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X- 115, 20, Mai 1930. Redaktioneller Teil, Börsrnblalt f. b. Dtschn Buchhandel. Herr vr, Wilhelm Ruprecht-Göttingen begrüßt diesen Vorschlag des Vorsitzenden, Es müsse als selbstverständlich betont werden, daß Ersparnisse möglichst nicht an Kultnrausgaben vorzunehmen sind, andererseits müsse es jedoch unbedingt ver mieden werden, die ungeheuren, bereits bestehenden Soziallasten noch zu vermehren. Das sei weder für das Sortiment noch für den Verlag tragbar, Herr vr, Ruprecht bittet den Vorstand, eine entsprechende Eingabe gemeinsam mit dem Steuerausschuß aus zuarbeiten und besonderes Gewicht auf die hohe Belastung durch Steuern und Soziallasten zu legen. Der Vorsitzende erwidert, der Steuerausschuß befasse sich bereits mit diesen Fragen und werde die Anregungen des Herrn vr. Ruprecht in der beabsichtigten Eingabe berücksichtigen. Zum Punkt: Schulbuchhandel weist Herr C. Strauß- Chemnitz auf die schwierige Lage der Schulbuchhändler hin. Er bittet den Verlag, künftighin größeres Entgegenkommen zu zeigen. Zum Punkt: WissenschaftlichesAntiquariat bemerkt der V o r s i tz en d e, die seitens des Vereins der Deutschen Antiquariats- und Exportbuchhändler erfolgten Angriffe seien wohl den meisten Mitgliedern bekannt geworden. Der Vorstand habe deren Haltlosigkeit nachgewiesen und werde diesen Nachweis den Mitgliedern in geeigneter Form zur Kenntnis bringen. Eine Diskussion über die Angelegenheit in der heutigen Versammlung lehne der Vorstand ab. Beim Punkt: Tauschverkehr weist Herr Waldemar Heldt - Hamburg auf die Hamburger Einrichtungen hin in der Hoffnung, auch andere Orte zu ähnlicher Organisation anzuregen. Er gibt nähere Erläuterungen darüber und bemerkt zusammen fassend, Vorbedingung dafür sei, daß die Sortimenter sich als Kollegen, nicht aber als Konkurrenten betrachten. Unter der De vise: »Einer für alle, alle für Einen- würden sich die Hamburger Einrichtungen auch in anderen Städten nur zum Besten des Buch handels auswirken. Der Vorsitzende schlägt vor, den Punkt Neuwah len vorweg zu nehmen, womit die Versammlung einverstanden ist. Er erläutert den Wahlzettel und stellt die Wahlvorschläge zur Besprechung, Nachdem sich niemand zum Wort meldet, werden die Wahlzettel eingesammelt und die Wahl wird geschlossen. Der Vorsitzende fährt in der Beratung des Geschäftsberichts fort. Er stellt den zweiten Teil, den Tätigkeits bericht, zur Aussprache, > Zu den Abschnitten: Ladenpreis, buchhändleri sches Verkehrsrecht und Studentenbuchhandel wird das Wort nicht gewünscht. Zum Abschnitt: Wettbewerb der öffentlichen Hand führt Herr Hermann HiIlger - Berlin aus, daß er sich als Mitglied des Preußischen Landtags stets für den Buchhandel verwende und auf den Wettbewerb der öffentlichen Hand sein be sonderes Augenmerk richte. Er habe eine Reihe von Anträgen gestellt, von denen auch einige Erfolg gehabt haben. Ein neuer licher Antrag betreffe den Vertrieb der Kursbücher durch die Reichspost zum Schaden des Buchhandels, Es häuften sich in letzter Zeit die Mitteilungen, daß die neuen Kursbücher an den Schaltern verkauft werden, und daß der Schalterbeamte einen Verdienst von 10 bis 15 Prozent Habs, während die Reichspostdiroktion dem Buchhandel ebenfalls nur diesen Prozentsatz gebe. Eine weitere Schädigung des Buchhandels sei der Kursbuchvertrieb der Mitropa, die ihr eigenes Kiftsbuch durch Kellner in den Eisenbahnwagen verkaufen lasse. Er habe insbesondere betont, daß die Erwerbslosennot immer schlimmer werden müsse, wenn durch die öffentliche Hand die Erwerbstätigen in ihren Erwerbs Möglichkeiten immer mehr eingeschränkt würden. In dieser Frage müßten unbedingt Verleger und Sortimenter