Volltext Seite (XML)
237, 8. Oktober 1924. Redaktioneller Teil. Mit Festigung der Geldverhältnisse ist ein ganz erheblicher Aufschwung des Zeitschriftenhanüels zu verzeichnen. Wir möchten unsere Mitglieder gerade jetzt an die Errichtung von Bestellanstalten für Zeitschriften erinnern, da hierdurch das Maß der Unkosten ganz bedeutend herabgemindert wird. In den Großstädten zieht leider ein Teil des Einzelverkaufs in Unter nehmen wie Cafes, Gastwirtschaften und Hotels ab. Wir wei sen hierbei darauf hin, daß gegen diesen unerwünschten Handel vorzugehen ist. Einmal müssen die Verkäufer nach Z 43 der Gewerbeordnung eine Erlaubnis zum Verkauf von Druckschrif ten haben, zum andern aber ist von den Polizeiverwaltungen zu fordern, daß die in Lokalen befindlichen Verkaufsstellen zu denselben Zeiten geschlossen werden wie die buchhändlerischen Betriebe. Die wirtschaftlichen Verhältnisse des gesamten Verlags buchhandels sind in den Berichten des Deutschen Verlegervec- eins und sonstiger Fachverbände wiederholt eingehend gewür digt worden. Wir haben uns daher die Wiederholung der schon dort gemachten Ausführungen erspart und es bevorzugt, einen kurzen überblick über die Verlagstätigkeit der in unserem Ver bandsbereiche ansässigen Verleger zu geben. Der Sächs.-Thür. Buchhändler-Verband umfaßt insgesamt SS Verlagsfirmen, von denen 5 rein wissenschaftliche und 54 kulturelle, belletristische oder populärwissenschaftliche Verleger sind. Die Gesamtzahl verteilt sich aus 24 Verlagsorte. Im Jahre 1S23 haben unsere Verlegermitglieder einschließlich der Sortimenterverleger, deren Produktion hauptsächlich im Lokalvcrlag bestand, 2156 Neu erscheinungen und Neuauflagen herausgebracht. Wir hoffen, mit diesen Zahlen unseren Mitgliedern einmal ein Bild von der Betriebsamkeit und Bedeutung des sächsisch-thüringischen Verlagsbuchhandels zu geben. Verhehlen wollen wir nicht, daß beim Zusammenstellen obiger Statistik uns oft die Frage kam: Mußte das sein? Wie ja überhaupt in bezug auf die ganze deutsche Verlagstätigkeit es erwünscht wäre, wenn der Verlag das umgekehrte Hexen-Einmal-Eins erlernen möchte: nicht »aus eins mach zehn--, sondern »aus zehn mach eins- oder noch besser und zehn ist keins»! Was die übrigen Sparten des Buchhandels anbetrifst, wie Antiquariat, Reise- und Versand buch Handel, so können mangels eingegangener Berichte keinerlei Ausführun gen gemacht werden. Angezeigt erscheint es aber, bei dieser Ge legenheit des uns ja alle angehenden Kommissionsbuchhandels Erwähnung zu tun. Durch die Inflation völlig vernichtet, be gann etwa von Februar ab neue Kraft den Leipziger Verkehr zu beleben. Abgesehen von der wirtschaftlichen Beruhigung, die nach und nach eintrat, war es vor allem der ernste Wille unserer Kommissionäre, zur Friedensleistung zu kommen. Heute nun wird der Verkehr über den Leipziger Platz wieder für Verlag und Sortiment ermöglicht. Die ganz beträchtlichen Erhöhungen der Post - und Frachtgebühren, insbesondere der Weg sall des Bücherzettels gebieten vorteilhafte Gewichts ausnutzung und Zusammenlegung kleiner Bestellungen, sodaß der Buchhändlerweg wieder der gewiesene scheint. Mit rück haltloser Anerkennung möge festgestellt werden, daß insbeson dere der »empfohlene Verkehr» pünktlich und zuverlässig durch geführt wird. Die ganz außerordentliche Steigerung der Post- überweisungsgebllhren dürfte dazu führen, auch die Zeitschriften wieder wie früher über Leipzig zu beziehen, sodaß auch hier durch der Kommissionsbuchhandel eine beträchtliche Stärkung erfährt. Eng verbunden mit dem Leipziger Verkehr ist die Buch- Händler-Abrechnungs-Genossenschaft. Nachdem die BAG im No vember infolge der Währungskatastrophe so bald nach ihrer Gründung eingegangen war, wurde vom Januar an der Be trieb in neuen Formen und nunmehr unter Mitwirkung der Kommissionäre wieder ausgenommen. Die Vorteile des BAG- Verkehrs sind unbestritten, und wir wünschen, daß dies vorzüg liche Institut zur Ehre seines Gründers und zum Wohle des Gesamtbuchhandels sich durchsetzen möge. Der Sächsisch-Thüringische Buchhändler-Verband dürfte auch im vergangenen Jahre seine Aufgaben im Rahmen des Ge- samübuchhandels erfüllt haben. An den Kantate-Ver sammlungen des Börste »Vereins wie an der Haupt versammlung des Verbandes der Kreis- und Ortsvereine betei ligte sich im Gegensatz zu früheren Jahren eine große Anzahl unserer Mitglieder, die auch dort zu den aufgeworfenen Fragen wiederholt Stellung nahmen. Reden der Wahl des Ersten Vor stehers für den Börsenberein brachten die Ostermeßverhanülun- gen einen Antrag über die »Reorganisation des Bör sen Vereins». Die Angelegenheit wurde einer Kommission zur Beratung überwiesen, und dort wird sie erst noch eingehend erörtert werden müssen, bevor die buchhändlerische Öffentlich keit dazu Stellung nehmen kann. Es ist zu wünschen, daß nach reiflicher Erwägung unserer Spitzenorganisation, dem Börsen verein, eine neue Form gegeben wird, die einmal jede unproduk tive Arbeit bei inneren Angelegenheiten ausschaltet und zum anderen aber eine größere Beweglichkeit in wirtschaftlichen Fra gen ermöglicht. Nicht nur der Wettbewerb der einzelnen Han delszweige unter sich, sondern auch der Ausgleich gesetzlicher oder steuerlicher Härten fordern gebieterisch eine starke und um sichtige Interessenvertretung unseres Standes. Seitens des Bör- senvereins sind bereits seit einiger Zeit wichtige Schritte unter nommen worden, die den Mitgliedern in Dingen der Steuer gesetzgebung Milderung schaffen sollen. Mit gutem Erfolg arbei tet die vom stellvertretenden Syndikus des Börsenvereins Herrn vr. Runge, dem wir an dieser Stelle unseren verbindlichsten Dank für seine Hilfe in Rechtsfragen aussprechen möchten, ge leitete Steuerberatung, die sowohl allgemeine als auch besondere Fälle behandelt. Durch die »Statistische Berichterstat tung», die der Böisenvereins-Vorstand im Börsenblatt vom 13. Juni IS24 einsordert, können die Arbeiten ganz wesentlich erleichtert und notwendige Eingaben besser begründet werden, sodaß wir unsere Mitglieder dringend bitten, sich zahlreich und regelmäßig an der Einsendung des Materials zu beteiligen. Nur wenn jeder einzelne mitwirkt, ist zu erreichen, daß die auf unse ren Betrieben so hart ruhende Steuerlast erleichtert wird. Eine wesentliche Aufgabe der buchhändlerischen Hauptorga nisation erblicken wir auch in Fragen der Berufsbildung. Die sogenannten »Sommerakademien- und sonstigen Zusam menkünfte, die der beruflichen Weiterbildung dienen sollen, haben nicht den erwarteten positiven Erfolg gebracht. Notwendig und durchführbar, vielleicht im Anschluß an die Buchhändler- Lehranstalt, erscheinen kurzfristige Kurse für Chefs und Gehil fen. So wie die alte Wehrmacht ihre Leute zu zwei- bis acht wöchigen Übungen einzog, ebenso könnte doch der Buch handel auch seine Angehörigen zu Übungen, wenn auch freiwil ligen, einberufen. Nicht jedem des buchhändlerischen Nachwuch ses gestatten die Verhältnisse einen Besuch der übrigens ganz vorzüglichen Buchhändler-Lehranstalt. An einem knappen Kur sus aber könnten die meisten teilnehmen, und manches, das infolge der gekürzten Arbeits- und Lehrzeit nicht gegeben wer- den kann, könnte dort gelehrt werden. Neben dem geistigen Wohl unserer Berussgenossen möge uns auch die materielle Seite am Herzen liegen. Wir weisen daher aus eine Förderung des Unterstlltzungsvereins Deutscher Buchhändler und Buchhandlungs-Gehülfen ganz besonders hin, dessen Kasse nicht unerheblich unter der Inflation gelitten hat und nun wieder neu aufgebaut werden muß. Ferner empfehlen wir unseren Mitgliedern aufs neue den Beitritt zur Buch- Händler-Sterbekasse, die in Kürze auch die Mitglied schaft der Ehefrauen freigeben wird. (Inzwischen geschehen.) über die Tätigkeit des Gesamtvorftandes unseres Verban des ist zu berichten, daß am 3. März 1924, gelegentlich der Früh jahrsmesse, eine Vorstandssitzung in Leipzig stattfand. Alle sonstigen Fragen konnten mittels Rundschreibens erledigt wer- den. Die Geschäftsstelle konnte nicht über Arbeitsmangel kla- gen. Es ist Wohl im Berichtsabschnitt kein Tag vergangen, an dem nicht mindestens eine Angelegenheit erledigt werden mußte, sei es im Verkehr mit den übrigen Verbänden, sei es mit Einzel mitgliedern oder in Aufnahmeangelegenheiten. Der Andrang zum Buchhandel hat in unserem Verbands bereiche im Gegensatz zu früheren Jahren etwas nachgelassen. Immerhin haben die mit den Aufnahmegesuchen verbundenen 17öS