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Nr. 1S2. »inner^i^^s^Deu^chen Äescheo^ Ni^tmitgl^eder'^im ^ Seil^berechl/et. — In dem illust^crt^, TeU: für MitgUeder ^ ' r ^ M?rv" j?hrttch?Äach ^dem^ Dus^and'^^olgt Lieferung N «aüm 15 -pf^'/. 6.13.50 M.. 6.2S M..'/. S. 50 M.: für Nicht- Z » über Leipzig oder dur^ Kreuzband, an Nichtmit^lieder in ^ mi^lieder »0 -Pf., 32 M.. 60^M.. ISO M. — Deilagen werden S LHÄMuMMWrMrUM'eMNWUBWEW Leipzig, ^.Sonnabend den 19. August 1916. 83. Jahrgang. Redaktioneller Teil» Buchhandelsamt und Lehrlingsausbildung. Von Karl Illing. Die in Nr. 180 des Bbl. angeregte Schaffung einer Art von Buchhandelskammer, die ihr Hauptziel in der Zusammenstellung, Verarbeitung und Zugänglichmachung all des Materials erblicken soll, das in irgendwelcher Weise — sei es unmittelbar oder auch nur mittelbar — geeignet ist, den Bücherabsatz zu fördern, bietet erfreuliche Ausblicke auf die Zukunft des deutschen Buchhandels. Allein schon der Gedanke, daß die vielen Anregungen auf ge- schäftsorganisatorischcm Gebiete, die, einem findigen Kopfe ent sprungen, bis jetzt kaum über den eigenen beschränkten Betäti gungskreis des Betreffenden hinauswirkten, günstigenfalls in einem Börsenblatlartikel ausklangen, daß diese fruchtbaren Ideen künftig der Allgemeinheit nicht nur in theoretischer Weise vorgc- tragen, sondern praktisch, gewissermaßen mundgerecht zugänglich gemacht werden können, ist bestechend, von den übrigen Wir- kungsgebietcn des Amtes gar nicht zu reden. Ein besonderer Vorzug dieser Beratungsstelle müßte es nun werden, daß sie nicht erst auf Anrufen in Tätigkeit tritt, sondern daß sie das zur Verfügung stehende Material den Berufsgenosscn sozusagen selbsttätig zuführt, und zwar in einer Weise, daß sich der ein zelne den gegebenen Anregungen nur schwer entziehen kann. Das wäre bei dem konservativen Sinne des Buchhandels sehr wesentlich, wenn nicht gar ausschlaggebend für den Erfolg des Amtes. Es muß auch der von den neuen Gedanken mit fort gerissen werden, der sonst nicht gerade das Bedürfnis nach Neuerungen in seinem Geschäft empfindet; es mutz eine plan mäßige Durchsetzung des Buchhandels mit den als standesför- dernd erkannten Maßnahmen und Einrichtungen stattfindcn. So einfach der Gedanke an sich ist, so schwer ist seine Durchfüh rung. Gelegentliche Vorträge und Fachblattartikel wirken hier viel zu oberflächlich, zumal sie doch nur von denen angchört oder gelesen zu werden Pflegen, die an und für sich schon geneigt sind, mit der Zeit fortzuschreiten. Da muß tiefer gegriffen, muß vor allem planmäßig vorgegangen werden. Die Arbeit hätte, nach dem alten Sprichwort vom Hänschen und vom Hans, bei dem buchhändlerischen Nachwuchs, in erster Linie also bei den Lehrlingen einzusetzen. Geschieht dies in geeigneter, energischer Weise, so werden wir nach fünf oder zehn Jahren das ernten, was wir heute säen. Wie aber kommen wir zu diesem Ein- sluß auf die Jugend? Der einzige Weg, der hier mit Sicherheit zum Ziele führt, ist die einheitliche Schaffung von Bildungsgelegenheiten für den Jungbuch handel. Es ist eine bekannte Tatsache, daß die Lehre im Geschäft dem Buchhandlungsbeflissenen nur einen Teil der Bildung ver mitteln kann, die er später in seinem und seines Standes Inter esse besitzen und betätigen muß. Das Geschäft soll dem Lehrling in erster Linie die Möglichkeit zur Aneignung prak tischer Fertigkeiten bieten. So wichtig diese für sein Fortkommen sind, so stellt doch heute das Geschäftsleben, auch im Buchhandel, noch höhere