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23l, 3. Oktober 1912. Nichtamtlicher Teil. BSrsenblutl s. b. Dtschn. BuchhondeU 11753 stellen können, daß zwar fast alle in Mecklenburg bestehenden Vertehrsvereine respektive Vereinigungen zur Hebung des Fremdenverkehrs Führer der betreffenden Städte herausge- geben haben, solche jedoch in kulanter Weise unter Gewährung ausreichenden Rabatts dem Buchhandel zur Verfügung ge stellt, auch einen Sortimentsbetrieb anderer Führer und Werke nicht eingerichtet hätten. Zwei unserer Vorstandsmitglieder sind an der Leitung solcher Vereine beteiligt und sind das Interesse des Buchhandels dabei zu schützen bemüht. In diesem Sinne haben wir dem Börsenvereins-Vorstande be richtet. Zu der von Herrn Gustav Ruprecht eingeleiteten Agitation zugunsten unserer deutschen Frakturschrift haben wir unsere Sympathie zum Ausdruck gebracht und sind gewillt, auch in diesem Sinne zu wirken. Dem Deutschnationalen Handlungsgehilfen-Verband auf seine» Fragebogen betreffend Mindestgehalt, Sonntagsruhe ufw. der Gehilfen Antwort zu geben, war nicht möglich, weil in den vielen zu unserm Bezirk gehörenden kleinen Städten die Verhältnisse zu eigenartig liegen, so datz ein Zusammen fassen gar nicht geschehen kann und eine Aufführung aller ein zelnen Orte in ihren bezüglichen Einrichtungen Wohl kaum Wert haben würde. Der vom Börsenvereins-Vorstande angeregten Gründung von Ortsvereinen sind wir insofern zuvorgekommen, als bei spielsweise in Rostock schon seit einer Reihe von Jahren eine satzungslose Übereinkunft der Kollegen besteht, die schon viele gemeinsame Vorteile zu erringen in der Lage gewesen ist, freundschaftliche und geschäftliche Beziehungen zu fördern stets bestrebt war und auch schon genossenschaftliche Geschäfte, wie Lehrmittellieferungen an Behörden usw., durchzuführe» im stande gewesen ist. Auch Abmachungen mit politischen Tagcs- blättern zur Abstellung der Zcitungsprämien-Ansbietungen, sowie gemeinsame Weihnachtsinserate zur »Aufklärung des Publikums« hat man in Rostock ermöglicht und manches andere mehr. In Schwerin herrscht nicht so erfreuliche Eintracht unter den Buchhändlern, doch hat auch dort in einzelnen Fällen schon ein Kollektivschritt, beispielsweise in der Einführung von Bestellgeld bei Journalen, gnte Früchte gezeitigt. Andere Städte unseres Landes kommen bei dieser Frage nicht in Betracht, denn wo nur eine oder zwei Firmen bestehen, kann von Ortsvereinigung keine Rede sein, obgleich eine gelegentliche Einigung selbst nur zweier Firmen am Ort auch schon recht sichtbare Vorteile gebracht hat. Um die Vereinsmitglieder im Lande Mecklenburg in bezug auf heimatlichen Verlag besser zu stellen, als die nicht ange schlossenen Firmen, ist schon vor einigen Jahren beschlossen worden, letzteren den Verlag nur mit Minderrabatt zu liefern. Angeregt durch einen gegebenen Fall, ist dieser Haupt versammlungsbeschluß aufs neue ins Gedächtnis zurück- gerusen, und es sind Postkarten gedruckt worden, um den eventuellen Austritt oder Eintritt in den Kreisverein' allen Mitgliedern unverzüglich mitzuteilen. Die neuen Bestimmungen zur Ausnahme neuer Firmen in das offizielle Adreßbuch und in das Börsenblatt haben unfern vollen Beifall gefunden, wie wir auch an die Reform des Börsenblattes große und freudige Hoffnungen knüpfen. Weniger freudig haben uns die neuen Lieferungsbedingun gen der Leipziger Barsortimenter erregt. Sie bedeuten eine sehr große Verschlechterung und Verteuerung des Bezuges. Die wahllose Versendung dieser harten Bedingungen an prompte und unprompte Abnehmer hat einen Schrei der Entrüstung im ganzen Sortiment entfesselt. Waren die Barsortimenter bisher unsere Freunde, die durch Lieferung zur Auswahl, durch Rück nahme liegengebliebener Schulbücher wie durch andere ku lante Bedingungen uns das Geschäft erleichterten und uns Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 