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3382 Nichtamtlicher Theil. ckv 170, 23. Juli. Nim, diese beiden Anstände ließen sich auf irgend eine Weise be seitigen, der letztere Anstand sogar mit Leichtigkeit, und ich wieder hole hier, daß wir auf keine andere Art als die der Pauschal zahlung zum Ziele kommen werden. Alle anderen Versuche werden nach meiner Ueberzeugnng nicht dahin gelangen, oder werden wenigstens kein irgendwie nennenswerthes Resultat liefern. Will man nicht darauf cingehen, nun, meine Herren, dann bleibt Ihnen nichts Anderes übrig, als die Institution der Leih bibliotheken wegzuschaffen, und das ist ja auch der eigentliche Kern Ihres „Versuches". Mein Hervortreten in dieser Frage zu Gunsten der Autoren ist vielfach falsch beurtheilt worden. Es wurde einerseits über schätzt, indem man darin allein ein ideales Streben zu erkennen glaubte; andererseits suchte man unter dem Mantel der Humanität, den ich mir, wie man meinte, umgehängt hätte, nach dem Pferdefuß. Die Ersteren hatten nur zum Theil Recht. Auch ich suche Meinen Vortheil in dieser Reform zu finden, indem ich den Vortheil aller Betheiligten einschließlich aller meiner Collegen in meinem Vorschläge gewahrt habe; nur insofern kann mein Bestreben vielleicht ein ideales genannt werden, als ich mir bewußt bin, mir auch unter den erschwerendsten Umständen nicht nur helfen zu können, sondern sicher bin, meine Stellung durch eine Reform, sei sie wie sie wolle, zu verbessern. Dasselbe erwarte ich auch von meinen Collegen, wenigstens von denen, deren Geschäft ein festbegründetes ist. Es herrscht daher auch keine eigentliche Beunruhigung unter den Leih bibliothekaren. Die anonymen Drohbriefe, die Sie erhalten haben, — wodurch wollen Sie constatiren, daß diese wirklich aus unseren Reihen gekommen sind? Hat Ihr Versuch in den Kreisen der Autoren, der Publicisten, des Publicums vielleicht keine Gegner? Sie vermuthen diese natürlich nur bei uns, gegen die Ihr Streben direct gerichtet ist. Doch nun zur Sache: Sie sagen, meine Herren, der Leihbibliothekar übe thatsächlich nur ein Gewohnheitsrecht aus. Das gebe ich zu. Indessen, wird ein Gewohnheits- oder durch Verjährung erworbenes Recht vom Gesetze nicht eben so respectirt und geschützt wie jedes andere? Zahlen wir nicht unsere Steuer, unterliegen wir nicht der Anzeigepflicht, in Oesterreich der Concessionsbewerbung? Unser Geschäftsbetrieb verstößt daher weder gegen Recht und Gesetz, noch begehen wir eine unehrenhafte Handlung, noch ver letzen wir die Moral. Wenn nun ein feiner ausgebildetes Rechtsbewußtsein in intelligenteren Kreisen zu der Erkcnntniß führt, es sei ein Unterschied zu machen zwischen dem Käufer eines Buches zu Privatzweckcn und dem, der dasselbe zu gewerblichen Zwecken erwirbt, so ist es Sache der Betheiligten, diese Erkcnntniß zu einer möglichst allgemeinen zu machen. Die Abhilfe auf gesetzlichem Wege wird dann sicher nicht lange auf sich warten lassen. Haben wir nicht schon viele Reformen auf diesem Gebiete durchgeführt? Aber wenn wir heute den Nachdruck als eine un ehrenhafte, strafbare Handlung ansehen, so haben wir dennoch nicht das Recht, jene als unehrenhafte Leute zu bezeichnen, welche vor Erlaß der Gesetze gegen Nachdruck ein Gewerbe daraus ge macht haben. Darum ist es mindestens verfrüht, unseren Geschäfts betrieb als anrüchig hinzustellen, um ihn beim Publicum zu dis- creditiren. Die Gesetze, die Sie in dem Abdruck des Artikels der „Handels- und Gewerbezeitung" anziehen, reichen für Ihren Fall nicht aus; davon könnte Ihnen Jeder von uns, wenn er wollte, den Beweis liefern, indem er trotz Ihres Verbotes