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Nr. 1Ü0. I»« weitere Exemplare zuw eigenen Gebrauch kosten nr ^Mark^I jährlich frei Geschäftsstelle oder 3S Mark bei Postüberweisung li.nnerhalb des Deutschen welches. «NichtwitgNeder im j. k »Deutichen Neiche^ zahlen fllr jedes Exemplar 30 Mark bez. »> gj36 Mark jährlich. Nach dem Ausland erfolgt Lieferung j! LLilber Leipzig oder dur^ Kreuzband, an Nichtmit^lieder in L! !gli .... - — für'/, 6.17 M. statt ISM. Stellengesuche werden mit 10 Pf. pro « Aeil^berechnet. — In dem illustrierten Teil: für Mitglieder^ SWWWSWrSVLWiWMiE Leipzig, Sonnabend den 3. Mai 1913. 80. Jahrgang. Redaktioneller Teil Zum zweihundertjährigen Jubiläum der Nicolaischen Buchhandlung in Berlin. » ' . . . Also privilogiren und begnadigen Wir vorgenannten Christoph Gottlieb Nicolai aus habender Macht, von Obrigkeit und Landesfllrstlicher Hoheit wegen . . . dergestalt, daß er nicht allein in Unseren hiesigen Residenzien . . . den vor maligen Meycrischen Buchladen aontiuulren ... sondern auch dergleichen gute und nützliche Bücher in allen Fakultäten, sreien Künsten und Sprachen selbsten auflegen, drucken lassen und verhandeln möge ...... So heißt es in dem am 3. Mai 1713 von König Friedrich I. von Preußen erteilten »Generalprivilegium», der heutige Tag ist also als der Gründungstag der berühmten Berliner Buchhandlung an zusehen. Ihre Geschichte selbst geht noch weiter zurück. Im Jahre 1700, kurz bevor sich Kurfürst Friedrich III. die Königskrone anfs Haupt setzte, errichtete der Bürgermeister und Buchhändler Gottfried Zimmermann in Wittenberg eine Filialbuchhandlung in Berlin, die er 1703 an I. W. Meher abtrat, zehn Jahre später aber wieder zurücknahm und seinem ehemaligen Gehilfen und nun mehrigen Schwiegersohn Christoph Gottlieb Nicolai als Heirats- gut übergab. Die Buchhandlung befand sich nachweislich von 1715 ab, wahrscheinlich aber schon seit 1713, in der Heiligengeiststraße, wo sie bis 1757 verblieb,- sie muß eine der angesehensten schon im alten Berlin gewesen sein, Friedrich der Große hat sic als Kronprinz öfters besucht. Christoph Gottlieb Nicolai war, nach seines großen Sohnes autobiographischen Auf zeichnungen, ein stiller, strenger und sparsamer Hausvater, der seinen Söhnen eine solide Erziehung und ihren Anlagen gemäße Ausbildung zu teil werden ließ und seine väterliche Autorität nicht ohne Härte geltend machte, in seiner Charakter anlage dem Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. verwandt. Im Hanse Poststraße Nr. 4, dem sogenannten Kurfürstenhause, wurde ihm am 18. März 1733 sein dritter Sohn, Christoph Friedrich Nicolai, der bekannte Aufklärer und berühmte Buchhändler, geboren. Über Friedrich Nicolais Bedeutung als Buchhändler im allgemeinen, als Chef der Firma im besonderen und über seine Stellung in der deutschen Literatur ist im letzten Jahre in anderem Zusammenhang an dieser Stelle ausführlich ge sprochen worden (vgl. Bbl. 1912, Nr. 188>. Deshalb sei heute sein Bild nur mit wenigen Strichen skizziert. An zwei ungleichen Stätten, dem Joachimsthalschen Gymnasinm in Berlin und der Schule des Waisenhauses in Halle, empfing er seine erste wissenschaftliche Vor bildung. Aber während ihm ein gelehrter Beruf vor schwebte, bestimmte ihn der Vater zur Buchhandlung; nach kurzem Besuch der neugegründeten Realschule in Berlin erlernte er 1749 bis 1751 den Buchhandel in Frankfurt an der Oder. Nach des Vaters Tode trat er 1752 als Gehilfe in die Berliner Handlung ein, die sein