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11754 «vrsenblau 1 v. Dtschn. Suchhunde. Mchtamtlicher Teil. A» 231, 3. Oktober 1312. nicht erst durch die planlose Antischundliteraturbewegung, vielmehr von jeher und kraft unseres Gewissens und der ge nossenen Erziehung bestrebt gewesen sind, der Heranwachsen den Generation nur gute Literatur und sie fördernde Lese stoffe zu vermitteln. Nur die durch die Leipziger Vermit telungsgeschäfte uns aufgedrängten Auch-Buchhändler, die verständnislos mit Büchern handeln, können in ihrem Ge baren den Volksschullehrern eine scheinbare Entschuldigung ^ für ihre Mißachtung des ganzen Buchhandels bieten. Unser Kreisverein, in allen seinen Phasen auf das in nigste mit dem Gesamtbuchhandel verbunden, hat im letzten Jahre natürlich auch wieder an den buchhändlerischen Kon gressen und Versammlungen teilgenommen. Aus der Hauptver sammlung des Kreises Norden vertrat uns Herr Heidmüller, auf der Eisenacher Delegierten-Vcrsammlung am 23. und 24. September die Herren Opitz und Warkentien, am 4. No vember in Leipzig an der zehnstündigen Beratung des Börsen- Vereins-Vorstandes mit den Vereinsvorsitzenden Herr Opitz, bei den Delegierten - Versammlungen und der Hauptver sammlung während der Ostermesse die Herren Opitz, Warken tien und Heidmllller. Viele Anregung und manche frucht bringende Gedanken und Belehrungen haben wir von diesen hochwichtigen Aussprachen heimgetragen, die wir nach Mög lichkeit zum Wohle des Mecklenburgischen Buchhandels ver werten werden. Ein kaleidoskopisch buntes Bild, geehrte Herren Kollegen, haben wir in Vorstehendem vor Ihnen entrollt, von Sorgen und Pflichten, Schmerzen und Wünschen, von Arbeit und Kamps, wie das letzte Jahr es uns im lieben Buchhandel be schert hat. Wenig Erfreuliches, viel des Erstrebenswerten! Möchte jeder von uns daraus einen Anlaß nehmen, mitzu helfen und mitzuraten, daß es besser werde! Wir wollen nach wie vor redlich schaffen, alle körperlichen und geistigen Kräfte einsetzen, um in Ehren zu bestehen, und unser täglich Brot im Schweiße unseres Angesichts essen, aber wehren wol len wir uns dagegen, daß man uns von so vielen Setten fort gesetzt Steine in den Weg wirft und daß uns für unsere Arbeit Mißachtung statt Anerkennung zu teil wird. Die allgemeine Lage des Buchhandels in Meck lenburg ist nicht von der Weltlage oder der Konjunktur im Deutschen Reiche abhängig. Allerhand besondere Faktoren vielmehr sind hier von Einfluß, die man nur in Ansehung unserer patrimonialen Verhältnisse verstehen kann. In erster Linie ist es die Verfassungsfrage, die eng verbunden ist mit der Finanzlage unseres Landes. Solange die Ritterschaft die Macht in Händen hat, wird in der Verwaltung stets Geld not herrschen und werden die Mittel zur Förderung von Handel und Gewerbe nur sehr spärlich fließen können. Ferner ist es der durch die ungesunde, enorme Preissteigerung des ländlichen Grundbesitzes verursachte starke und schnelle Wech sel im Besitzstände, der in dieser Ausdehnung noch niemals vorhanden war, und durch welchen die Güter immermehr in die tote Hand und in das Eigentum feudaler Magnaten ge langen, sehr zum Schaden der Städte und der Gewerbetrei benden des ganzen Landes. Wir haben aus diesem Grunde an dem nicht unbeträchtlichen wirtschaftlichen Aufschwung im übrigen Reich im letzten Jahre hier in Mecklenburg für unfern speziellen Beruf keinen Anteil zu verzeichnen. Der Verlag, soweit er mit seinen Erzeugnissen nicht an die Grenzen un seres engeren Vaterlandes gebunden ist, hat im ganzen über recht gute Resultate und Fortschritte sich zu freuen Ursache, der Sortimentsbuchhandel aber ist nach wie vor nicht aus Rosen gebeitet, kämpft um seine Existenz und sieht besseren Zeiten mit Sehnsucht entgegen. Wann mögen solche