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7474 vvqenblau f. d. Dlschn- LuchhanbeU Mchtamüicher Teil. 440, IS. Juni IS1L. bestens SO von 100 Fällen die Zahl der vorher bestimmten Rezensionsexemplare weit überschritten. Daß auch beim Versenden der Auflage Exemplare verloren gehen oder desekt, d. h. unverkäuflich werden und auch eigentlich vom Druck überschuß gedeckt werden müßten, will ich nur nebenbei er wähnen, der von Barsortimentern und anderen Beziehern nachverlangten Defektbogen gar nicht zu gedenken. Eine weitere Ursache ist auch die, daß Papieranfertigungen häufig zu knapp ausfallen, so daß auch Drucker und Buchbinder selbst bei größter Sorgfalt die Auflage nicht vollzählig ab liefern können. Der Verlag basiert aber seine Kalkulation auf der Einnahme für die volle Auflage. Wie steht es z. B. mit dem Abzählen großer Auslagen umfangreicher Werke, soweit diese zum Teil in rohen Be ständen lagern? Der Verleger wird wohl in den seltensten Fällen in der Lage sein, diese Riesenbestände roher Bogen nachzählen zu lassen, sondern muß sich mit Stichproben be gnügen und sich im übrigen auf die Ehrlichkeit des Buch druckers und auf das von ihm gelieferte Papierquantum verlassen. Jahrelang werden oft von den rohen Beständen bestimmte Mengen zum Broschieren oder Binden ent- nommen, und zum Schluß kommt man erst dahinter, daß infolge Verzählungen oder dergleichen die Auflage nicht vollständig ist. Wer entschädigt den Verleger dafür? Beim Buchdrucker oder Buchbinder kann er mit Erfolg eigentlich nur innerhalb acht Tagen nach Ablieferung reklamieren, und ein kleines Manko wird überhaupt nicht beachtet, weil cs absolut nicht immer zu umgehen ist, denn man arbeitet mit Menschen, die nicht unfehlbar sind. Bei den vielen Per sonen, die mit der Herstellung eines Buches zu tun haben, ist es fast nie möglich, den Urheber des Versehens zu er mitteln. Wenn auch heutzutage durch die an den Maschinen angebrachten Zählapparate derartige Fehllieserungen beim Drucker gegen früher sehr vermindert sind, so find sie trotzdem noch vorhanden und kommen fast bei jedem Wecke vor, so sehr man sich auch durch größte Aufmerksamkeit bei der Abnahme davor zu schützen sucht. Das sind alles Vor gänge in der Praxis, die von tausend Zufälligkeiten abhängen und natürlich dem Autor meist böhmische Dörfer sind, für die er in seiner Weisheit wohl alle möglichen schönen Redensarten und Heilmittelchen in petto hat, die aber in der Praxis eben nicht durchführbar sind und graue Theorien bleiben. Es ist daher meine Ansicht, daß man den Verlust für unnötig versandte Rezensionsexemplare nicht nur nach dem Herstellungspreise einzuschätzen hat, wohlüberlegt und nicht so ohne weiteres als falsch zu bezeichnen. Was den noch ferner als bedenklich bezeichneten Vor schlag von mir, diejenigen Redaktionen namhaft zu machen, die trotz Reklamation nicht reagieren, anbetrifft, so kann ich der Ausführung des Kritikers nicht beipflichten, wenn cs vielleicht auch angebracht wäre, anstatt der breiteren Öffent- lichkeir des Börsenblattes die gleichfalls von mir vorge schlagenen, nur den Verlegern allein zugänglichen Mitteilungen des Verlegeroereins zu wählen. Es ist eine Pflicht des An standes, daß berechtigte Reklamationen wegen zur Besprechung bestellter, aber nicht besprochener Bücher auch beantwortet werden, wie es auch eine Pflicht ist, bestellte Bücher zu be zahlen. Und wer eben solche Anfragen unbeantwortet läßt, verdient es, daß man ihn öffentlich nennt und dadurch an seine Pflicht mahnt. Er kann sich ja davor schützen, indem er sie erfüllt. Die Anzeigen könnten vorläufig ohne Angabe der reklamierenden Firma im Namen des Verlegervereins, dem zuvor die Unterlagen für die Anklage zu unterbreiten wären, gemacht werden. Zu Unrecht geschehene Reklamationen müßten natürlich zurückgezogen werden. Es ist