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3004 Börsenblatt f. d, Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. — Sprechsaal. 65, 19. März 1907. lisprocluIctiovs-Vecisinsn von ^vZsrsr L 6ösob1 in IVicii. Von Ir. Ir. llsgiöruvgsrs.t 6oor^ k'ritL-IViev. — Vruc:lcps.pisr- Lsurtsiluox voll Or. Lsul LIsmwOs.utesoü b. lloipriA. — l4rg.pbisobs Luvst uuä Ksproäu^tiov. Vu.oIi Vorträgssv von kroksssor Or. lesv lloubigr im X^I. LuvstKswsrbsmussum su Lsrlill bsriobtst voll Or. 6eorA llsövsit, Lorliv. — Hin msrli- würäi^ss Vsvlrmsl äsr V^poKrs-pdis. Laobliistorisclis 8Icierev voll 7. Lissr-Lrewsv. — Latsvtlists üösr neue LrünckuvASv uvä Vsrbesssrunqsv. lilit^stsilt voll ks.telltg.llws.lt kaul Nüller, Lsrlill 8.1V. —Vus äsn Araxbisebsn VeioiviAuvxsn. — Lüobsr- uvä 2sitsobriktsnsobsu; vsrsoüieäsaö Livgäuxo. Der Buchhandlungsreisende. Organ des Verbandes der Buchhandlungsreisenden Deutschlands. Verantwort licher Redakteur und Herausgeber: Felix Burmeister in Berlin. Expedition Berlin dl. 58, Schönfließerstr. 20, HI. I. Jahrgang. No. 7. 4°. S. 49—56. Erscheint am 5. und 20. jeden Monats. An die Mitglieder des Verbandes erfolgt die Zusendung kostenlos und porto frei. Abonnement für Nichtmitglieder halbjährlich 2 Personalnachrichten. Zum Gedächtnis Wilhelm von BraumüllerS. — Der heutige 19. März ruft mit der hundertsten Wiederkehr des Ge burtstags Wilhelm von Braumüllers, Wien, das Andenken an einen der Berufensten unscrs Standes wach. Wilhelm Braumüller hat am 19. März 1807 in dem thüringi schen Pfarrdorfe Zillbach das Licht der Welt erblickt, einer ehemals fürstlich henncbcrgischen, jetzt weimarischen Besitzung, aus der auch Heinrich von Cotta, der berühmte Lehrer der Forstwissen schaft (Gründer der dortigen, später nach Tharandt verlegten und lebenslang von ihm geleiteten forstlichen Lehranstalt) stammte. Sein Vater war der dortige Pfarrer vr. Johann Michael Brau müller, das Muster eines arbeitsamen, streng rechtlichen Geistlichen und Lehrers, der sein ganzes entsagungsreiches Leben und Wirken der dortigen Gemeinde gewidmet hat und dessen Lehre und Vor bild noch heute in ihren Bewohnern nachwirkt. Wilhelm Brau müller verlor den Vater 1820. Um der darbenden Mutter nicht lästig zu werden, zog er am 21. Februar 1821 mit frischem Mut hinaus in die Welt. Von seinem gelehrten Vater mit tüchtigen Kenntnissen ausgerüstet, hatte er sich den Buchhandel als Beruf erwählt. Die fünfjährige Lehre bestand der aufgeweckte Jüngling in der Baereckeschen Buchhandlung in Eisenach. Im April 1826 fand er bei Carl Gerold in Wien Anstellung als Gehilfe und hat unter der liebevollen Anleitung dieses geschäftstüchtigen, humanen Prinzipals, der die Begabung des jungen Mannes schnell erkannte, eine außerordentlich förderliche weitere Ausbildung im Beruf er fahren. Am 11. März 1833 vereinigte sich Carl Gerold mit ihm und dessen Geschäftskollegen undLandsmannL.W.Seidelzur gemeinschaft lichen Übernahme der F. L. Hallerschen Buchhandlung in Brünn, die unter der Firma Seidel L Comp, weitergeführt wurde. Doch blieb Wilhelm Braumüller noch bis zum 1. Januar 1836 im Geroldschen Geschäft. An diesem Tage trat er mit L. W. Seidel in die damals seit 50 Jahren bestehende große Wiener Buchhandlung R. von Mösle's Witwe ein. Auf dieser Grund lage ist seine geschäftliche Selbständigkeit erwachsen. Als von der Regierung bestellter Geschäftsführer leitete er in Teilhaberschaft mit Elisabeth Edle von Mösle und L. W. Seidel diese bedeutende Buchhandlung. Am 1. Januar 1840 übernahm er sie mit L. W. Seidel unter der Firma Braumüller L Seidel. Schon unter dieser gemeinsamen Leitung vergrößerte sich der Verlag bedeutend nach Umfang und innerm Wert. Am 2. September 1848 wurde die Gesellschaft aufgelöst, und cs entstanden die beiden Einzelfirmen W. Braumüller und L. W. Seidel. Beide Firmen sind zu großer Bedeutung gelangt und haben dem deutschen, insbesondre dem österreichischen Buchhandel hohe Ehren gebracht. Zu größter Bedeutung aber erhob Wilhelm Braumüller die seinige. War vor ihm im österreichischen Verlag eine gewisse Zurückhaltung, fast ein Stagnieren unverkennbar, so ist es Braumüllers Verdienst, den Nachweis geführt zu haben, daß für Bücher von wirklichem Wert, der Ort ihres Erscheinens kein Hindernis ihrer