Volltext Seite (XML)
Redaktioneller Teil. 192, 19. August 1916. ist. Ferner haben die Schweden Finnlands sich mit der rus sischen Herrschaft abgefunden und sich gegenüber dem alten Mut terlands oft kühl ablehnend Verhalten. Für Schweden dürfte Finnland gegenwärtig nur noch politische Bedeutung haben. Zur Zeit wird die Frage der Einführung der von Deutschland erfundenen »Sommerzeit« auch in Schweden lebhaft diskutiert und ist von der Regierung in Aussicht gestellt worden. Vielleicht ist diese Zeitverschiebung, wenn diese Zeilen im Börsen blatt erscheinen, schon eine Tatsache. Die Maßnahme scheint mir für uns von sehr geringer Bedeutung, da wir ja schon gegen Ende Mai die Hellen Nächte haben. Die Helligkeit nimmt dann all mählich zu und erreicht um die Mitte des Juni ihren Höhepunkt. Im mittleren und nördlichen Schweden hat man während des Sommers nur eine leichte Dämmerung, etwa von 11 bis 1 Uhr, während in Stockholm die Straßenlaternen gar nicht angezündet werden, übrigens versteht man bei uns die Arbeitszeit auf die Hellen Stunden des Tages zu begrenzen. Die große Firma dsvrckltika Lompaniet schließt schon seit mehreren Jahren das ganze Jahr hindurch um 6 Uhr, und andere Geschäfte sind dem Beispiel gefolgt. Zwei große Buchhandlungen in Stockholm, C. E. Fritze und Nord. Bokhandeln schließen seit einiger Zeit eben falls um 8 Uhr. Die Vorteile sind ja offenbar, und man braucht nicht zu streiten, ob dieses oder jenes in Deutschland übliche alt modische und kraftverschwendende System vorzuziehen ist. Die vernünftige Einteilung der Arbeitszeit im Geschäftslebcn ist ganz einfach eine Frage der Volksgesundheit, die Wohl auch in Deutsch land einmal gelöst werden muß. Als ein bemerkenswertes Zeichen der neuerwachten Liebe Frankreichs zu Schweden verdient erwähnt zu werden, daß der Verein »U'amitiö kraneo - sueckois« in Paris beschlossen hat, in jedem Jahre zwanzig schwedische Gym nasiasten zu freien Reisen in Frankreich einzuladen. Für die Reisen sind jährlich 5000 Fr. veranschlagt worden. Da sie aber während des Krieges nicht stattfinden können, hat man beschlos sen, bis zum Friedensschluß das Geld als Prämien für hervor ragende Fortschritte in der französischen Sprache auszuteilen. Auch eine Propaganda, die natürlich einer politischen Absicht nicht entbehrt! Zum Schluß möchte ich ein in England kürzlich in deutscher Sprache erschienenes prächtiges Werk erwähnen. Die »Hoves Uress« veröffentlichte eine Prächtige Bibliophilenausgabe von »Auserlesenen Liedern, Balladen und Gedichten« von Goethe. Das Exemplar kostet 66 Mark und wird Wohl jedem Sammler ein kostbares Kuriosum werden. In einer Zeit wie der gegenwär tigen erscheint cs geradezu abnorm, daß in England Gedichte des größten Dichters deutscher Zunge einer kostbaren Biblio philenausgabe würdig erachtet werden. Aber Goethe lebte ja auch in der guten alten Zeit, in die England Deutschland so gern zurückversetzen möchte. L. ?. L. Kleine Mitteilungen. Bitte an die Herren Vorsitzenden der Kreis- und Ortsuercinc. — Wir möchten nicht verfehle», auf den Artikel des Herrn Karl Illing: »Buchhandelsamt und Lehrlingsausbildung« in dieser Nummer be sonders die Herren Vorsitzenden der Kreis- und Ortsvcreinc im Deut schen Buchhandel ausmerksam zu machen. Die Krage der Ausbildung des buchlMdlcrischeu Nachwuchses ist für die Zukunst unseres Berufes von so großer Bedeutung, daß auch die Kreis- und Ortsvereine über kurz oder lang sich damit werden beschäftigen müssen. Der Börsen- vercin wird — wenigstens zunächst — kaum in der Lage sein, hier helfend einzugreifcu, da die örtlichen Verhältnisse oft derart ver schieden sind, daß je nach ihrer Besonderheit und den Voraussetzungen für die Einrichtung oder Angliederung von Buchhandclskursen in dem einen Kreisvcrcin die Maßnahmen, in dem anderen jene ergriffen werden müssen. Die in dem Artikel gegebenen Anregungen verdienen indes eine eingehende Prüfung, zumal Herrn Illing, der sein Interesse für buchhändlcrischc Standessrage» wiederholt durch Artikel im Börsenblatt bekundet hat, als langjährigem Lehrer für Handels- Wissenschaften an der Buchhändler-Lehranstalt zu Leipzig eine gewisse Sachkenntnis aus dem Gebiete der Lehrlingsausbildung zugcsprochen werden muß. Wir würden uns deshalb freuen, wenn die Herren Vorsitzenden der verschiedenen Vereine dieser Angelegenheit ihr freundliches In teresse zuwcnden wollten, indem sie die Möglichkeiten der Durchfüh rung des Plans in ihrem Kreise prüfen und zu dem Vorschläge des Herrn Illing im Börsenblatt«: Stellung nehmen würden. Zunächst würde es sich wohl darum handeln, unter Beiscitclassung aller Einzel heiten fcstzustellen, welche Kräfte und Einrichtungen in den verschie denen Bezirken vorhanden sind, die mit einiger Aussicht auf Erfolg in den Dienst dieser Idee gestellt werde» könnten, und welche Stellung die Herren Kollegen ihres Kreises zu der Frage einnehmen. Viel leicht wäre auch zu erwägen, ob es nicht angängig ist, die Frage aus die Tagesordnung einer Kreis- oder Ortsvcrsammlung zu setzen, um dadurch das Interesse der Kollegen anzuregen und andere Vereine zu gleichem Tun zu veranlassen. In jeden, Falle wären wir den Herren, die sich für das Thema interessieren, zu Dank verbunden, wenn sie uns über die Aufnahme der Ulingschen Aussührungen in ihrem Kreise nnterrichten würden. Mit dem Buchhandels- und Wcrbc- amt, das ja vorläufig noch auf dem Papiere steht, bitten wir jedoch die Frage der Ausbildung des buchhändlerischcn Nachwuchses nicht zu ver quicken, da eine solche hypothekarische Belastung weder der Verwirk lichung des einen noch des anderen Plans nützen würde. Sollte das Buchhandels- und Werbeamt zustande kommen, so würden sich auch Mittel und Wege finden, von ihm aus eine Brücke zu den Kachkursen zu schlagen, besonders wenn Wilhelm Humboldts bekanntes Wort über die Einrichtung der Berliner Universität auch auf das BuchhanbelS- und Werbeamt »»gewendet würde: »Man beruft eben tüchtige Männer und läßt das Ganze allmählich sich ankandicren--. Im Lette-Verein, Berlin W., Viktoria Luise-Platz 8, findet in, September d. I. ein vierwöchiger Lehrgang für künstlerische Vorsatz- papierc i» Kleistertechnik statt, der sür Freunde der Buchbinderei eine sehr interessante Anregung bieten wird. Fra» Lilli Behrens, die be kannte tüchtige Vertreterin dieser Technik, deren Entwürfe von Vorsatz- papieren sich durch besondere Mannigfaltigkeit und Schönheit auszeich nen, wird diesen Unterricht leiten. Der Lehrgang findet dreimal wöchentlich vormittags statt. Personallilichrichreu. Verleihung des Eisernen Kreuzes. — Mit-dem Eisernen Kreuz 2. Klasse wurden ausgezeichnet die Herren: H o r st Kliemann, Offiziersaspirant und Gefreiter im Infan terie-Regiment Nr. 143, im Hause Günther L Schwan in Essen (Ruhr): W. Schall, Landsturmmann im Infanterie-Regiment Nr. 78, langjähriger Gehilfe im Hause G. E. Lückcrdt (O. Biising) in Osna brück. Gestorben: am 11. August nach nur kurzem Krankenlager Herr Georg Knothe, Mitinhaber der angesehenen Firma Schmorl L von Secfeld Nachf., in Hannover. Die beiden Brüder Carl und Georg Knothe waren lange Jahre An gestellte der Firma Schmorl L von Secfeld und zeichneten zuletzt ge meinsam als Prokuristen. Am 1. Januar 1890 erwarben sie das Ge schäft käuflich und gaben ihm die Firma Schmorl L von Secfeld Nachf. Carl Knothe verstarb 1900, und seine Witwe trat an seine Stelle bis zum Jahre 1904, in dem der jetzige II. Schatzmeister des Börsenvereins, Herr Oskar Schmorl, als Teilhaber eintrat. In Georg Knothe ist ein hervorragend tüchtiger Buchhändler dahingegangen, der in unermüdlicher Pflichttreue, oft über seine Kräfte, für sein Geschäft wirkte. Daneben erwarb er sich noch große Verdienste durch seine Tä tigkeit im Verband Hannover-Braunschweig, in dem er mehrere Jahre den Vorsitz führte. Knothe war ein liebenswürdiger Mensch von an spruchslosem Wesen und vornehmer Gesinnung, der sich viele Freunde erworben hat, in deren Gedächtnis er noch lange fortleben wird. Charles Gueux f. — Wie die »Voss. Ztg.« meldet, ist vor einigen Tagen in einer Vorstadt Brüssels der belgische Volksdichter Charles Gueux, eigentlich Charles Gnillaumc, gestorben. Seine Lieder waren im Volke weit verbreitet und wurden in allen sozialistischen Kreisen gesungen. Gueux, der in der Redaktion des sozialistischen Blattes »I^o ?6up1e« beschäftigt war, hat auch eine »Geschichte des revolutionären Liedes« verfaßt. Gustav Hey f. — In Döbeln ist kürzlich Studienrat Prof. I)r. Gustav Hey im Alter von 70 Jahren gestorben. Neben literaturgeschicht lichen Arbeiten beschäftigte ihn die Erforschung der Siedelungen seiner engeren Heimat. Am bekanntesten sind von seinen hierher gehörigen Schriften: »Die slawischen Siedclnngcn im Königreich Sachsen« (1893) und »Die Sicdelnngen in Anhalt« (1905). Verantwortlicher Redakteur: Emil Thomas. — Verlag: Der Börscnveretn der Deutschen Buchhändler zu Leipzig, Deutsches Buchhändlerhaus. Druck: Ramm L Seemann. Sämtlich in Leipzig. — Adresse der Redaktion und Expedition: Leipzig, Gerichtsweg 26 sBuchhändl^hauss. 1096