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29», 17, Dezember 1912, Nichtamtlicher Teil, »»rUndlaU I, d, Dtlchn, v»»h»nd-l. 16091 buchhändlerischer Seite weist Herr Egon Fleische! sehr richtig darauf hin, daß man unterscheiden müsse zwischen Zeitungen, die in erster Linie von Männern, und Zeitschriften, die in erster Linie von Frauen ge lesen werden; für die Lektüre belletristischer Bücher kämen in erster Linie die Frauen in Betracht, Er kommt am Schluß seiner Ausführungen zu dem Resultat, daß man die Zeitung (im weitesten Sinne) nicht als Feind des Buches bezeichnen kann, Herr Kommerzienrat Georg Stille, der in seiner Doppeleigenschaft als Buch- und Zeitschriftenhänbler be sonders kompetent erscheint, schreibt: »Die Zeitung fördert das Buch durch die Kritiken, die sie über Neuerscheinungen veröffentlicht. Ja, man kann von einer Förderung selbst dann sprechen, wenn die Kritik ungünstig ist. Der Name des Autors wird jedensalls genannt und dadurch bekannt. Die Romane, die von den Zeitungen gebracht werden, wirken ebenfalls nicht schädlich auf den Absatz eines Buches ein. Dagegen sind die vielen billigen Wochenschriften, die häufig noch mit vielen Bildern versehen sind, entschieden Feinde des Buches,« In ähnlicher Weise äußern sich auch die Schriftsteller, die in dieser Frage das Wort ergreifen. Die neueste Berliner Verlagstdee, abgeschlossene Romane in Zeitungsform zu bringen, wird in einem witzigen Feuille ton der »Frankfurter Zeitung« persifliert, übrigens muß die Idee doch einschlagen, denn die »Biz« (Bücher in Zeitungs form) haben in der »Berliner Roman-Zeitung« schon nach wenigen Wochen einen Konkurrenten gefunden, »Das Sprungbrett«, die von mir vor einiger Zeit hier charakterisierte Vereinigung junger Schriftsteller, ver sendet die erste Nummer einer eigenen Zeitschrift, Die etwas polemische Art, in der in einem Feuilleton der Sortiments buchhandel bewitzelt wurde, ist schon von der Redaktion des Bbl, charakterisiert worden. Im übrigen enthält das Blatt manche interessierende Angabe, nur die Rubrik, in der die ver schiedenen »Patronatsmitglieüer« dem neuen Verein ihre Hul digung darbringen, könnte in Zukunft ruhig in Wegfall kommen. Ein halbes Jahrhundert ist in diesen Tagen vergangen, seit der Berliner Verleger Otto Janke sich entschloß, zunächst unter dem Titel »Deutsche Wochenschrift« eine Zeit schrift zu gründen, die sich in erster Linie der Pflege des Romans widmen sollte, Janke hatte in jener Zeit auf dem Gebiet des Zeitschriftenverlags schon einige Erfahrungen ge sammelt, 1851 kaufte er das Verlagsrecht des »Berliner Modcnspiegels« und gründete die »Berliner Muster- und Modenzeitung«, die später den Titel »Viktoria« erhielt und lange Zeit eine der bekanntesten und verbreitetsten Zeitschrif ten ihrer Art geblieben ist, 1856 gab er im Verein mit Hübner- Trams und Rudolf Löwenstein, der durch feine schönen Kin derlieber noch heute unvergessen ist, die Jugendzcitung »Puck« heraus. Der Absatz war ganz bedeutend, aber wie Otto Janke sich selbst darüber äußerte, mußte das Weitererscheinen deshalb unterbleiben, weil die großen Herstellungskosten, Mühen und Zeitverluste in keinem Verhältnis zum Ertrage standen. Schon nach drei Jahren ließ er den »Puck« ein- gehen und veräußerte auch die »Viktoria« käuflich, um sich ganz dem Buchverlag zu widmen, der ihm in kurzer Zeit un bestritten den ersten Platz unter den damaligen deutschen Ro manverlegern einbrachte. Unter diesen Umständen war der Gedanke, seine vielfachen Beziehungen zu deutschen Roman ciers einer Zeitschrift nutzbar zu machen, nicht gar so fern liegend, Friedrich Spielhagen, dessen »Proble matische Naturen« damals im Jankeschen Buchverlag erschienen, äußerte sich über den Plan sehr enthusiastisch, ja