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7 0 mm gefallen sind. Des Weiteren liegen uns Meldungen vor aus Schirgis- walde; ein vorher leerer Topf fand sich hier am Morgen des 18. Mai 60 mm hoch mit Wasser angefüllt; in Blösa wird von dem Berichterstatter die Höhe des gefallenen Regens auf 30 mm angegeben. In Lubachau fand sich eine während des Unwetters im Freien stehende Wanne 1 Zoll = 27.1 mm hoch mit Wasser angefüllt. In Luppa will man 80 mm (?) Regen gemessen haben. Aus Lüttow itz liegt eine oberflächliche Messung vor, die die Regen höhe auf 30—35 mm normirt. In Niederkaina wird der Regen auf 25—30 mm geschätzt. Schon diese Zahlen, die sämmtlich aus Orten der Amtshaupt mannschaft Bautzen stammen, deuten durchaus nicht auf hervorragende Er scheinungen hin. Bei weitem höher stellen sich aber die Messungen heraus, die von Orten der Amtshauptmannschaften Löbau und Zittau herrühren. In Bern stadt stand in einem freien Gehöft ein leerer, eiserner Topf ohne ausge bogenem Rande, 19 cm weit und 20 cm hoch, derselbe war am Morgen des 18. Mai über die Hälfte mit Regenwasser gefüllt, es wird sich also mit Be stimmtheit annehmen lassen, dass hier gegen 120 mm Regen gefallen sein müssen. Weiter wird aus Walddorf gemeldet: Ein leeres Gefäss, welches in einem Garten vom Mittag 12 Uhr des 17. Mai bis zum 18. früh 7 Uhr gestanden hatte und 12 cm hoch war, war vollständig gefüllt, so dass es möglicherweise schon geraume Zeit übergelaufen ist. Jedenfalls sind also auch hier über 120 mm gefallen. Aus dem Orte Kemnitz, wo allerdings die Nach richten über die Begleiterscheinungen den Niedergang exorbitanter Regenmengen vermuthen lassen, liegt uns die Meldung vor: „Von 1 /a 11 — 1 /a 1 Uhr fand ein Wolkenbruch statt, darnach regnete es schwach. Ein ausgestellter Futter- trog war 14 cm. ein Fass 16 cm hoch mit Wasser angefüllt." Diese hinrei chend exacten Messungen an zwei ganz nahen Punkten beweisen, in welch’ gewaltigen Mengen das Wasser herabgeströmt sein muss, um diese Verschie denheit von 20 mm an so nahen Punkten zu erzeugen. In Mittelherwigs dorf fand man in einem vorher leeren Fasse 5 cm Wasserhöhe vor; in Ober ullersdorf endlich (dicht an der böhmischen Grenze) stand in einem frei stehenden Gefässe nach 2 J /2 stündigem, ununterbrochen starkem Regen das Wasser 10 cm hoch. Ich habe nun diese Zahlen gemeinsam mit denen unserer Regenstationen zu einem Vertheilungsbilde des Regenfalles über der südlichen Lausitz benutzt. Es findet sich dasselbe auf Tafel V punktirt eingezeichnet. Hierbei zeigen sich 3 Gebiete mit hervorragend starkem Regen; das erste in südsüdwestlicher Richtung vom Kottmar, ein zweites vor dem Zittauer Gebirge und das dritte — jedenfalls das stärkste — über dem mittleren Pliessnitzthale. Ueber allen 3 Gebieten haben die Messungen des Regens 100 mm erreicht oder über schritten. Wir werden bei Gelegenheit einer umfassenderen Uebersicht der stärksten Regenfälle in Sachsen sehen, dass derartig ergiebige Regenstürze, so weit uns darüber exacte Messungen zu Gebote stehen, ihres Gleichen noch nicht haben. Ein Gebiet relativ geringen Regens keilt sich gleichsam ein zwischen den Kottmar und den Rothstein und ragt zungenförmig herab bis an die Grosshennersdorfer Berge, das Königsholz und die Waldkuppe. Auch dieses Bild giebt uns ein weiteres Mittel an die Hand, die Bahn des Wirbels zu verfolgen, der zu jenem verheerenden Regenfalle Anlass gege ben hat. Nach den schon früher angedeuteten Resultaten wird dieselbe gewon nen, wenn man die Axe des stärksten Regenfalles construirt. Nach den Er mittelungen des zeitlichen Verlaufes der Regenfälle nimmt hiernach diese Axe ihren Anfang vor dem Kottmar, bewegt sich südsüdöstlich dem Zittauer Gebirge zu und wendet sich von hier aus nördlich nach dem mittleren Pliessnitzthale, wo sie nach den nur aus Sachsen eingegangenen Meldungen sich nicht weiter auf preussisches Gebiet verfolgen lässt. Jedenfalls also wird das vom Erzge- birgsstocke her sich nahende Wolkencentrum im Südwesten die Bergmassen des Kottmar getroffen haben, die sich seiner weiteren nach Nordost gerichteten Bewegung entgegengestellten; der dasselbe erzeugende Luftwirbel wird als dann nach dem Zittauer Gebirge herabgeschritten sein, wo sich, in richtiger, zeitlicher Folge, ein neues Maximalgebiet des Niederschlages bildete; durch dieses neue Hinderniss ist der Wirbel gezwungen worden, die eingeschlagene Richtung erneut zu ändern, von hier aus wendet sich sein Weg nach Norden, seine