Verbreitung sein kann. Während bis zu seinem selbständigen Auftreten die österreichischen Schriftsteller, gehemmt durch Polizei-Beschränkungen und daraus erwachsenes Vorurteil, »nach draußen- gingen, gelang es Braumüllers intensiver und umsichtiger Verlagstätigkeit, dieses Verhältnis fast völlig in sein Gegenteil zu verkehren. Nunmehr blieben nicht nur die österreichischen Schriftsteller und Gelehrten mit ihren Werken in der Heimat, sondern auch von außerhalb Österreichs kamen angesehene Gelehrte nach Wien zu dem mächtig aufstrebenden Verlag Wilhelm Braumüllers, und heute gibt es wenige reichsdeutsche Universitäten, deren Lehrer nicht im Braumüllerschen Verlagskatalog vertreten wären. Unfern fachkundigen Lesern brauchen wir die Bedeutung des Braumüllerschen Verlags nicht weiter darzulegen. Nach Verdienst der höchsten Auszeichnungen gewürdigt, vom Kaiser in den erb lichen Adelstand erhoben, hochgeachtet in der wissenschaftlichen Welt, geliebt und verehrt in weiten Kreisen seiner Berufsgenossen, ist Wilhelm von Braumüller am 25. Juli 1884 in Wien entschlafen. Sein Andenken lebt unter uns fort. Der heutige Gedenktag belebt es und erneuert die ehrenvolle Erinnerung an den vortrefflichen Mann. (Red.) (Sprechsaal.) Geschäftsabtretung an den Sohn. (Vgl. Nr. 63 d. Bl.) Für die unter obiger Überschrift in Nr. 63 d. Bl. angeregte Frage läßt sich naturgemäß eine Norm nicht aufstellen. Ein Ab kommen dieser Art ist zu sehr abhängig von dem beiderseitigen Entgegenkommen, den Absichten und Ansprüchen der Kontrahenten. Nur nach eingehender Prüfung und Kenntnisnahme aller ein schlägigen internen Verhältnisse wird die Fixierung eines beiden Teilen gerecht werdenden Abkommens ermöglicht. Ich beschränke mich daher auf einige allgemeine Direktiven. Um eine zuverlässige Basis zu erhalten, hat zunächst eine Be wertung des Geschäfts auf Grund einer genauen Inventur- und Bilanzaufstellung zu erfolgen. — Umsatz und Reingewinn allein bleiben immer sehr unzuverlässige Faktoren für die Feststellung des Kaufwerts eines Geschäfts, besonders gilt dies dann, wenn der Reingewinn, wie so häufig, durch Schätzung ermittelt ist. Aus der Darstellung des Einsenders geht hervor, daß der seit ca. 20 Jahren im Geschäft tätige Sohn Teilhaber der Firma ist und diese allein übernehmen soll. — Es würde daher die Kenntnis des seitherigen Rechts- und Vertragsverhältnisses der Gesellschafter zueinander von Wichtigkeit sein. Ob -stille Ge sellschaft- oder »offene Handelsgesellschaft», ist aus der Darstellung nicht ersichtlich. Doch könnte der Fall vorliegen, daß der Sohn, der seither nur ein zum Lebensunterhalt ausreichendes Salär der Geschäftskasse entnommen, als Gesellschafter der Firma überhaupt einen rechtmäßigen Anspruch auf einen Anteil des vorhandenen Geschäftsvermögens in Mindesthöhe des seit Bestehen des Gesell- schastsverhältnisses alljährlich erzielten, aber während der Jahre nicht zur Verteilung gelangten Gewinnanteils hat. Dieser all jährlich im Geschäft verbleibende Gewinnanteil eines Gesellschafters ist stets dessen Kapitalkonto gutzubringen. So würde auch die erwähnte erfolgreiche Tätigkeit des Sohnes im Geschäft in dem Saldo des Kapitalkontos ein Äquivalent finden. Die vom Einsender skizzierte Form der dem Sohne bei alleiniger Geschäftsübernahme zu bietenden Avance ist einem Leibrentenvertrage gleichzuachtrn und wäre unter bestimmten Voraussetzungen, die den gebotenen Vorteil mit der Zeit nicht illusorisch werden lassen, akzeptabel. Die in diesem Leibrenten vertrage festzulegenden Ziffern stehen in Zusammenhang mit der genauen Bewertung des Geschäfts. Die Höhe der zu gewährenden Avance wird bestimmt durch die Höhe der geforderten Mindest rente. Das Lebensalter der Rentenbezieher ist je nach Art der Abmachung bei der Berechnung der Rente oder des Zinsfußes in Betracht zu ziehen. Ebenso könnte eine kommanditistische Beteiligung des Vaters als zweckmäßige Form erscheinen. Das Vorrecht des Sohnes auf die Kommanditeinlage mit dem Tode der Eltern müßte gleichzeitig festgelegt werden. Die zur Feststellung des Vertragsabkommens ermittelten Zahlen könnten sich die Kontrahenten lediglich als Maximalziffern dienen lassen. Leipzig, den 17. März 1907. Adolf Jaeger, Bücherrevisor für Buchhandel und Buchgewerbe.