älterer Bruder Gott fried Wilhelm vorläufig für Rechnung sämtlicher Erben führte. Unter unsäglichen Schwierigkeiten erwarb sich Fried rich in diesen Jahren durch Selbststudium die gelehrten Kenntnisse auf den verschiedensten Gebieten, die das Funda ment seiner ganzen späteren schriftstellerischen wie buch händlerischen Tätigkeit bildeten. Das wichtigste Ereignis dieser ersten Berliner Zeit ist sein Bekanntwerden mit Lessing und mit Moses Mendelssohn; mit beiden Männern verband ihn fortan bis zu ihrem Tode innige Freundschaft. Nach gerichtlicher Auseinandersetzung 1757 fiel die Buchhandlung dem älteren Bruder allein zu; für Fried rich Nicolai begann das Idyll eines stillen Gelehrten lebens, von dem er immer geträumt hatte; er zog in das berühmte Haus Spandauerstraße 68, wo vor ihm Lessing, nach ihm Mendelssohn gewohnt hat, und nahm zu alten Liebhabereien kunst- und musikgeschichtliche Studien auf. Allein die Wonne weltentrückten Gelehrtendaseins währte nur kurz. Im Herbst 1758 starb sein Bruder Gottfried Wilhelm. Um sein und seines Bruders Samuel, des Theologen, Ver mögen zu retten, mußte er eine Hälfte des Geschäfts über nehmen, während die andere Hälfte dem vierten Bruder zufiel. Die Geschäftsbücher zeigten kein erfreuliches Fazit, Friedrich Nicolai mutzte mit Schulden anfangen, die er erst nach sieb zehn Jahren ganz abstieß. Er zog wieder nach dem Vaterhause Poststratze 4, den Buchladen verlegte er 1765 nach der Stechbahn. 1787 kaufte er das Haus Brüderstraße 13, das sich noch heute im Besitz seiner Erben befindet. Dieses Haus sah den glänzenden Aufschwung, den die Buchhandlung unter seiner umsichtigen Leitung nahm, es wurde zugleich Jahre hindurch der geistige und gesellige Mittelpunkt Berlins. Doch so groß der Freundeskreis war, den ihm seine vielseitigen Interessen und buchhändlerischen Unternehmungen gewonnen hatten und der ihm bis zum Tode treu blieb, im eigenen Hause wurde sein Alter einsam und trüb: seine Gattin, mit der er in glücklichster Ehe gelebt hatte, die acht Kinder, die sie ihm ge schenkt hatte, starben vor ihm, ein schmerzhaftes Augenübel zog den Verlust des rechten Auges nach sich. Die Befreiung des Vaterlandes von der Fremdherrschaft sollte der stets hilfs bereite Mann, der in der Franzosenzeit freiwillig die größten Opfer gebracht hatte, nicht erleben, 1811 wurde er, tiefbe trauert von allen Mitbürgern, zu Grabe getragen. Als Verleger und Herausgeber hat er sich durch ver schiedene Unternehmen einen unvergänglichen Namen gemacht, durch seine Briefe über den itzigen Zustand der schönen Wissenschaften in Deutschland» (1754), die der kommenden deutschen Literatur die Wege bahnen halfen, durch seine »Bibliothek der schönen Wissenschaften und freien Künste« (1757), jene groß angelegte kritische Zeitschrift, durch die »Berliner Lite raturbriefe« (1759), die ihn in den Geruch eines Ketzers brachten. Seine eigene Mitarbeit an diesen letzten beiden Publikationen ist neben der Lessings, Mendelssohns u. a. nicht gering, die Briefe von 1754 entstammen seiner Feder allein. Sein buch händlerisch größtes Unternehmen ist die »Allgemeine deutsche Bibliothek«, die, von 1765 bis 1806 erscheinend, 208 Bände umfaßt; sie hat ihn mit den Gelehrten ganz Deutschlands zu- sammengeführt, 94 Foliobände von Originalbriefen an ihn be zeugen, welche unendliche Arbeit dem Herausgeber erwachsen ist. Wie wohl kaum ein anderer Verleger, verstand er es, als Redak teur die Zügel in der Hand zu halten, die ganze literarische «v«