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Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Redaktioneller Teil. ^ 192, 19. August I91K. wie »Kulturträger«, »ideelle Werte« usw., gewidmet. Dan» aber verschwindet er unweigerlich in der Versenkung. Ist das die theoretische Fachausbildung, die der Buchhändler braucht? Freilich kann man billigerweise nicht verlangen, das; allgemeine Handelsschulen dem Buchhandel einen breiten Raum in ihren Unterrichtsplänen gewähren, Wohl aber könnte man verlangen, daß in den gröberen Städten, in denen sich das lohnen würde, Fachklassen für Buchhändler eingerichtet würden! Die Anregung dazu müßte natürlich vom Buchhandel selbst, also von dem betreffenden Ortsvcrein ausgehcn. Er müßte an die Schule hcrantreten und sagen: »Wir Buchhändler beschäftigen so und soviel Lehrlinge und würden sie der Schule zufllhrcn, wenn sie Fachunterricht erhielten«. Das geht nun allerdings nicht so schnell, wie es hier aus gesprochen wird, aber es geht! Und welche Ausblicke eröffnen sich! Unsere jungen Berufsgenossen enchfangen eine erweiterte wertvolle Fachausbildung. Die Buchgewerbekunde ge währt ihnen Einblick in das Werden des Buches, sie lernen Papier prüfen, Korrekturen lesen, kalkulieren, Buchausstattungen beurtei len usw., inderBuchhandelsbctriebslehre tut sich vor ihnen das große Gebäude des deutschen Buchhandels mit seiner Organisation, seinen einzelnen Zweigen und deren Grund lagen und Arbeitsbedingungen auf, in der Geschichte des Buchhandels hören sie, wie unsere gegenwärtigen Berufsein richtungen das Ergebnis einer jahrhundertelangen Entwicklung sind, ohne deren Kenntnis die Lösung der den Buchhandel heute bewegenden Fragen immer nur Stückwerk bleiben wird; sie wer den erfüllt von Stolz auf die Vergangenheit, Bewunderung für die Gegenwart und von Glauben an die Zukunft ihres Berufs. In der B u ch h a l tu n g enthüllen sich ihnen im Zusammenhang die Geheimnisse des buchhändlerischen Rechnungswesens und die Grundzüge rationeller Geschäftsorganisation, in der Gesetzes kunde wird ihnen in ständiger Anlehnung an den Buchhandel das Wesentliche aus dem bürgerlichen, dem Handels, und Wcch- selrecht geboten, dann eingehender das Urheber-, Verlags- und Preßrecht und schließlich das buchhändlerische Gewohnheitsrecht, wie es seinen Niederschlag gefunden hat in der Verkehrs- und Verkaussordnung. In der L i t e r a t»r g e s ch i ch t c empfangen sie in Ergänzung ihrer Schulkenntnisse einen Überblick über die moderne in- und ausländische Literatur und werden zu frucht bringender Lektüre angeregt. Dazu könnten je nach den Um ständen noch allgemeinbildende Fächer treten, wie Sprachen, Volkswirtschaftslehre, Bllrgerkundc, Kunst- und Musikgeschichte u. a. Müssen diese Andeutungen nicht jeden, ^>em die Zukunft unseres Standes am Herzen liegt, mit dem Wunsche erfüllen, zu ihrer Verwirklichung bcizutragen? Die genaue Festsetzung des Lehrplans, der Unterrichtszeit (früh oder abends) und Unter richtsdauer (Jahreskurs, Halbjahrskurs) hätte natürlich von der betreffenden buchhändlerischen Korporation im Einvernehmen mit der Schulleitung zu erfolgen. Die Anlehnung an die Schulorgani« sation mühte sehr eng sein, wenn cs sich um junge Leute handelt, die noch sortbildungsschnlpflichtig sind; dagegen könnte den Wünschen der Buchhändler fast unbeschränkt Rechnung getragen werden bei jungen Leuten, die der Fortbildungsschulpslicht ent wachsen sind, denen gegenüber also keinerlei gesetzliche Vorschrif ten über Zahl und Gegenstand der Unterrichtsstunden in Frage kommen. Diese letzteren Kurse könnte man dann auf etwas freierer Grundlage aufbauen, sie vielleicht auch jungen Gehilfen zugänglich machen, die auswärts gelernt und keine Gelegenheit zu ihrem Besuch gehabt haben. Die Hauptsache wäre jedoch ein umfassender, systematisch aufgebauter Lehrplan. Dadurch würden sich diese Kurse von den jetzt an einzelnen Orten schon be stehenden Foribildungskursen unterscheiden, die aber, wie das Beispiel der Leipziger Buchhändler-Lehranstalt zeigt, nicht etwa überflüssig werden würden, sondern nur ihre Ziele höher stecken müßten. Und die Beziehungen der Kurse zum Buchhandelsamt? Ja