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Aus Görlitz, welches trotz des Bombardements vom Jahre 1641 unter allen oberlausitzischen Sechsstädten durch große Brände verhältnißmäßig am wenigsten zu leiden gehabt hat, haben wir durch gütige Beihülfe ortskundiger Herren die größte Anzahl von Haus- und Firmenmarken beibringen können. Nur zwei derselben reichen bis in das 15. Jahrhundert zurück; alle sind bereits begleitet von Namens-Buchstaben oder bestehen überhaupt nur aus ver schlungenen Buchstaben. Von mehreren haben sich die vollständigen Namen der betreffenden einstigen Hausbesitzer ermitteln lassen. Schwierig war die strenge Unterscheidung zwischen den Hausmarken und den zahlreich noch vor handenen Zeichen der Steinmetze und Baumeister; auch die letzteren setzten bereits ihre Anfangsbuchstaben neben ihre Zeichen. Von den vielen uns grade aus Görlitz freundlich mitgetheilten Zeichen aller Art haben wir nur die jenigen ausgenommen, die wir sicher für Hausmarken oder für aus solchen hervorgegangene Firmenmarken halten durften. No. 5. Die älteste jedenfalls ist die des bekannten reichen Kauf- und Handelsherrn Georg Emerich (gestorben 1507). Sie findet sich zwar nicht mehr an einem der einst ihm gehörigen Häuser; wohl aber war sie in der Mitte seines Leichensteines eingegraben, eingeschloffen von einer Art viereckigem Rahmen und rings umgeben von der lateinischen Grabinschrift. Auch dieser Leichenstein ist gegenwärtig nicht mehr vorhanden; aber Inschrift und Marke sind verzeichnet bei Hoffmann, Leriptores i vr. Imsut. I. 2. 17, letztere neuer dings wieder abgebildet von Or. Jecht in seinen „Urkundlichen Nachrichten über Georg Emerich" (N. Laus. Mag. l^XVIII. 139 ffg. (1892). Sie zeigt, wie im 15. Jahrhundert aus der alten, längst zu dem Hause gehörigen Haus marke die kaufmännische Firmenmarke oft gebildet wurde. Emerich ließ die Haus marke unverändert und setzte nur rechts und links derselben die zwei ersten Buchstaben seines Familiennamens, das 6 als Minuskel, das N als Majuskel, an den senkrechten Strich der Hausmarke hinzu. Mit dieser Firmenmarke signirte er nun seine Maaren. Charakteristisch ist, daß. obgleich er und seine zahlreichen Verwandten in Schlesien, Böhmen, Polen ein gemeinsames Familien wappen führten, „von Farben schwarz und gelb mit einem Stechhelm, im schwarzen Schilde eine Sirene, halb Mensch und halb Fisch, mit ausgestreckten Armen, aufgethanen Händen und langen, herabhängenden Haaren, oben auf dem Stechhelm auch eine Sirene, allermaßen gestaltet wie die im Schilde" ^), aus dem erwähnten Leichensteine nicht sein Wappen, sondern lediglich seine Firmenmarke angebracht war. No. 6. An der von dem reichen Hans Frenzel (gestorben 1526) in den Jahren 1506—1512 erbauten Annenkapelle ist unter der auf einer Säule stehenden Statue der heiligen Anna, sowie an dem östlichen Gewölbe schlußstein und an einem Kragsteine des Chors die Firmenmarke des Stifters nebst den Anfangsbuchstaben seines Vor- und Familiennamens angebracht?) Die Marke selbst scheint bloß aus dem Monogramm des Namens zu bestehen, 1) Abgebildet bei Jecht, a. a. O. Tafel III, No. I, und bei Fritsch, „Alte Gör- litzer Geschlechter" 1891, Tafel II. 2) Vergl. Lutsch, „Die Kunstdenkmäler des.Regierungsbezirks Liegnitz." 1891, S. 668