die billigere Ausgabe aufstellte. Wenn wir aber sämmtlich das thun würden, haben Sie den Muth, einige tausend Prozesse zu führen, deren Entscheidung doch mindestens zweifelhaft ist? Sie sagen ferner, daß wir durch unseren Geschäftsbetrieb Schriftsteller und Verleger schädigen. Das ist eine einseitige Behauptung, die des Beweises entbehrt, der auch gar nicht zu führen ist. Dagegen bin ich im Stande, das Gegentheil schlagend zu beweisen, wofür mir nur hier der Raum leider nicht zu Gebote steht. Ihrer Behauptung wird auch von erfahrenen Schriftstellern nicht einmal zugestimmt. Sollte man mich nun fragen, warum ich denn die Berechtigung des Autors zu einer Forderung an den Leihbibliothekar anerkenne, wenn derselbe nach meiner Ueberzeugnng ihm mehr leiste als schade, so erwidere ich, daß ich ebenfalls zu denen gehöre, deren Rechts bewußtsein jenen Unterschied anerkannt hat, und dem es sagt, der Leihbibliothekar habe sich mit seiner bisherigen Gegenleistung mit dem Autor nicht genügend abgefunden. Die Theater leisteten dem Autor vor Einführung der Tantiemen jedenfalls bedeutend mehr, und doch hielt man sie zur Tantiömenzahlung an. Daß der Autor den Prozeß gegen uns endgültig gewinnen wird, steht nach meiner Ueberzeugung außer Frage; das mögen meine Herren Collegen sich gesagt sein lassen und sich darnach richten. Eine feindliche Stellung dagegen einzunehmen, das halte ich für thöricht und von Nachtheil für uns. Bieten wir dagegen in freund schaftlicher Weise die Hand zur Lösung der Frage, so werden wir sicher am besten dabei fahren. Wer so denkt und fühlt, wie ich, für den bedarf es keiner weit hergeholten auf die Spitze gestellten Definition, das Recht des Autors zu beweisen, auf die Sie, meine Herren, sich berufen, indem Sie sagen: „Der Leihbibliothekar handelt mit dem Inhalt des Buches losgelöst vom Exemplar, das sein Eigenthum bleibt; diesen Inhalt aber hat er nicht erworben, dieser Inhalt als Handels artikel ist Eigenthum des Autors und Verlegers." Nun ja, der Inhalt bleibt ihnen zu stets neuen Auflagen, in erster Linie dem Autor, denn der Verleger hat nur soviel Recht daran, als der Autor ihm übertragen. Beide, Autor und Verleger, übertragen einen Theil ihres Rechts an den Leihbibliothekar, indem sie den Inhalt des Buches, nicht ein bloß bedrucktes Papier, ihm angeboten und verkauft und ausdrücklich ersucht haben, diesen In halt des Buches möglichst zu verbreiten. Wenn Sie sich auf hervorragende Juristen berufen, die Ihren obigen Satz „ausgezeichnet klar" befunden haben, so mögen diese doch gefälligst auch angeben, wie man es macht, den Inhalt vom verkauften Buche zu trennen. Man könnte doch wohl auch fragen, ob der Sortimenter nicht auch mit dem Inhalt des Buches handelt; der Unterschied zwischen ihm und uns besteht doch nur darin, daß der Sortimenter den Inhalt stets in einem an deren Exemplar des Buches verkauft, während wir dasselbe Exem plar oftmals ausleihen, und das soll wohl das „Losgelöst vom Exemplar" eigentlich bedeuten. Wenn nun in der Art des Geschäftsbetriebes des Sorti menters und des Leihbibliothekars in dieser Weise ein Unterschied besteht, so besteht auch im Gewinne Beider ein Unterschied. Für den Sortimenter bedarf es keiner Vorauslage, er trägt kein Risico und der einmalige Verkauf eines Exemplars bringt ihm mehr Ge winn, als wir durch das öftere Ausleihen eines Exemplars in Folge der bestehenden zu niedrigen Leihgebühren erzielen können. In vielen Fällen aber tragen wir eben in Folge des Inhaltes, oder wegen des schlechten Papieres Verluste, die den Sortimenter nie treffen können. Daß daher sich die Gegner der Leihbibliotheken