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Am 27. Juli 1906 half sich das Gericht von Mailand, indem es die gleiche Auslegung des italienischen Gesetzes an nahm, über den aus Ziffer 3 des Schlußprotokolls der Berner Konvention abgeleiteten Einwand der freien Be nutzung der Musik für solche Instrumente dadurch kühn hinweg, daß es behauptete, die Berner Konvention habe, weil durch bloßes königliches Dekret bestätigt, in Italien keine eigentliche Gültigkeit und komme daher gegen das Landesgesetz nicht auf. Das Mailänder Strafgericht hat diesen Einwand im Urteil vom 22. Oktober 1906 als unstichhaltig beseitigt, weil das betreffende königliche Dekret durchaus dem Artikel 44 des italienischen Gesetzes von 1882 entspreche. Noch andre Gerichte haben die Berner Konvention in neuerer Zeit sinngemäß zur Anwendung gebracht. Sehr vorsichtig ist die italienische Regierung in der Ausdehnung der Urheberrechte zu Werke gegangen; sie hat wie mit Mexiko so mit Cuba im Vertrag vom 29. Dezember 1903 bloß die Meistbegünstigungsklausel aufgestellt und sich im Abkommen mit Portugal, das in einem Notenaustausch vom 12. Mai 1906 besteht (bestätigt durch ein italienisches Dekret vom 16. September 1906), mit der Einräumung der gesetzlichen Gegenseitigkeit für die nach dessen Inkrafttreten geschaffenen Werke von Staatsangehörigen begnügt; somit ist nicht einmal wie zwischen Portugal und Spanien der doppelte Förmlichkeitszwang abgeschafft; sondern es müssen in beiden Ländern zugleich Förmlichkeiten erfüllt werden. Japan. Der Zusatzvertrag zum Handels- und Schiffahrtsvertrag vom 8. Oktober 1903, den Japan mit China abgeschlossen hat, enthält im Artikel 5 auch eine Abmachung betreffend Urheberrecht. China verspricht, die nötigen Reglements zum Schutz derjenigen chinesisch geschriebenen und zum Ge brauch des chinesischen Volkes bestimmten Bücher, Broschüren und Karten zu erlassen, die von japanischen Untertanen in den in China zu errichtenden Eintragungsämtern ein getragen werden; Japan aber verpflichtet sich, alle nach japanischen Gesetzen und Reglements gebührend einge tragenen chinesischen Urheberrechte gegen Nachdruck zu schützen. Das wichtigste Moment in dieser verklausulierten und von der Erfüllung der Förmlichkeiten im andern Land ab hängigen Abmachung liegt im Versprechen Chinas, das Ur heberrecht gesetzlich anzuerkennen. Dieses Versprechen ist bis jetzt noch nicht eingelöst worden. Anderseits hat Japan mit den Vereinigten Staaten am 10. November 1905 einen eigentlichen, wenn auch nur drei Artikel umfassenden Literarvertrag abgeschlossen, nach dem sich die Unterhandlungen mehrere Jahre hingezogen hatten und Japan das stolze Amerika auf seinen mangel haften Schutz und auf die Rückständigkeit in seiner Haltung gegenüber der Berner Union hatte aufmerksam machen müssen (s. kublisbvr»' V7oslcl^, 10. Februar 1906; IKoil ä'^utsur, 1906, S. 32). Der Vertrag stipuliert zwar die Gegenseitigkeit in der Behandlung aller nach dem Inkraft treten, d. h. nach dem 10. Mai 1906 entstandenen Werke, gibt aber im zweiten Artikel das Übersetzungsrecht gänzlich preis. Immerhin wird es dank der viel liberaleren japani schen Gesetzgebung den Amerikanern gelingen, gegen den Nachdruck ihrer Werke in Japan aufzukommen, während die Japaner keine wirkliche Gegenseitigkeit erlangen, also hierin verschiedenen europäischen Staaten, die nur nach der Maxime »clo ut des« Verträge schließen wollen, mit gutem Beispiel vorangehen. Norwegen. Auch die norwegische Verlegervereinigung UoiBlrs Uox- banälsrkorvvivx hatte auf die Anfrage des Unterrichts ministers, ob der Abschluß eines Literarvertrags mit den Börsenblatt für den Deutsche» Buchhandel. 