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12 Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. Beilage zu Nr. 42, 1904. zur Kompensierung der daraus entspringenden Übelstände auf die Stärkung des Börsenvereins hingewiesen werden muß. Selbstver ständlich nicht in irgendwelcher ausgeführten Polemik, sondern durch den ruhigen Zwang der natürlichen Entwicklung. Dem freien Wettbewerb der modernen Zeit steht überall der Versuch ihrer Hinderung eben durch die Unternehmer gegenüber. Die gebundene Unternehmung und ihre Bestrebungen auf irgend einem Gebiete des Handels gleichsam als etwas Sonderbares und Unzulässiges erscheinen zu lassen, würde deshalb ganz unverständig, bei einem Nationalökonomen ganz unverständlich sein. Die Sortimenterfrage. Das mit den Bedingungen des Einheitsportos und den Prin zipien des Freihandels gedüngte Beet war die Stätte, auf der die Schleuderei üppig und geil emporschoß, besonders in Berlin und Leipzig, zum Schaden zunächst des Provinzialsortimentshandels. Tie Gewerbefreiheit entfesselte den Zustrom der Unberufenen; mit dem Ende der sechziger Jahre beginnt die unerhörteste Zunahme der Buchhandlungen; um zu existieren, muß man Absatz finden, um Absatz zu finden, wird vom Ladenpreis abgegangen. Man zwingt damit auch die Genossen zum Rabatt. Das moderne Anti quariat, das Großsortiment, die Mehrung der reinen Verlags firmen, damit die Stärkung des Kolportagehandels vollenden die bedrängte Lage des Sortiments. Soll den Konsequenzen der Handelsfreiheit freie Bahn ge lassen werden, oder sind Gegenmaßregeln zu ergreifen? Die Antwort ist abhängig von der Bedeutung des Sortiments buchhandels für den Gesamtbuchhandel. Denn nicht das Wohl dieses und jenes Buchhändlers allerdings ist es, um was es sich hier handelt, sondern das Wohl des Buchhandels, mit andern Worten der Literatur selbst. Soll das Sortiment »totgequetscht« oder seine Lebenskraft erhalten und erhöht werden? Der Schaden des Sortiments bedeutet nun nicht nur seinen, sondern den Schaden des Gesamtbuchhandels. Ohne Hilfe des Sortiments mag vielleicht ein extensiver Büchervertrieb möglich sein; aber es ist kein intensiver möglich. Ist dem so, dann ist die ganze obige Frage töricht. Denn das eben sind, zweifellos wenigstens dort, wo es sich um die menschliche Gesellschaft handelt, die Konsequenzen einer Bewegung, die Gefahr droht, daß man den Gefahren zu steuern sucht. Und welches ist das Mittel, den Sortimentsbuchhandel zu schützen? Der feste Zusammenschluß des Gesamtbuchhandels (denn Verleger und Sortimenter haben in der Tat gemeinsame Inter essen) zu korporativer, ja innungsmäßiger Einheit und die Durch setzung des festen Ladenpreises. — Daß dadurch kein Belagerungs zustand über die literarische Produktion und den literarischen Ver brauch verhängt wird, daß dadurch vielmehr der Literatur der beste Dienst erwiesen wird, da, wie uns die Geschichte selbst soeben gezeigt hat, die Interessen des Verlegers, des Sortimenters, des Autors und des Publikums gemeinsame sind, ist sür jeden, der auch nur etwas von Wesen und Geschichte des Bnchl-andels ver steht, wirklich selbstverständlich. Wir würden auch bei dieser dritten und letzten Periode mit deren allgemeiner Charakteristik beginnen. Wir würden sodann den allgemeinen Verlauf der Kämpfe und Reformen verfolgen I im Mittelpunkt steht der Börsenverein. Es folgt die Buchhandels geschichte der Städte, die Geschichte des Büchermarkts; hierauf natürlich ein zugleich die ganze Geschichte