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ss 2 8 p d. Dtlchn. !Such-»nd-l. Mchtamtlicher Teil. 203. 2. September IS10. noch ihre »Nationalschrist« und sperren sich so nach Möglich keit von der internationalen Wissenschaft und Kultur ab. Mit der Schristfrage ist es dieselbe Sache wie mit den gegenwärtigen partikularistischen Bestrebungen der Galvani sierung der auf dem Aussterbeetat stehenden Mundarten. Auch hier finden sich Leute, die am liebsten den alten, glücklicherweise überwundenen Zustand wieder herbeiführen möchten, daß der eine Deutsche den anderen nicht versteht, weil er in seiner -be rechtigten- Mundart sich äußert. Aber wie über diese Be strebungen das Rad der Zeit hinweggeht, so hoffen wir es auch von den Bestrebungen des Schriftvereins. Der Kampf dreht sich in beiden Fällen um Dinge, die nur eine Ver gangenheit. aber keine Zukunst mehr haben. Freilich, hart und zähe halten die Verteidiger an ihren Phantomen. Leibniz hat schon vor 200 Jahren in seinen »Unvorgreiflichen Gedanken betreffend die Ausübung und Verbesserung der Teutschen Sprache- gesagt: »Es haben auch sonsten viele dafür gehalten, man sollte zu einem guten Theil Deutscher Bücher beym Druck keine anderen als Lateinische Buchstaben brauchen und den unnöthigen Unterschied abschaffen, gleichwie die Franzosen auch ihre alten Buchstaben . . . sonderlich im Druck fast nunmehr aufgehoben-. Der preußische Minister v. Alvensleben hatte hundert Jahre später (in Deutschland hat der Fortschritt immer lange Zeit gebraucht) einen Gesetzentwurf zur Einführung der Antiqua in die Schule fertiggestellt, der aber infolge des Todes Friedrich Wilhelms II. nicht in Kraft trat. 1876 hat die amtliche Orthographische Konferenz den allmählichen Übergang zur Antiqua empfohlen, aber auch heute stehen wir mit Bezug auf die Schule auf demselben Stand wie vor Jahrhunderten. Mittlerweile hat sich allerdings ein großer Teil der Deutschen, die Bücher drucken lassen, selbst geholfen und ist praktisch zur Antiqua übergegangen. Erfreulich ist auch die große Zahl der Buchhändler (Verleger), die der Verein für Alt schrift unter seinen 14 000 Mitgliedern zählt (Leiter: Alb. Windeck in Köln-Kalk). Die Regierung muß der Bewegung folgen, früh oder spät, es ist eine gebieterische Notwendigkeit, die um so dringender wird, je größer die Anforderungen werden, die an die Schule gestellt werden. Wir wollen, daß unsere Kinder Nützliches in der Schule lernen, nicht Über flüssiges. weil einige Leute des seltsamen Glaubens sind, daß es sich bei der Abschaffung der Fraktur um eine unpatriotische Tat handle! G. Hölscher. Barfrankierung von Briefpostsendungen. (Vgl. Nr. 188. 182. ISS. 201 d. Bl.s Erst jetzt scheint man in Deutschland die Barfrankierung von Briefpostsendungen in Erwägung gezogen zu haben, aber nach den Ausführungen des Herrn Ober-Postassistenten Langer in Nr. 188 und 195 des Börsenblatts kann man nicht auf viel Sympathie von seiten der Postbehörde rechnen. In England besteht die Barfrankierung schon seit Jahren und ist sowohl für Buchhändler als auch für andere Geschäftsleute von großem Vorteil. Der Hauptinhalt der Postbestimmungen, betreffend Bar frankierung, läßt sich in einige Sätze zusammenfassen; sie können in dem offiziellen kostal 6uiäe nachgelesen werden. In London, sowie auch in einigen Provinzialstädten können auf den Haupt- Postanstalten jede Art von inländischen Briefpostsendungen (Zeitungen ausgeschlossen) gegen Barzahlung aufgeliefert werden, vorausgesetzt, daß alle einer gleichen Taxe unterliegen, der Betrag dafür nicht unter ^1 (20^) beträgt und die Sendungen keinerlei Lotterieangelegenheit betreffen. Die Sendungen müssen in Bündel verschnürt sein, deren Frankatur 6/— oder bei großen Stücken S/6 beträgt. Aufliefe rungszeit von 9—3 oder 4 Uhr; an Nebenämtern werden bei zweitägiger Voranzeige solche Sendungen gleichfalls angenommen. Der Buchhändler braucht daher nur seine Kataloge entsprechend abzuzählen und zusammenzupacken. Ein Markthelfer, begleitet von einem Gehilfen, begibt sich auf das Postamt, wo