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Nr. 154. ^r^lch«klü^lv»rrt3gli«^ Für Mitßtt»d«r de» DSrlriivrrriiiv ; Mttglirdr" ZS «>" 8 §e'l * ^ Stellensuche werden mit lO'pf. pro ^ LWMüMÄMrst'limrUMeMNsthenB^ Leipzig, Donnerstag den 6. Juli 1918. 83. 3«hrgaug. Redaktioneller Teil All,riuei»tt Deutscher Buchhauhlullgs-Getzilfeu-Berk«». Wir machen unsere Mitglieder nochmals daraus aufmerk sam, daß die H«»ptversammlung des Verbände« und der Krankeu- und Begräbniskaffe am Sonnabend, den 8. Juli, abends 8 Uhr, im Sachsen zimmer des Deutschen Buchgewerbehauses, die Hauptversammlung der Witwenk.ffe, der Inv.lidenkaffe und der Krankenkasse Deutscher Buchhandlungs-Gehilfe», Ersahkaffe, am Sonntag, den 9. Juli, vormittags 10V» Uhr beginnend, ebenfalls im Sachsenztmmer ftattsinden werden. Die Stimmkarten für die Leipziger Mitglieder gelangten heute zur Versendung; etwa nicht angekommene wolle man freundlichst von der Geschäftsstelle verlangen. Zu recht zahlreichem Besuche ladet ein Leipzig, 5. Juli 1916. Der Vorstand. Otto Carlsohn. Richard Htntzsche. Berliner Briefe. v. liv siehe Nr. 128.) Berliner Bibliophilcnabenb. — Die Borstandswahl im Verbände der Kreis- und Ortsvereine. — Die deutsche Buchhändlcrgilde. - Deutsche Kricgszeitung Barauowitschi. — Bargeldloser Zah lungsverkehr. — Das Steucrkompromih in> Deutschen Reichs tage. — Sicherung der Auslandsfordcrungen. — Steigerung der Papiernot—Die Verdeutschung fremdsprachlicher Schilderbezeichnuugcu. In der am 1. Mai abgehaltenen Sitzung des Berliner Bibliophilen-Abends hat der rührige Vorsitzende, Freiherr von Biedermann, einen Vortrag über »ein vergessenes Napoleon - Epos« gehalten. Der Vortragende erwähnte in der Einleitung die der deutschen Lite ratur eigene Neigung, ausländische Stoff« zu behandeln, die häufig über das berechtigte Maß hinausgeht. Aber wie Goethe über Lessing sagte, daß er die persönliche Würde gern wegwllrfe, weil er sich getraue, sie jeden Augenblick wieder aufnehmen zu können, so könne auch der Deutsche im Gefühl seiner inneren Kraft zuweilen die erlaubten Grenzen der Anerkennung des Fremden überschreiten. Es wird auch bei der poetischen Behand lung eines fremden Stoffes häufig die künstlerische Impression mit der politischen verquickt und gibt Gelegenheit zur Über schätzung des Stoffes. So sei auch der Einfluß, den Napoleon I. auf die deutsche Literatur ausgeübt habe, in diesem Doppelsinne zu betrachten. Schon Schiller habe für seinen »Wallenstein« Züge des jungen General Bonapart« benutzt; in ausgedehntem Maße habe Grillparzer seinem »Ottokar« Napoleons Charakter zugrunde gelegt, und Grabbe habe in feinem »Napoleon oder die hundert Tage« eine packende Schilderung gegeben, die auch eine Parallele zu Grillparzers »Ottokar« bilde. Auch die Rolle, die Napoleon in Goethes »Epimenides« und Hauptmanns Festspiel. 1913 spielt, in lyrischen Dichtungen, wie Heines »Grenadiere« und Zedlitz' »Die nächtliche Heerschau«, in Hauffs »Bild des Kaisers« wird von dem Vortragenden erwähnt. Das vergessene Napoleon-Epos, mit dem der Vortragende die Versammlung be kanntmachen wollte, ist von einem sächsischen Oberförster Voigt verfaßt und im Jahre 1859 in Marienberg im Erzgebirge erschienen. Es ist ein Paneghrikus auf Napoleon in 800 Stanzen, der sich allerdings durch einen unfreiwilligen Humor auszeichnet. Es ist eine Häufung bombastischer Phrasen, hochtrabender Bilder und schiefer Vergleiche, die anstatt einer erhabenen Stimmung, die zu erregen dem Dichter Wohl vorgeschwebt haben mag, nur Heiterkeit und Gelächter auslöste. Das Buch selbst gehört zu den Seltenheiten und dürfte eine Neuauflage immerhin erfolgver sprechend sein. Am Montag den 5. Juni fand wiederum ein Berliner Bibliophilen-Abend statt, dessen Programm lebhaftes Interesse erregen mußte. Hatte doch Herr W. Junk zugesagt, einen Vortrag über »Die Zukunft des deutschen Buch handels« zu halten. Jeder tut gern einmal einen Blick in die Zukunst, warum sollen dies nicht die Bibliophilen tun, und namentlich die angeschlossenen Buchhändler und Antiquare, die ja von dieser Zukunft ganz besonders berührt werden. So ver einigte der Abend eine zahlreiche Zuhörerschaft, und man harrte gespannt der Eröffnungen, die Herr Junk machen werde. In Nr. 132 des Börsenblatts ist nach dem »Berl. Tgbl.« kurz über den Vortrag berichtet worden; bei dem Interesse des Buch handels für diesen Gegenstand sei es mir erlaubt, etwas näher auf ihn einzugehe». Herr Junk begann seinen Vortrag mit einer kurzen Übersicht über die einzelnen Zweige des Buchhandels und erläuterte, in welcher Beziehung sich der Buchhandel von anderen Geschäften in seinem Betriebe unterscheidet. Er führte an, daß Verlag und Sortiment vielfach ineinander übergehen, da ein Großverkaus wie er im anderen Handel üblich ist, nur ausnahmsweise vor kommt; ferner, daß auch der Verleger sich von dem Fabrikanten schon dadurch unterscheidet, daß er im allgemeinen seine Ware nicht selbst herstellt. Herr Junk erläuterte auch die Betriebsweise des Antiquariats und fügte hinzu, daß, wenn das große Publi kum im allgemeinen auch weiß, was ein Sortimentsbuchhändler ist, es doch von dem Antiquar nur eine sehr dunkle Vorstellung hat. Es macht keinen erheblichen Unterschied zwischen dem Verkäufer alter Bücher und alter Kleidungsstücke, was ja damit zu entschuldigen ist, daß dieses Publikum sehr selten in Verkehr mit dem wirklichen Antiquariat kommt, und feine Kenntnisse dieses Geschäftszweiges nur aus kleineren Betrieben schöpft, die grundverschieden sind von dem wirklichen Antiquargeschäft, zu dessen Ausgestaltung ein ungewöhnliches Maß von Bildung, Kapital, Fleiß und angeborenen Fähigkeiten gehört. Von einer gemeinsamen Zukunft von Verlag, Sortiment und Antiquariat kann man nicht sprechen; die Aussichten sind viel mehr für alle drei Zweige grundverschieden. Ob nach dem Kriege — wie viele cs hoffen und glauben — ein großer Auf schwung einsetzen wird, ist mehr als zweifelhaft, und sicher wird 885