des deutschen Buchhandels der Neuzeit abschließender Abschnitt. Auch die Geschichte des deutschen Buchhandels der Neuzeit ist mit graphischen Tafeln zur Statistik zu versehen. An Stelle der verschiedenen Linienzeichnung wäre eine verschiedene Färbung zu empfehlen. Es wäre dankenswert, wenn die Kommission ge statten würde, daß auch den einzelnen Perioden Spezialtafcln bei gegeben würden. Der Beigabe bibliopolischer Karten hatten wir bereits Erwähnung getan. — Namen und Sachregister. Es handelt sich schließlich um die ungefähre Angabe der Dauer und des Umfangs der Arbeit. Dauer der Arbeit. Wir haben in dem Programm des verstorbenen Bibliothekars F. H. Meyer, dem dieselbe Ausgabe vorlag, über die diese Denk schrift handelt, die Angabe gesunden, daß die historische Kommission zu ihrer Lösung drei bis vier Jahre angesetzt habe. Wir werden also unsrer Berechnung vier Jahre, an die wir ebenfalls etwa gedacht hatten, zugrunde legen. Es zerlegt sich eine solche Arbeit in drei Hauptabschnitte: Stoffsammlung, Revision und Ausarbeitung. Die historische Kommission überträgt in ihrem Schreiben vom 23. Juni 1903 dem eventuellen Bearbeiter die Abfassung -zu nächst der ersten und eventuell daran anschließend auch der zweiten Periode«. Es ist also die Absicht die, daß zunächst die Zeit bis 1825 im Manuskript vollständig fertiggestellt werde. Das kommt — im Gegensatz z. B. zu der Ansicht eines der früheren Bear beiter, der eine solche Teilung für unmöglich hielt — mit unser» Intentionen überein. Übersicht und Niederschrift würden sonst eher erschwert, verzögert und verschleppt werden. So aber kann die Planmäßigkeit und das rasche Fortschreiten der Arbeit nur gewinnen. Rechnet man — indem man sich an den Zeitraum von vier Jahren bindet — zur Hauptstoffsammlung dreiviertel Jahr, setzt man zur Revision, Ausfüllung von Lücken etwa drei bis vier Monate an und zur Niederschrift ei» halbes Jahr, so würde, wenn man als Beginn der Arbeit Mitte November 1903 ansetzt, die Niederschrift der Zeit bis 1825 im Juni 1905 beendet sein. Das Manuskript der Folgezeit bis zur Gegenwart würde gegen Ende des Jahres 1907 beendet sein; diese Zeit würde sich eventuell in zwei gleiche Teile zerlegen. Umfang der Arbeit. Was den Umfang anbetrifft, so dürfte es angemessen sein, sür die Geschichte der Neuzeit etwa dieselbe Ausdehnung ins Auge zu fassen, die der gedruckt vorliegende erste Band von Fr. Kapp besitzt. Nach dem der Hauptversammlung der Ostermesse 1877 vorgelegten Plane soll der Umfang des ganzen Werkes womöglich 100 Bogen gr. 8° nicht überschreiten. Diese Grenze kann nicht eingehalten werden. Denn dann würde — der Umfang des Kappschen Bandes beträgt rund 50 Bogen — der Geschichte der Zeit von 1600—1900 nur derselbe Raum zugemessen, wie der jenigen bis 1600, und das wird niemand ernstlich wünschen. Dagegen kommt unser Ansatz überein mit der betreffenden vor läufigen Entscheidung, die vr. E. Brockhaus in seinem diesbezüg lichen Plane vom 22. Juli 1876 getroffen hat. Er veranschlagt das Werk aus drei bis vier Bände gr.-Oktav von je 25—30 Bogen. Danach würden für den bis jetzt noch nicht erschienenen Teil der Geschichte rund 70 Bogen verbleiben, so daß durchschnittlich auf die Zeit bis 1765 und seit 1765 je 35 Bogen fielen. Wir glauben also, wenn wir die Zeit von 1765—1825 auf 20, die von 1825—1900 auf 30 Bogen veranschlagen, von den Intentionen der historischen Kommission nicht wesentlich abzuweichcn. Leipzig, 1. Oktober 1903. vr. I. Goldfriedrich.