gemeinsam Vorgehen und sich Helsen, Er bittet deshalb, daß man ihm alles zu er langende Material entweder über den Börsenverein oder direkt zuleite, Herr Generaldirektor vr, H eß weist auf die im Geschäftsberichtsabschnitt erwähnten Verhandlungen mit der sächsischen Re gierung über eine Buchvertriebsstelle der öffentlichen Hand hin undhebt hervor, daß die Regierung ohne weiteres dem Anträge des Börsenvereins stattgegeben und den Vertrieb unterbunden habe. Diese erfreuliche Hilfe sei leider von den Regierungen anderer Staaten nicht immer zu erhalten. Vielfach werde entgegengehalten, daß auf buchhändlerischem Gebiet die Konkurrenz der öffent lichen Hand nicht so schlimm sei. Um diesen Einwendungen den Boden zu entziehen, habe der Börsenverein eine Denkschrift ver faßt, in der das gesamte buchhändlerische Material zusammengefaßt ist. Er bittet, diese nach Erscheinen an alle in Betracht kom menden Stellen zu leiten. Er dankt dem anwesenden Vertreter der sächsischen Regierung nochmals für die jederzeit gewährte Hilfe und erbittet auch für die Verbreitung der Denkschrift Unterstützung, Zu den Abschnitten: Werbung, buchhändleris che Ausbildung, Gesetzgebung wird das Wort nicht ge wünscht. Zum Punkt Urheber- und Verlagsrecht: Herr vr, Gustav Kirstein - Leipzig weist daraus hin, daß sich der Buchhandel von jeher gegen die Einführung jedes Lizenzsystems gewendet habe. Überraschenderweise habe die Regierung, d, h, der bisherige Reichsjustizminister von Guörard sich für die Einführung einer Zwangslizenz nach englischem System ausgesprochen, Herr vr, Kirstein gibt mehrere Erläuterungen zu dem bestehenden englischen System und weist aus die großen Schwierigkeiten hin, die mit seiner Einführung in Deutschland verbunden sein würden, so beispielsweise die Auseinandersetzungen mit den Erben, die Fest setzung eines bestimmten Prozentsatzes vom Ladenpreis, Bemerkenswert sei, daß das System in England kaum zur Anwendung komme. Insbesondere sei hervorzuheben, daß es durchaus noch nicht klar sei, ob das englische System im internationalen Sinne als Schutzfrist anerkannt werde. In einer Denkschrift, die der Regierung in den nächsten Tagen überreicht wird, hat der Börsen verein nochmals alle Argumente zusammengestellt, die gegen die Einführung des englischen Systems in Deutschland sprechen, Herr vr, Gustav Kirstein bittet die Hauptversammlung, folgende Resolution anzunehmen: »Die Hauptversammlung lehnt noch einmal einmütig den Gedanken ab, das sogenannte englische System der Zwangslizenz in die deutsche Gesetzgebung einzuführen. Ständig fortgesetzte Überlegungen und Untersuchungen haben die Überzeugung erhärtet, daß dieses System un praktisch ist, die Sicherheit des Urheberrechts gefährdet und auch internationale Schwierigkeiten gewärtigen läßt. Die Hauptversammlung erwartet, daß die Retchsregierung sich den begründeten Vorstellungen aller Zweige des Buch-, Kunst- und Musikalienhandels nicht verschließen wird«. Der Vorsitzende stellt bei der Abstimmung über die Resolution fest, daß diese einmütig von der Hauptversammlung angenommen ist. Zum Punkt: Verkehrsfragen bittet Herr vr, Felix Meiner- Leipzig als Vorsitzender der Buchhändler-Abrech nungsgenossenschaft die Mitglieder des Börsenvereins, mehr als bisher mit der Genossenschaft zusammenzuarbeiten. Er bittet ins besondere bei Klagen über die Genossenschaft, Einzelfälle zu nennen; nur dann sei es der Genossenschaft möglich, etwas zu unternehmen. Die Besorgnis vieler Firmen, dadurch in Unannehmlichkeiten verwickelt zu werden, habe sich erfahrungsgemäß als unbegründet er wiesen, Zusammensassend richtet er an diejenigen, die noch nicht Mitglied der Genossenschaft sind, die Bitte, ihr beizutreten, 472