Anforderungen. Es verlangt vor allem einen freien Blick und erhöhte geistige Beweglichkeit. Beide können durch Erfahrung erworben werden, aber in un serer schnellebigen Zeit führt dieser Weg zu langsam zum Ziele. Schon der Dreißig-, ja der Zwanzigjährige müssen, wenn sie vorwärtskommen wollen, einen weiteren Gesichtskreis haben. Deshalb hat neben die praktische Ausbildung in der Lehre unbedingt die theoretische zu treten. Diese liegt nun im Buchhandel ziemlich im argen. Gewiß bieten sich hundert Gelegenheiten zur Pflege der Allgemeinbildung, aber fast keine zur Erlangung einer erhöhten Fachbildung. So kommt es denn, daß schon der Jungbuchhandel sich vielfach jenen für die kaufmännische Durchbildung unseres Berufs so gefährlichen halbphilosophischen, über alles »Geschäftliche« hoch erhabenen Zug aneignet; so kommt es, daß sich nicht selten Verlag und Sortiment aus Unkenntnis der gegenseitigen Arbeitsbedingun gen wie feindliche Brüder gegenüberstehen; so kommt es, daß der Leipziger Kommissionär manchmal die Hände über dem Kopfe zusammenschlägt über die Zumutungen, die ihm von aus wärtigen Kommittenten gestellt werden, und die von einer gcrade- ! zu trostlosen Unkenntnis der Grundlagen buchhändlerischer Or ganisation und buchhäudlcrischen Geschäftsgebarens zeugen. Wie mancher junge Berussgenosse hat noch nie ein Exemplar der Verkehrs- oder Verkaufsordnung in den Händen gehabt, noch nie einen Blick in das Urheber- ' und Verlagsrechtsgesetz getan; wie rührend hilflos stellen ! sich viele an, wenn es sich um Buchführungs- und Steuer- i fragen, um Wechselangelegenheitcn, kurz um all das handelt, ! was sie nicht praktisch im Geschäft gelernt haben. Und warum? 'Es hat ihnen eben die nötige theoretische Ausbildung gefehlt! Der kaufmännische Nachwuchs im Warenhandel ist in dieser Hin sicht ungleich besser gestellt. Ihm bietet sich eine Unzahl von Bildungsgelegenheiten, von der kaufmännischen Fortbildungs schule angefangen bis zur Handelshochschule. Dagegen besteht im ganzen reichsdcutfchen Buchhandel, von verschiedenen Fort bildungskursen abgesehen, nur eine einzige derartige Einrichtung, die Buchhändler-Lehranstalt zu Leipzig. Warum nicht mehr? Nun, offenbar hat sie der Buchhandel bisher nicht für nötig ge halten, denn die Gelegenheit zu ihrer Schaffung war immer da. Sehen wir genauer hin! Jede größere Fortbildungsschule hat Fachklassen für Bäcker, Kellner, Rechtsauwaltsschreiber usw., manche bessere Handels schule hat Sonderabteilungen für Bankangestellte, Versicherungs lehrlinge u. a. Wo gibt es Sonderklassen für Buchhändler? Man soll hier nicht einwenden, daß der Buchhandlungslehrling doch meist das Einjährige hat und des halb nicht mehr fortbildungsschulpflichtig ist. Das sind viele junge Leute, die die »Fachkurse« der Handelsschulen besuchen, auch nicht, aber sie, bzw. ihre Prinzipale sehen doch ein, daß sie deshalb noch viel zu lernen haben. Das sagt sich auch mancher Buchhändler und schickt seine Lehrlinge in eine Handelslehr anstalt. Dort führen die jungen Leute dann Bücher über Kaffee und Zucker, schreiben Briefe über Heringe und Seife, rechnen mit Pfund Sterling, Rupien und anderen exotischen Münzen, machen unglaublich verzwickte Börsengeschäfte und lernen die Gewinnung und Verarbeitung aller nur möglichen Rohstoffe kennen (höchstens die Papierfabrikation bleibt weg), nur vom Buchhandel hören sie nichts. Oder doch! Er wird ja »er wähnt«. Bei der »Einteilung« des Handels, als »besonderer Zweig«. Vielleicht werden ihm auch einige anerkennende Worte, 1093