die liegen doch wohl auf der .Hand. All das Material, das sich das Amt selbst erarbeitet oder das bei ihm zusammenläuft, wird sorgfältig gesichtet und von Zeit zu Zeit in geeigneten, knappen Zusammenstellungen als Anregung an die Leiter der Kurse wei- 1094 tergegeben. Diese arbeiten es dann mit dem Jungbuchhandel durch, der die Anregungen mit hinaus in die Praxis nimmt. So könnte nach und nach jene Durchsetzung des Buchhandels mit neuen, fruchtbaren Gedanken'stattfinden, die eingangs als wünschenswert hingestellt wurde. Diese kurzen, skizzenhaften Ausführungen bedeuten natürlich kein Programm, sondern nur eine Anregung, die wohl der wet teren Verfolgung wert ist. Sollte sie aus guten Boden fallen, so könnte wohl weiter über die Wege zu ihrer Ver wirklichung gesprochen werden, denn das muß nochmals be tont werden: verwirklichen läßt sie sich, trotz der mannigfache» Schwierigkeiten, die vor allem in der Gestaltung des Lehrplans, den Verhandlungen mit den Schulen und, zum letzten, aber nicht zum geringsten, in der Beschaffung geeigneter Lehrkräfte liegen. Aber sind Schwierigkeiten nicht da, um über wunden zu werden? Darum Glückauf zum neuen, des Buch handels würdigen Ziele! Aus dem schwedischen Buchhandel. vi. <v stehe Bbl. Nr. 18k.> Vorträge. — Österreichische Ausstellung. — Bücher siir Kriegsgefangene. — Theater. — Kurs des deutschen Geldes. — Rabattgewährung. — Aus landsporto. — Zahlung der sinnländischen Buchhändler. — Die schwedische Literatur in Finnland. — Kinnländische Verhältnisse. — Die Sommerzeit. — Geschäftsschluß. — Französische Werbearbeit. — Eine englische Goetheausgabe. In Stockholm sind während des Frühjahrs zahlreiche Vor träge gehalten worden, und ganz besonders haben deutsche Vorleser dazu beigetragen, sie wertvoll zu machen. Pro fessor Franz von Liszt hielt aus Einladung der Stockholmer Stu dentenschaft zwei Vorlesungen über strafrechtliche Fragen, Professor Strzhgowskt aus Wien «ine ganze Reihe über alt- christliche Kunst und vr. Peter Jessen aus Berlin auf Einladung des Kunstgewerbevereins zwei über »Das neue deutsche Kunst gewerbe« und »Das neue deutsche Buchgewerbe«. Die Stu dentenschaft hatte beabsichtigt, eine ganze Serie von Vorträgen hervorragender Gelehrten aus den kriegführenden Staaten zu ver anstalten, und Wohl auch an politische Vorträge gedacht. Es kam aber anders. Der bekannte englische Gelehrte Professor G. Murray traf zuerst ein und sollte über »Die politische Bilanz Englands« sprechen. Der Vortrag wurde aber im letzten Moment von der Regierung verboten, und statt dessen sprach er über »Das griechische Drama«. Auch Professor Bergson aus Paris soll erscheinen. Ob er noch kommen wird, ist zweifelhaft. Erwähnen möchte ich übrigens bei dieser Gelegenheit, daß das neue Buch von Professor Gustaf Cassel über die ökonomische Widerstands kraft Deutschlands (D^bslanäs eironomiska moästünckslcrakt), des sen Übersetzung ich kürzlich empfahl, in deutscher Ausgabe in zwischen in der Ullstein-Sammlung »Männer und Völker« er schienen ist. Von buchhändlerischem Interesse war auch eine reichhaltig« Ausstellung von auserlesenen kunstgewerblichen Gegenständen aus Österreich-Ungarn, die in Verbindung mit Vorführungen der neuen Wiener Moden in dem vornehmen Kaufhaus »dlarclissta LomMmot« acht Tage hindurch stattfand. Außer ungewöhnlich schönen Proben von Volkskunst und moderner Kunstindustrie (darunter besonders hervorzuheben »Die Wiener Werkstätte«) waren auch eine Anzahl Bücher und andere Druck erzeugnisse der Staatsdruckerei, Steinzeichnungen, Radierungen, Einbände usw. ausgestellt. Auch wurde ein Vortrag vor einem eingeladenen Publikum gehalten. Wie mir gesagt worden ist, wird im Herbst eine deutsche Buchgewerbeausstellung in der König!. Akademie der freien Künste stattfinden. Aus zuverlässiger Quelle weiß ich, daß auch eine Ausstellung von französischer Lite ratur geplant ist und wahrscheinlich vorher stattfinden wird. Die »Leipziger Jllustrirte Zeitung« zeigte hier am Anfang des Jahres eine Sammlung von annähernd 500 Originalen ihrer Kriegszeichner. Natürlich »deutsche Propaganda«! ! Darob un gnädiger Empfang in der liberalen Presse. Meines Erachtens