im Grunde nichts anderes, als mit der Kreditliste des Verlegervereins und der schwarzen Liste der Kreditvereinc, bei der es sich doch um viel ein schneidendere Dinge handelt und die, alljährlich ausgestellt, wohl kein Interessent missen möchte. Warum also hier ernstliche Zwistigkeiten entstehen sollten, kann ich mir nicht denken. Zumeist wird dem Verleger, der ohne jede Antwort bleibt, ohnehin nicht viel daran gelegen sein, daß ein sogenanntes »gutes Verhältnis» wciterbesteht, das sich von seiten der Redaktion nur in Nichtbeachtung von Reklamationen und Verschlucken von Rezensionsexemplaren äußert. Wie aber sonst ohne ge wisse Zwangsmaßregeln eine -korrektere Ausgestaltung des Verhältnisses zwischen dem einzelnen Verleger und der einzelnen Redaktion» erreicht werden soll, ist mir sehr schleierhaft, ich glaube nicht recht daran. Dazu sind die meisten Menschen viel zu gleichgültig! Den Vorschlag des Referenten vom Schutz verein, Neuheiten der Redaktion anzuzeigen und Bestellkarten beizulegen, befolge ich bereits, wie dies auch in meinem Auf satz erwähnt ist. Wenn ich dadurch auch erreichte, daß fast nur »verlangte« Bücher, wenigstens bei wertvolleren Werken, zur Rezension versandt werden, so ist das Resultat aber doch noch so, wie die veröffentlichte Statistik in Nr. 96 zeigt. Wenn ich aber stets gleich die Angelegenheit dem Rechtsanwalt übergeben soll, dann ist das Tischtuch aus einmal entzwei geschnitten und eine friedliche Lösung so gut wie ausgeschlossen. Da ist denn doch mein Vorschlag entschieden vorzuziehen. Er wirkt er zieherisch, und wenn erst einmal die Überzeugung der Verpflich tung zur Besprechung verlangter Bücher allgemein durch gedrungen ist, dann werden sich die Nennungen rücksichtsloser Firmen von selbst vermindern. Ich bedaure, daß von verlegerischer Seite nicht schon auf den Artikel eingegangen ist. Nur durch Beleuchtung des Für und Wider und durch Gegenvorschläge kann der Sache gedient werden. Ich steife mich durchaus nicht aus meinen Vorschlag und bin jederzeit der Belehrung zugänglich. Ich will nur mithelfen, die gegenwärtig unhaltbaren Zustände zu beseitigen oder zu mildern. Von diesem Gesichtspunkte ist auch die Kritik des Organs des Schutzvercins nur zu be grüßen. Verleger, Auroren und Redaktionen und Rezensenten haben fast das gleiche Interesse daran, daß etwas in dieser Sache geschieht. Während sich der vorstehende Aufsatz im Satz befand, war meinem Wunsche, daß auch von anderer Seite das Thema noch beleuchtet werden möchte, durch einen Aitikel des Herrn G. Hölscher in Nr. 128 d. Bbl. entsprochen worden, und ich komme der Aufforderung der Redaktion gern nach, mich auch dazu zu äußern. Mit Herrn H. glaube ich allerdings auch, daß bei der Flut von Neuerscheinungen der Verleger sich nicht immer darauf beschränken kann, nur das verlangte Werk zur Besprechung zu versenden, sondern er wird sehr häufig auch unverlangt mit dem Risiko versenden müssen, daß das Buch nur in einigen von den vielen ausgesandtcn Exemplaren besprochen wird.*) Er wird das meist schon bei weniger wertvollen Werken tun, wo er vorsichtshalber noch einen Waschzettel beifügt in der Erwartung, daß das eine oder andere Blatt aus Bequemlichkeit den Zettel mit ab druckt. In solchen Fällen wird auch der Verleger schon zu frieden sein, wenn nur der Titel zum Abdruck kommt. Bei wertvollen und teuren Werken liegt aber doch die Sache anders. Hier wird der Verleger sehr häufig die Beobachtung machen, daß das Buch öfter zur Rezension verlangt wird. Daß auch bei unverlangten Büchern eine Rücksendung auf Kosten des Verlegers im Richtbesprechungssalle wünschenswert wäre, habe ich in meinem ersten Artikel bereits gesagt. Erst aber wollen wir das mal bei bestellten Büchern aus gütlichem Wege, indem jeder nur dem Gebote des geschäftlichen Anstandes folgt, zu erreichen suchen.