Wolkenmassen werden durch das mit zahlreichen Bergkuppen besetzte Hochplateau nördlich vom Pliessnitzthale getrieben, vor dem sie noch einmal Verheeren bringende Regenmassen herabschickten. Somit haben 3 verschiedene Wege in ein und derselben Weise die Bahn des Depressionsgebietes über die Lausitz festgelegt. Sie folgte in gleicher Weise aus der Wanderung des Regengebietes, wie aus den Gebieten wolken bruchartigen Regens und dem Vertheilungsbilde der Regenmengen. Ich habe nun weiter auf Tafel IV unter Zuhilfenahme der Messungen an allen Regen stationen Sachsens, denen der Königreiche Böhmen und Bayern, soweit hiervon tägliche Werthe in ihren Publikationen *) ersichtlich waren, die ganze Regen- vertheilung von dem südlichen Schauplatze der ganzen Wirkungsphäre des Depressionscentrums entworfen, und glaube damit ein höchst instructives Bild für die Erklärung der Vorgänge über unserer Lausitz gegeben zu haben, aus welchem besonders die Bahn des aus dem Süden gegen Sachsen vorwandernden Depressionscentrums klar ersichtlich wird. Dass die topographischen Verhält nisse der Gebiete, über welche der Wirbel fortwanderte, nicht nur in unserer Lausitz massgebend für seine Bahn wurden, zeigt schon das Maximalgebiet über dem Brdy-Wald, dessen zahlreiche Bergkuppen, der Tremschinberg 822 m, Bray-Berg 840 m und der Tockberg 853 m den Kessel des böhmischen Tief landes weit überragen. Hier ist offenbar die erst nördliche Richtung der Depression nach Nordost, das ist die Streiflinie des Gebirgsrückens, abgelenkt worden; denn es lagert in dieser Richtung ein zweites Maximalgebiet des Nie derschlags. Von da aus aber wird, der Axe der stärksten Niederschläge folgend, die Depression gegen das böhmische Mittelgebirge und die Ostausläufe des Erz gebirges fortgerückt sein, von wo aus es wiederum gegen die westliche Lausitz fortging, um von hier aus den mehrfach beschriebenen Weg zu verfolgen. Der nördliche Theil der Bahn, der sich durch Schlesien, Posen und Pommern über die Ostsee erstreckt, konnte nicht auf Grund dieser Methode untersucht werden, es fehlten ausführlichere Publikationen über die dort gefallenen Regenmengen. Jedenfalls erhärtet aber diese Untersuchung von Neuem die Richtigkeit der Behauptung, welche ich im Jahrbuche 1886 **) ausgesprochen habe, dass die Regenvertlieilung ein ausgezeichnetes Hilfsmittel sein kann für die Verfolgung der Bahn eines Wirbels. Sie zeigt ferner, wie die Bahnen der Minima, die man meist auf Grund von gleichzeitigen, dreimaligen (8h, 2h, 8h) Beob achtungen an einem Tage verfolgt, auf Grund ähnlicher Untersuchungen die eigenthümlichsten, durch Terrainverhältnisse und wahrscheinlich auch durch die Culturarbeiten der Bevölkerung bedingte Modificationen erfahren können. In den Monatsberichten der deutschen Seewarte ***) werden solche Bahnen bereits seit dem Jahre 1876 auf Grund von dreimaligen Beobachtungen über Luftdruck und Temperatur an den Hauptstationen von nahezu ganz Europa und aus den Schiffsjournalen über dem nordatlantischen Ozean für jeden Monat auf das Sorgfältigste entworfen. Die Karte vom Mai 1887 zeigt aber nur die Ent stehung eines Wirbels am 16. Morgens vor den transsylvanischen Alpen, dessen Centrum am Abend unter zunehmender Vertiefung am Wienerwald steht und von da aus durch das böhmische Tiefland nach der Lausitz vor dringt; am 17. Abends wird sein Centrum nach der meldenden Station Bres lau verlegt, am 18. früh schon lagert es an der Ostseeküste. Schon der geringe Weg, den das Centrum vom 17. früh bis zum 17. Abends zurücklegt, es wandert — soweit die Meldungen hierüber einen Schluss zulassen — von der Station Prag nach Breslau, giebt, verglichen mit den Strecken, welche vorher und nachher zurückgelegt wurden, zu dem Schlüsse Veranlassung, dass auf dieser Strecke der Wirbel wahrscheinlich Hemmungen erfahren haben wird, durch welche seine Bahn eigenthümlichen Modificationen unterworfen gewesen sein wird. Es würde natürlich die Arbeitskraft eines Einzelnen bei Weitem übersteigen, wenn man alle diese Krümmungen und Windungen der Bahn des Wirbelcentrums durch Untersuchungen von der vorangegangenen Form festzustellen versuchen wollte, es möge aber diese Monographie dazu *) Resultate der ombrometrisehen Beobachtungen in Böhmen während des Jahres 1887. II. Reihe. 3. Band. Zusammengestellt von Prof. Dr. Studnicka. **) cf Jahrbuch des König! sächs. meteorol. Institutes. III. Abth. pag. 125. ***) Monatsberichte der deutschen Seewarte seit 1876 herausgegeben von der Direktion.