79. Jahrgang. vor Schaden zu bewahren suchten, so sind sie jetzt zu Zwischen händlern geworden, die uns die Waren verteuern und uns den harten Kanrpf um die Existenz noch erschweren. Es ist ja kaum anzunehmen, datz den Barsortimcntern Vorteil aus ihrem Vorgehen erwächst; es wird jeder im eigenen Interesse bemüht sein, den Verkehr mit ihnen zu beschränken und den direkten Verkehr mit den Verlegern wieder mehr zu Pflegen. Eine Kommission, die vom Börscnverein berufen war, sich um eine Verständigung zwischen Sortiment und Barsortiment zu bemühen, hat einen äußeren Frieden geschlossen, die Stimmung gegen das Barsortiment ist dadurch jedoch nicht besser geworden. Die an sich schon schwachen Firmen fühlen sich durch die vermehrten Spesen noch weiter geschwächt und in Hörigkeit des Barsortiments niedergedrückt, wogegen die kapitalstarken Firmen an oem seitherigen Freunde jetzt meist stolz und ohne ihn zu kennen vorübergehen werden. Ähnlich ist es mit den Extra-Verkehrsbestimmungen, die von manchen Verlagshandlungen, wie Justus Perthes, Schöningh, Teubner usw., ihren Geschäftsfreunden auferlegt werden sollen. Aus nutzung der Macht des Stärkeren spricht aus den meisten die ser Sonderbestimmungen, ja manche enthalten u. E. direkte Verstöße gegen die Reichsgesetze, wie z. B. die geforderte Bevorzugung bei Konkursen usw. — Wir warnen vor der Unterzeichnung von Sonderbestimmungen. Wer im Gefühl seiner Abhängigkeit doch sich nicht glaubt weigern zu können, der spreche das von ihm Geforderte, um sich vor später daraus entstehenden schweren Schädigungen zu bewahren, doch erst mit einem Rechtsanwalt durch. Bei der seit Jahren als dringend notwendig empfundenen auf allen buchhändlerischen Versammlungen ventilierten Rei nigung des »Offiziellen Buchhändler-Adreßbuches« von Auch- und Nicht-Buchhändlern — von unberufenen Eindringlingen und Schädlingen — ist manches scharfe und tadelnde Wort gegen die Praxis mancher Leipziger Buchbinder- Kommissionäre gesprochen worden. Man war einig in der Verurteilung der Art und Weise, wie unsere gemein nützigen Verkehrseinrichtungen in Leipzig dazu mißbraucht wurden, jeden Unberufenen, der den Drang dazu fühlte, als Buchhändler einzusetzen. — Um so größeres Erstaunen erregte es, wie durch Zufall einer der größten Kommissionäre und Barsortimenter festgenagelt werden konnte, der ganz syste matisch durch eine seiner Filialhandlungen, Krämer und kleine Händler in kleinen Städten — wo bestehende Buchhandlungen gar schwer zu ringen hatten, sich ehrlich und anständig zu er halten — zum Handeln mit Schulbüchern zu bestimmen suchte, dadurch dem ansässigen Sortimenter das kümmerliche Wässer chen abgrabend, das seine Mühle treibt. Zwar entschuldigte sich der große Leipziger Kollege, diese Manipulation sei ohne sein Wissen und Willen geschehen: »er sei durch ein Adressenbureau irregeführt!« —, aber darf einer irrtümlich ungestraft den Nächsten ins Wasser stoßen oder vom schmalen Saumpfad in den Abgrund stürzen? Auch fahrlässige Tötung bestraft das Gesetz. — Es ist entschieden nicht zu billigen, wie von seiten der Volksschullehrer in den Veröffentlichungen der Lehrer-Ver einigungen und in der Jugendschriften-Warte eine Zurück- drängung und Bevormundung des Buchhandels immer wie- der versucht wird. Nur die Herren Pädagogen glauben ein richtiges Urteil über den Wert und Unwert von Jugendschrif ten zu besitzen und äußern zu dürfen; die berufenen Fach leute im Verlag und Sortiment gelten gar nichts, sind urteils los und leichtfertig! — Zwar hat diese eigenartige Anschau ung schon recht kräftige und sachliche Zurückweisung erfahren, wir erinnem an die von Hamburger, Königsberger, Stettiner Kollegen, von Dietrich-München und manchen anderen bekannt gegebenen Verwahrungen und Proteste, — aber auch wir wollen hiermit wiederholt und aufs neue kund tun, daß wir tSZi