i er übernahm, wenn auch nur für kürzere Zeit, die Redaktion, Nach seinem Rücktritt führte Janke die Redaktion zunächst län gere Zeit selbständig, er nannte die Zeitschrift jetzt »R oman- Zeitung«, und nachdem der Versuch, sie als Monatsschrift herauszugeben, sich nicht bewährt hatte, gewann sie nun als Wochenschrift ihre definitive Form, In jene Tage fällt die Geschäftsanknüpfung mit einem Autor, dessen Werke dem Buch verlage wie der Zeitung gleichmäßig zur Ehre gereichen: W i l h e l in R a a b e. Sein »H u n g e rp a st o r« erschien im Jahre 1864 in der Roman-Zeitung, die dann im Laufe der Jahre noch manches Meisterwerk aus Raabes Feder brachte. Der Hauptteil des Blattes brachte in jener Zeit regel mäßig die Fortsetzung zweier längeren Romane, Daneben bildete sich allmählich ein Beiblatt für Lyrik, Feuilleton usw, heraus, dessen Redaktion zunächst Ludwig Habicht und nach ihm Robert Sch Weiche! übernahmen; beide lieferten der Zeitung auch Romane, Einen gewissen Abschnitt bezeichnete die Redaktionsübernahme durch den bekannten So« zialethiker OttovonLeixner im Jahre 1883, der sich namentlich durch die Förderung jüngerer lyrischer Talente verdient gemacht hat. Ihm zur Seite trat allmählich vr, Erich Janke, der Enkel des Begründers, der seit Leixners Tode im Jahre 1907 als alleiniger Herausgeber zeichnet. In einer formvollendeten Rede hat vr, Erich Janke bei der Jubelfeier sein literarisches Programm entwickelt. Er lehnt es ab, das Redaktionsschiff den gefährlichen literarischen Ta gesströmungen auszusctzen, aber ebensowenig will er durch starres Festhalten am Hergebrachten die Zeitschrift der Gefahr des Veraltens anssetzen. Ein Programm des organischen Fortschritts, das — so scheint es mir — auch für das nächste halbe Jahrhundert die Gesundheit der Zeitschrift verspricht. Der Verlag der Zeitschrift hat zum Jubiläum eine hübsche Festschrift herausgegeben, der auch die obigen historischen Da ten entnommen sind. Die sorgfältig zusammengeslellte Mit arbeiterlabelle weist neben den Namen der beliebtesten Tages schriftsteller Dichter wie — Spielhagen und Raabe er wähnte ich schon — Achleitner, Arminius, Bang, Dahn, Louise v, Franpois, Heyse, Fanny Le- wald, Rosegger, Schlaf, Strauß und Torney und Wichcr 1 auf. Auch sonst möchte ich die Lektüre der Fest schrift — die der Verlag meines Wissens gratis zur Ver fügung stellt — jedem Buchhändler empfehlen. In dem alten Janke, dessen Korrespondenz mit mehreren Autoren, namentlich mit Raabe, zum Ausdruck gelangt, lernen wir einen Buchhänd ler von echtem Schrot und Korn kennen. Als sich Raabe ihm gegenüber über die geringe Kulanz seines ersten Verlegers beschwert, schreibt er ihm in seiner Erwiderung ein paar Zeilen, die man gewissermaßen als das geschäftliche Glaubens bekenntnis eines honorigen Verlegers bezeichnen kann: »Ich versiehe, kenne dergleichen nicht. Hier das Manu skript — da das Honorar! In diesem Punkt halte ich aus gewisse Noblesse des Hauses, —' verlege lieber nicht, wenn ich nicht prompt hono rieren kann,« Nicht ohne eine gewisse Rührung betrachtet man den ersten Bestellzettel auf die Zeitschrift, den der pietätvolle Mann unter Glas und Rahmen aufbewahrte. Nun, nachdem im Laufe der Jahre Hunderttauscnde von Zetteln eingingen, findet der erste in der Festschrift seinen gebührenden Ehren platz, Wie ich schon schrieb, enthält die Schrift statistische Ta bellen sämtlicher bisher zum Ausdruck gelangten Romane so wohl nach Jahrgängen, als nach Autoren, als auch nach Schlag wörtern geordnet. Ich glaube, daß speziell dieser Teil für den Sortimenter und Antiquar als Nachschlagewerk dauernden Wert besitzen wird, da er die Möglichkeit gibt, Romane, die in Buchform vergriffen oder nie erschienen sind, doch noch zu 1 besorgen. Mos»