14. Jahrgang. Vereinigten Staaten für wünschenswert gehalten werde oder nicht, entschieden ablehnend geantwortet, weil eine solche Abmachung direkt der einzigen zufriedenstellenden Lösung, dem Eintritt Amerikas in die Berner Union, entgegenarbeite; es gehe nicht an, durch Sonderverträge den unionsfremden Staaten die gleichen Vorteile einzuräumen wie den Unions staaten, ohne daß elftere auch die entsprechenden Pflichten auf sich nähmen. Trotz dieser Haltung wurde von Norwegen der nordamerikanischen Union die Gegenseitigkeit zugesichert, und zwar durch königliche Verordnung vom 25. Mai 1905, worauf der Präsident Rooseveelt am 1. Juli 1905 mit der bekannten Proklamation antwortete. Schweden. Bei der Ausarbeitung der internationalen Übereinkunft hatte dieses Land durch seine Abgeordneten an den Berner Konferenzen einen maßgebenden Einfluß ausgeübt und ver schiedene Zugeständnisse erreicht, die seinen Beitritt vor 1886 mehr als wahrscheinlich erscheinen ließen. Dennoch ver gingen fast 20 Jahre, bis es diesen vollzog, nachdem ihm Norwegen und Dänemark vorangegangen waren. Zu diesem Entschluß trugen sehr positive Erwägungen das ihrige bei. Einmal hatte das Bemühen der schwedischen Regierung, den Urheberrechtsschutz durch einschränkendere Sonderverträge mit einzelnen europäischen Staaten zu regeln, keinen Erfolg, namentlich nicht gegenüber Deutschland, das treu zur Union hielt; sodann lief der schwedische Verlag Gefahr, die wichtigsten Schriftsteller zu verlieren, die durch Herausgabe ihrer Werke in Dänemark den wirksameren und weitergehenden Unionschutz erlangten. Nachdem die Eingabe der schwedischen Autorengesell schaft zugunsten des Beitritts zur Union die Unterstützung der Vereinigungen der Buchhändler und der Journalisten gefunden hatte, brachte der Justizminister, Herr Ossian Berger, am 19. Januar 1904 einen Gesetzentwurf ein, der den Übersetzungsrechtsschutz bedingungslos auf 10 Jahre festsetzte und das Aufführungsrecht an dramatischen und dramatisch musikalischen Werken von 5 auf 30 Jahre posr raorcsw .uotoris verlängerte. Gerade an der Ausdehnung des Übersetzungsschutzes war bis jetzt jede Reformbewegung ge scheitert. Die Vorlage ging ohne Schwierigkeiten durch und wurde am 29. April 1904 vom König sanktioniert; am 8. Juli erklärte Schweden seinen Beitritt, und am 1. August 1904 vollzog es ihn, nahm jedoch, wie Norwegen, nur die Berner Konvention von 18»6 und die interpretierende Erklärung von 1896 an, nicht aber die Pariser Zusatzakte, deren Übersetzungsschutz weitergeht. Durch die königliche Verordnung vom 8. Juli 1904 wurde der neue internationale Schutz genauer normiert: er umfaßt den Literar- und Kunstschutz, wogegen das besondere Photographiegesetz nicht anwendbar erklärt wird. Geschützt werden die Werke der verbandsstaatlichen Untertanen (llo-lsr- ä srs), die zum ersten Mal auf Unionsgebiet erscheinen oder noch nicht herausgegeben sind, wobei leider die Frage des Schutzes der unionsfremden, aber auf Unionsgebiet ver öffentlichenden Autoren nicht klar gelöst ist. Gestaltet wird endlich die freie Herausgabe der vor dem Beitritt gemachten Übersetzungen von Verbandswerken und die Weiterbenutzung der früher in erlaubter Weise hergestellten Vorrichtungen, sowie die weitere Aufführung und Wiedergabe dramatischer, musikalischer und dramatisch-musikalischer Werke seitens der jenigen, die sie schon früher aufgeführt und wiedergegeben haben (s. Röthlisberger, Die Berner Übereinkunft, S. 131, 274, 355. Börsenblatt 1906, Nr. 231, 235, 238.) Da schwedische Literatur und Musik entschieden im Auf schwung begriffen sind so wird der vermehrte Schutz auch hier nur segensreiche Wirkungen haben. Es wird viel leicht weniger, aber besser übersetzt werden. Schwedische 227