wohl eintreten? I Der Vorstand des Kreisvereins Mecklen burgischer Buchhändler. Kolportageunwesen. Wir drucken diesen uns ans Pfarrerkreisen zugegangenen Aufsatz umso lieber ab, als wir seiner Schlußfolgerung, daß eine Beschneidung der Auswüchse des Bilder- und Schristenver- triebs den Organen des gesamten regulären Buchhandels sowie diesem selbst nur erwünscht sein könne, durchaus zustimmen. Red. Mit diesem Thema hat sich der Verband der deutschen evangelischen Pfarrervereine, der vom 9. bis 13. September seine Jahresversammlung, den Deutschen Pfarrertag, in Stuttgart abhielt, aus Grund eines Antrags beschäftigt, den der Pfarrverein des Großherzogtums Hessen eingebracht hatte. Der Vertreter des hessischen Vereins wies auf folgendes Verfahren hin, das sich auf dem Gebiete des Kolportage wesens neuerdings immer häufiger und unangenehmer be merkbar mache. Zu irgendeinem Zwecke humanitärer oder kirchlicher Art ist Geld nötig: ein Verein der innern Mission will eine neue Anstalt bauen oder seine Anstaltsgebäude ver größern, eine Gemeinde will ein Krankenhaus bauen, eine Kirche soll neu gebaut oder restauriert werden. Nicht selten verfallen dann die Körperschaften, denen die Baulast obliegt, in ihrem Bemühen, die nötigen Gelder baldigst herbeizuschaf- fen, auch auf folgendes Mittel: Sie geben einem Verleger für den Vertrieb von Öldrucken, Wandsprüchen, biblischen Bildern usw. die Erlaubnis, seine Bilder und Spruchkartons mit dem Stempel der betreffenden Anstalt, Gemeinde oder Kirche zu versehen. Der Verleger verpflichtet sich dagegen, einen bestimmten, in der Regel recht geringen Teil des Rein gewinns aus dem Verkauf an die betreffende Baukasse ab zuführen. Der Verleger setzt nun Preise für die Sachen an, die den wirklichen Verkaufswert um das Doppelte bis Fünf fache übersteigen, und läßt feine Kolporteure mit der Ware auf das Gebiet der betreffenden Landeskirche und der Nach barkirchen los. Dadurch, daß jeder Wandspruch, jedes Buch, Bild usw. den Stenipel der betreffenden zu frommem Zweck gegründeten Anstalt, Kirche usw. trägt, wird bet den Leuten, wenn ihnen die Sachen vorgelegt werden, natürlich der Irr tum erweckt, als gingen die Kolporteure nicht für irgend einen Privatunternehmer, sondern unmittelbar im Austrage und für Rechnung der Wohltätigkeitsanstalt, des Kirchenvor standes usw., und es käme der gesamte Ertrag dem frommen Zweck zugute. Die Hausierer, anstatt die Leute über diesen Irrtum aufzuklären, nähren zumeist noch geflissentlich diesen Irrtum und erzielen auf diese Weise trotz des enor men Preises der Ware mit Leichtigkeit einen Riesenumsatz, zumal wenn Geistliche und sonstige angesehene Persönlich keiten um des angeblichen milden Zweckes willen die Sachen ihren Gemeindcgliedern noch warm empfehlen und auf diese Weise in völliger Arglosigkeit die Täuschung vollkommen machen. In einem einzelnen Falle hatte das für 1 ^ ver kaufte Bild einen Wert von 8—15 Pfennigen. Der betref fenden Anstalt war von jeder Mark ein Anteil von 2^ Pfen nigen zugesichert, und sic erhielt von dem Verleger am Schlüsse der Kampagne 1509 ^ ausgezahlt. Der Verleger hatte also in verhältnismäßig kurzer Zeit aus einem ziemlich kleinen, von armer Landbevölkerung bewohnten Gebiete 60 000 herausgeholt. Dies auf Irrtum und Täuschung beruhende Verfahren, durch das zumeist geschmackloser und wertloser Schund verbreitet, dem Volke durch Täuschung sein gutes Geld aus der Tasche geholt, die Kirche, die kirchlichen Anstalten und alle Wohltätigkeitsübung diskreditiert und die Leute zu aller wirklichen Wohltätigkeit unlustig gemacht wer den, dürfte nicht geduldet werden. Der von dem hessischen Pfarrverein eingebrachte Antrag hatte folgenden Wortlaut: Der Verband der deutschen Psarrcrvereine wolle die geeia-