Volltext Seite (XML)
Kriegsdrangsale der Oberlausitz zur Zeit des Hussitenkriege^ 9 Doch nicht blos durch die Raubzüge der Hussiten, sondern auch durch adelige Wegelagerer wurden die Bewohner der Lausitz in jenen schlimmen Zeiten geängstigt. So beunruhigte gleichzeitig, namentlich im Juli 1429, Mikschi Panczar, Herr auf Fredewalde, Schwoike und Birkstein, besonders die Bernstädter Gegend, so daß Land und Städte schon im Mai gegen ihn ausziehen und eine Anzahl Truppen nach Bernstadt legen mußten, um seinen Streifereien Einhalt zu thun. Er machte die Straßen unsicher, erschien bald im görlitzer, bald im budissiner Kreise und richtete auf den Dörfern durch Raub, Mord und Brand viel Unheil an. Anfang August, als es im Lande wegen der Hussiten etwas ruhiger wurde, fiel er wieder in Rennersdorf ein und raubte hier und auf den Dörfern umher. Aufs Neue wurde gerüstet und drei Wochen lang Truppen, erst wieder nach Bernstadt und dann nach Reichenbach, auf welche Stadt Mikschi Panczar besonders seine Absicht gerichtet halte, ge legt. Zuletzt mußte man ihn, um größeren Schaden abzuwenden, mit Gelds entschädigen. Im Jahre 1430 fiel Löbau in die Hände der Hussiten. Sie hielten dasselbe besetzt und Siegismund von Wartenberg auf Tetschen unternahm von hier aus mehrere Streifzüge in die Umgegend, unter andern bis Ostritz und Wendisch-Ossig, wo er acht Bauerhöfe abbrannte. Er bedrohte sogar Görlitz mit einem Ueberfalle. Die Görlitzer legten sofort Mannschaften in die benachbarten Ortschaften, um ihn zu beobachten. Er ging aber bei Görlitz vorüber in die Gegend von Rothenburg und machte dort viel Beute. Um Weihnachten ward Bernstadt bedroht. Unter Wenzeslaus Liback Dewerbeczom erschien eine Huffitenschaar von den sogenannten Waisen, Mittags am ersten Feiertage, von dem von 200 Reisigen besetzten Zittau her, in dessen* Umgegend sie großen Schaden verursacht hatten. Die Bewohner Bernstadts hatten ihre beste Habe auf den dasigen Kirchhof gebracht, um sich hinter dessen hohen Mauern zu vertheidigen, ergaben sich aber bald auf Gnade und Un gnade, da die Macht der Feinde — 4000 Mann — zu groß war. Die Hussiten schonten ausnahmsweise diesmal Leben und Habe der Einwohner, ließen eine kleine Besatzung zurück und nahmen, als sie verwüstend nach Reichenbach zogen, einige angesehenere Bürger als Geißeln mit. Am dritten Feiertage stellten sie den Bewohnern von Bernstadt, Altbernsdorf, Cunners dorf, Dittersbach und Kiesdorf einen freien Geleitsbrief aus, unter der Be dingung, daß dieselben sich nie den Hussiten mit gewaffueter Hand widersetzen und die Erbzinsen anstatt an die Herrschaft an jene zahlen sollten. Die An höhe bei Reichenbach, wo der Brief ausgestellt wurde, heißt heute'noch der Ketzerberg. Die Einwohner von Reichenbach beschlossen, unterstützt durch viele hun dert Bauern, sich ebenfalls hinter der hohen Kirchhofsmauer zu vertheidigen. Sie trugen die zunächst am Kirchhofe gelegenen Häuser ab und machten um die Kirche herum einen tiefen Graben, dessen Spuren noch bis in die neueste Zeit, in der man den Gottesacker ebnete, zu sehen waren. Erbittert darüber plünderten die Feinde das Städtchen, wobei viele Menschen erschlagen wurden. Hierauf bestürmten sie die Kirchhofsmauer, wurden aber mit vielem Verlust zurückgewiesen. Beim zweiten Angriff gelang es ihnen aus der Nordseite die Mauer zu ersteigen. Das Blutbad auf dem Kirchhofe war groß. Verzweiflungs voll wehrten sich jedoch die tapfern Bürger. Von der Kirche herab wurde auf die Feinde mit Armbrüsten und Büchsen geschossen, mit Steinen geworfen und