die Bündel nach gezählt werden und der Betrag dafür entrichtet wird. Kommt wirk lich aus Versehen einmal ein Auslandskreuzband dazwischen, so wird es von der Post gegen Portovergütung dem Absender zurückgegeben. Unterschlagungen können bei derartiger Versendung weniger vor- kommen als bei Frankierung im Geschäft. Der Vorschlag des Herrn vr. Scheffer bietet zudem die Gewähr, daß nichts unter wegs herausgenommen werden kann. Bei etwas gutem Willen und Vertrauen auf beiden Seiten ließe sich wohl auch in Deutschland ein Weg finden, um die müh- same Arbeit des Markenklebens zu beseitigen und, wie Herr v>. Scheffer noch betont, die Kosten für das Drucken von Tausenden von Marken zu ersparen. U. T (Oxford.) Kleine Mitteilungen. Verwendung eines Teils der aus Postscheckkonto ein gezahlten Gelder. — Der Hansa - Bund hatte im Mai d. I. in seinen Mitteilungen bekannt gegeben, das; von den Geldbeträgen, die der Reichspost aus dem Postscheckverkehr zufließen, ein Teil der Reichshauptkasse zur Verfügung gestellt sei »zur Gewährung von Darlehen an Einrichtungen zur Förderung von Industrie, Handel und Landwirtschaft«. Er hatte daran die Frage geknüpft, unter welchen Bedingungen wohl diese Darlehen gegeben würden. Daraufhin ist dem Hansa-Bund von amtlicher Stelle folgende Mitteilung zugegangen: »Von den im Postscheckverkehr aufkommenden Geldern sind nach den vom Herrn Reichskanzler erlassenen Bestimmungen zurzeit rund 9 Millionen Mark für Darlehen an Genossenschaften, Vereine und sonstige Einrichtungen zur Förderung von Industrie, Handel und Landwirtschaft verfügbar. »Die Ausleihung erfolgt an Genossenschaftsverbände gegen Verpfändung von Wertpapieren, in denen nach § 1807 BGB. oder nach den Gesetzen der Bundesstaaten Mündelgelder ange legt werden können. Die Kündigungsfrist für die Darlehen darf höchstens 6 Monate betragen. Der Zinssatz wird bis auf weiteres dem zur Zeit des Abschlusses des Darlehnsvertrages geltenden Zinsfüße der Reichsbank für Wechsel entsprechen, mindestens aber 3^ Prozent betragen. »In welcher Weise die Gelder solchen Genossenschaftsver bänden zugänglich gemacht werden können, die ihr Kredit bedürfnis befriedigen durch Vermittelung anderer Geldinstitute (d. s. die zum Allgemeinen Verband der auf Selbsthilfe be ruhenden deutschen Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, e. V., gehörenden Genossenschaften, sowie die mit der Preußischen Zentral-Genossenschaftskasse in Verbindung stehen den Genossenschaften) ist noch Gegenstand der Verhandlung.« Es bietet sich hier für den gewerblichen Mittelstand eine Ge legenheit, billigen Kredit zu erlangen. (Mitteilungen vom Hansa-Bund.) Unterlassenes Durchstreichen der Vollindossamente eines Wechsels. Urteil des Reichsgerichts. Bearbeitet von Rechts anwalt v,-. Felix Walther-Leipzig. (Nachdruck, auch im Auszug verboten.) — In dem nachstehenden, für die gesamte Handelswelt beachtlichen Rechtsstreite des Kaufmanns C (Klägers) gegen vr. B. (Beklagten) hat das Reichsgericht die Wechselklage des Aus stellers gegen den Akzeptanten abgewiesen, weil die Voll- indossamente nicht durchstrichen waren. Aus der Prozeß geschichte sei folgendes wiedergegeben: Der Beklagte ist Akzeptant eines vom Kläger am 4. Oktober 1907 an eigene Order gezogenen, am 4. Januar 1908 fälligen Wechsels über 4000 Auf der Rückseite des Wechsels folgen auf das Blankoindossament des Klägers zwei Vollgiros, das zweite an die Reichsbankhauptstelle Köln, und endlich ein Quittungsvermerk der Reichsbank. Am Dienstag, den 7. Januar 1908, ließ der Kläger, der wieder in den Besitz des Wechsels ge langt war, Protest mangels Zahlung erheben, ohne die Voll indossamente zu durchstreichen. Er klagte im Wechselprozesse und erzielte vor dem Landgericht Köln und Oberlandes gericht Köln die Verurteilung des Beklagten. Dagegen er klärte der 1. Zivilsenat des Reichsgerichts: Die Entscheidung des Oberlandesgerichts beruht auf einem Mißverständnis der Grundsätze, die das Reichsoberhandelsgericht und das Reichsgericht in gleichmäßiger Rechtsprechung vertreten