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8 Kriegsdrangsale der Oberlausitz zur Zeit des Hussitenkriege?. um Mitternacht das vermauerte Burgthor zu erbrechen und in die Stadt zu dringen. Ein schreckliches Blutbad war die Folge. Auf den Straßen, in den Wohnungen und in den Kirchen soll man mehr als 1200 Leichen gezählt haben. Zuletzt wurde die Stadt geplündert und angezündet. Ein gleiches Schicksal hatte später auch Wittichenau. Bautzen wurde von einer anderen Schaar vom 12. October an eben falls hart belagert. Bei Annäherung der Feinde ließ der Verweser der Land vogtei, Thimo von Kolditz, sofort die nicht haltbaren Vorstädte abbrennen. Am 13. wurde vom frühesten Morgen an und zwar gleichzeitig an drei Orten mit Wuth gestürmt. Doch der Feind fand die tapferste Gegenwehr; denn Alles, Männer und Frauen, betheiligte sich am Kampfe. Als man mit Schrecken bemerkte, daß ein-Theil des Pulvers durch ruchlose Hand durch näßt und unbrauchbar gemacht worden war, vertheidigte man sich mit kochen dem Wasser, siedendem Pech, Schwefel und Pechkränzen. Erst die Nacht beendete den erbitterten Kampf. Am nächsten Tage erneuerte sich derselbe. Auch als plötzlich ein Haus in Flammen stand und das Feuer weiter um sich griff, verlor man nicht den Muth. Als der Abend nahte, lag der vierte Theil der Stadt in Asche. Immer wüthender stürmte der Feind am dritten Tage und Mittags waren die Hussiten eben im Begriff auf Leitern, die aus der ganzen Umgegend herbeigeschafft worden waren, die Mauer zu ersteigen, Allen voran der hussitische Anführer Molesto. Nahe am Ziel wurde derselbe aber zum Glück gleichzeitig von zwei Pfeilen durchbohrt. Entmuthigt durch den Tod ihres Anführers hoben die Feinde am 16. die Belagerung auf. Der Verräther wurde entdeckt. Es war der damalige Stadtschreiber Peter Prisch- witz, dem die Hussiten für seinen schändlichen Verrath — er hatte nämlich das Pulver verdorben und das Haus anzünden lassen, um dem Feinde wäh rend der entstandenen Verwirrung die Thore zu öffnen — eine bedeutende Geldsumme zu zahlen versprochen hatten. Die Strafe entsprach der barbarischen Rechtspflege jener Zeit. Prischwitz wurde am 6. December d. I. auf einer Kuhhaut über den Markt durch alle Straßen der Stadt geschleift, ihm der Leib ausgeschnitten, das Herz herausgerissen und ihm ins Gesicht geworfen, dann"sein Leib in vier Theile zerstückt und an die vier Hauptbasteien der Stadtseite, wo der Feind gestürmt hatte, gehangey. Am 18. October erschien auch noch Prokop der Aeltere mit 5000 Mann in der Oberlausitz. Er vereinigte sich mit dem anderen Heerhaufen und wandte sich mit diesem, überall gräßlich wüthend, in die Niederlausitz. Furchtbar hausten sie besonders im Kloster Neuzelle und in Guben, welches sie am 27. October eroberten. Sie erschlugen hier einige tausend Menschen, plün derten die Stadt aus und zündete sie sodann an. Auf dem Rückwege aus Schlesien rückten die Hussiten am 4. November abermals vor das starkbesetzte Görlitz und forderten die Stadt auf, sich zu ergeben oder eine Brandschatzung zu zahlen. Zur Antwort steckte man den Parlamentair auf offener Brücke, im Angesicht der Feinde, in einen Sack und warf ihn von der Brücke herab in die Neiße. Aus Rache zündeten die da durch erbitterten Hussiten, die sich aber dessen ungeachtet nicht getrauten, die mit starken Mauern und Thürmen wohlbefestigte Stadt zu stürmen, die wieder ini Bau begriffenen Vorstädte an. Raubend zogen sie weiter und überschritten am 13. November die Grenze Böhmens.