobenen, Wasser und Wassordampf haltenden Wolke geben die Bedingung dafür ab, dass die fallenden Kegenmengon hier wesentlich bedeuten dere werden müssen. Die ellipsenförmigen Gebiete stärksten Niederschlages zwischen Kottmar und dem Zittauer Gebirge einerseits und andererseits das südöstlich vor jener Hügelkette gelegene Gebiet, welches, von zahlreichen Bergspitzen besetzt, vom Wolfsberge und dem Rothstein flankirt wird, scheinen mir sprechende Beweise zu sein von der Richtigkeit der Annahme solcher Stauungs - und Expansionsvorgänge. Es schlägt diese Untersuchung zum guten Theil in das Fach der Er mittelung der sogenannten Wetterscheiden, von denen jedo Gegend mehr oder weniger beeinflusst wird, deren richtige Erkenntniss und Würdigung aber offen bar eine grosse Zahl aufmerksamster Beobachtungen erheischt. Hier gerade kann der vorurtheilsfreie Beobachter aus dem Volke durch seine Beobachtungs resultate der Wissenschaft ungemein förderlich sein. In richtiger Erkenntniss des Worthes solcher Mittheilungen haben wir es daher nicht unterlassen, unse ren Berichterstattern die Frage vorzulegen, ob auf den Verlauf des Unwetters der Einfluss irgend welcher Gebirgszüge, sogenannter Wetterscheiden, erkennbar gewesen ist, und wie sich derselbe geäussert hat. Diese Frage ist mit so reichem Material bedacht worden, dass man auf Grund desselben eine umfassendere Arbeit über den Einfluss der Lausitzer Berge auf die Unwetter überhaupt entwerfen könnte. Da wir nun in der topo graphischen Karte unserer Lausitz die geeignetste Grundlage besitzen dürften für das richtige Verständnis aller dieser Mittheilungen, und da dieselben weiter auf das Bestimmteste die Vorgänge an jenem 17. Mai so darlegen, wie ich sie im Voraufgegangenen kurz skizzirt habe, so halte ich es für lohnend, hier diese Frage auf Grund der Mittheilungen unserer Berichterstatter näher zu beleuchten. Ich berühre zunächst den bedeutenden Antheil, den der Kottmar an den Wetterverhältnissen seiner Umgebung überhaupt und besonders am Tage der Katastrophe nach den eingegangenen Meldungen zu besitzen scheint. Aus Löbau schreibt unser Berichterstatter: „Es will mir scheinen, als ob der Kottmarzug, wie schon bei der Katastrophe vom Jahre 1880, bedeut samen Antheil an den gewaltigen Niederschlägen genommen hat. Löbau erhält seine meisten Gewitter aus der Gegend des Kottmar, doch immer so, dass sie rechts oder links an ihm vorübergehen. Am 17. Mai suchten wiederum schwere, tiefgehende Wolkenmassen seinen Rücken zu übersteigen, ohne dass es ihnen ganz gelungen wäre.“ In der That fällt diese Beobachtung vollkommen mit den Erscheinungen des Tages zusammen. Löbau hat thatsächlich bei dem Anprall der Wolken massen an den Kottmar durch denselben Schutz gefunden. Die brechenden Wolken keilten sich ein zwischen dieser Bergmasse und dem Zittauer Gebirge, wobei sie das längs dieser Linie ausgezogene Maximalgebiet des Niederschlags erzeugten mit seinem Kern über Walddorf-Spitzkunnersdorf. Auch aus Kottmarsdorf wird uns bestätigt, dass die aus Süd west auf den Kottmar zu eilenden Wolkenmassen diese Bergkuppe nicht überschritten, so dass die am Fusse des steilen Nordabhanges lagernden Fluren und Gehöfte von Kottmarsdorf geschützt wurden durch die vorlagernden Bergmassen. In dem Berichte heisst es: „Am Kottmar, einer Wasserscheide, hat es nach Ost, Süd und Südwest weit mehr geregnet als nach Nordwest, Nord und Nordost.“ Ganz ebenso fand Oberruppersdorf vor dem anziehenden Unwetter Schutz durch den Kottmar. Das von Westen anziehende Gewitter, heisst es hier, ward längere Zeit vom Kottmar behindert, weiter zu ziehen, es ergoss sich der Regen hinter diesem Berge, z. B. in Ebersbach bei weitem heftiger; der Kottmarberg wird hier allgemein als Wetterscheide angenommen. Auch in der schon genannten verdienstvollen Zusammenstellung der Vor gänge vom 14. Juni 1880 durch den Schuldirector P. Kraschwitz wird dieses gewaltigen Einflusses gedacht, welchen die Berge der Lausitz auf die Witterung haben. „Ernst und hoch — beginnt die Arbeit — in zwei unbedeutende Spitzen ausragond, thront als eine vorgeschobene Warte des Lausitzer Gebirges der Kottmar (583 m hoch) etwa 2 Meilen nördlich vom Hauptgipfel des Gebirges, der 792 m hohen Lausche. Allen Lausitzern ist der Kottmar bekannt als eine bedeutsame Wasser- und Wetterscheide. Seit Jahrhunderten gilt es allen Umwohnern als ein sicheres Zeichen herannahenden Regenwetters, wenn er seinen waldigen Gipfel in eine Nebelkappe hüllt.“ In demselben Werke heisst es wei ter pag. 136: „Allgemein hat es Erstaunen erregt, dass nun schon zum dritten Male der 14. Juni (1666, 1804 und 1880) der südöstlichen Oberlausitz Was- sersnoth bereitete. Jedenfalls ist damit ein bedeutsamer Fingerzeig gegeben. Die Bodenverhältnisse dieses Landestheiles sind eben derart, dass an den hohen Gebirgswällen, die denselben im Süden und Westen umrahmen, im Sommer mit Gewitterneigung sich die Wolken anlehnen und stossen, so dass deren Entladungen erfolgen müssen, unter denen alsdann die Niederung zu leiden hat, zu welcher die Gebirgswässer abströmen. Vollkommen übereinstimmend charakterisiren ferner nicht weniger als drei Berichte aus Reichenau den Einfluss des Zittauer Berglandes und des nahen, sich im Osten auf diesen Gebirgszug ansetzenden Isergebirges auf das Unwetter. Hier wurde, wie wir sahen, der Wirbel gezwungen, nach Norden umzuwenden und seinen Weg über die Hochlandskette zu nehmen, welche das Pliessnitzthal in sich trägt. „Dass das böhmische Gebirge (Isergebirge),“ heisst es in einem ersten Be richte, „einen Einfluss auf den Verlauf des Unwetters gehabt hat, ist nicht zu verkennen, da die Wolken über die Berge nicht fortkonnten, sondern sich in j dem vorliegenden Thale ansammelten.“ In einem weiteren Berichte wird gesagt: | „Dass das böhmische Gebirge auf das Unwetter Einfluss ausgeübt hat, ist an nehmbar; es schien, als könnten die Wolken nicht fort, welche über dem Thale hinlagerten und sich nun hier zusammenhäuften.“ Ein dritter Berichterstatter i desselben Ortes theilte uns mit: „Wir haben hier eine bedeutende Wetter-