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^ 145, 26. Juni 1905. Nichtamtlicher Teil. 5859 Sie eigneten sich besonders für kleinere Stücke, Initialen und Zierleisten zur Buchillustration und dergleichen. Ob ein Druck von einem Holzstock oder von einem Metall-Reliefschnitt herrühre, feines scharfe Linien hervorgebracht werden wie in Metall, das auch verhältnismäßig wenig verwendet worden zu sein scheint. Eine eigentümliche Art von Reliefschnitten sind die Schrot blätter oder Schrotschnitte (französisch: »ravurss en maniärs oridlss, englisch: äottsä priutb). Sie unterscheiden sich von den Holzschnitten, mit denen sie die Technik im Prinzip gemein haben, vornehmlich dadurch, daß die Formen nicht wie beim Holzschnitt durch weiße, von schwarzen Linien umschriebene Flächen dargestellt sind, sondern durch dunkle Farbenmassen gebildet werden, die von weißen Umrißlinien begrenzt sind. Die schwarzen Flächen sind dann durch weiße Jnnenzeichnungs- und Schraffierungslinien, die Gewänder, Hintergründe und dergleichen durch weiße Punkte, Sternchen, Linien oder andre Musterung gegliedert und belebt. Man hat die Schrotblätter, weil die weiße Linie das formen bildende Element ist, auch Weißschnitte genannt im Gegensatz zum Holzschnitt, der wegen der schwarzen Linien der Zeichnung Schwarzschnitt genannt werden könnte. Während also der Holzschnitt die Flächen vertieft schneidet und die Linien erhaben stehen läßt, vertieft der Schrotschnitt die Linien und läßt die Flächen erhaben stehen, im Druck also schwarz wirken. Offenbar hat man für Schrotschnitte nicht — oder wenigstens nur selten — Holz benutzt. Der Charakter der Linien, ihre große Feinheit und die Schärfe ihrer Ränder, gewisse Unregelmäßigkeiten des Abdrucks, dann die Spuren der Nägel, mit denen die Platten auf Holzblöcke befestigt wurden, beweisen, daß sie fast alle in Metall, Kupfer, Messing, Bronze, Zinn oder Blei ausgeführt worden sind. Beim Abdruck wurden sic wie Holzschnitte oder Metallschnitte mit der Presse, auch im Schriftsätze von Büchern abgedruckt. Auf die ornamentalen Teile wurde beim Schrotschnitt be sonderes Gewicht gelegt, die Musterung meist nicht mit dem Messer oder Stichel, sondern mit Punzen und Formen eingeschlagen, um eine größere Regelmäßigkeit und Sauberkeit der Dekoration zu erzielen. Häufig ist in Schrotblättern, besonders wohl in spätern Arbeiten, der Weißschnitt mit dem gewöhnlichen Holzschnitt kom biniert. So werden die Gesichter und Hände, der Himmel und dergleichen sehr oft weiß mit schwarzer Jnnenzeichnung gebildet. Anderseits hat sich der echte Holzschnitt häufig das Prinzip des Weißschnitts für Arbeiten dekorativen Charakters, besonders für Initialen, Umrahmungen, Leisten und dergleichen, in denen die Zeichnung (die aber häufig auch fehlt) nacheinander auf dasselbe Blatt abgedruckt werden. Durch Aufeinanderdrucken verschiedener Farben können an einzelnen Stellen neue Töne hervorgebracht werden. Nachdem man schon im XV. Jahrhundert den Farb druck mit verschiedenen Holzplatten zur Kolorierung von astro nomischen und figürlichen Darstellungen ganz schematisch in der Art der Schablonierung benutzt hatte, findet er im Beginn des XVI. Jahrhunderts in Deutschland und Italien eine künstlerische Verwertung zur Reproduktion von frei und breit mit dem Pinsel ausgeführten Tuschzeichnungen. Die farbige Wirkung wird hierbei durch Abstufungen derselben Grundfarbe oder durch Übereinander druck komplementärer Farben erzielt. Das Oawawu ist also nicht eigentlich Buntdruck, sondern vielmehr Tondruck zu nennen. Im Gegensatz zum Holzschnitt werden zur Herstellung von Kupferstichen die Linien der Zeichnung in die ganz eben ge- vertieft eingegraben. Man bewerkstelligte das ursprünglich wohl mit einem Goldschmiedepunzen, einem runden, zugespitzten Eisen, später jedoch mit einem besondern Instrument, dem Grabstichel, einem vierkantigen Eisen, das in einem rautenförmigen Quer schnitt schräg angeschliffen ist, so daß eine scharfe Spitze gebildet wird. Mit diesem Grabstichel, dessen pilzförmige Handhabe im Handteller ruht, wird durch den mehr oder weniger starken Druck der Hand eine entsprechende Furche in das Kupfer eingegraben. Um ganz feine Linien zu erzeugen, bedient man sich der Nadel (Schneidenadel oder kalte Nadel). Kleine, zarte Zeichnungen können ganz mit der Schneidenadel ausgeführt werden, gewöhn lich aber wird die Nadelarbeit nur in Verbindung mit andern Techniken zur feinern Ausführung einzelner Teile verwendet. Die leichte Erhebung an den Rändern der durch den Stichel oder die Nadel gerissenen Furche, die durch das nach beiden Seiten aus der Vertiefung herausgedrückte Metall entsteht, der so genannte Grat, wird mit dem Schaber, einem spitzen Stahl mit drei scharfen Kanten, entfernt. In einzelnen Fällen läßt man den Grat, besonders den der Schneidenadelfurche, aber auch stehen, um bestimmte Effekte durch die beim Druck hier stärker anhaftende Farbe hervorzubringen. Mit dem Polierstahl, einem gerundeten, länglichen Eisen, kann die Platte an den Stellen, die durch Fehl- Die Arbeit des Eingrabens der Linien in das Kupfer durch Säuren, die das Metall zersetzen, verrichten zu lassen, ist das Grundprinzip der Radierung (Ätzkunst). Die Platte wird mit dem Ätzgrunde, einer Mischung von Wachs, Harz, Asphalt und Mastix, die von der Säure nicht angegriffen wird, in dünner Schicht überzogen und dann mit Ruß geschwärzt. Den Ätzgrund hat man auf mannigfache Weise hergestellt und verwendet. Mit zunächst die Platte von neuem grundiert, und zwar so, daß die geätzten Linien offen bleiben, dann auch die schon genügend geätzten Stellen mit Firnis deckt und nun das Ätzwasser auf die vom Firnis freigebliebenen Linien, die mehr vertieft werden sollen, noch einmal wirken läßt. Der geätzte Strich hat in allen Teilen gleiche Stärke, er läßt sich nicht nach dem Ende zu verdünnen, wie der Strich des Grab stichels. Deshalb wird die geätzte Arbeit fast immer mit dem Grabstichel und der Schneidenadel retouchiert, die Schatten ver stärkt, Fehlstellen überarbeitet. Die Radiertechnik wird auch als Vorarbeit, zur Herstellung der Vorzeichnung für die Grabstichel arbeit, oder zur Ausführung einzelner Teile, denen man eine leichtere, duftigere Wirkung geben will, verwendet. Auf die fertig gestochene oder radierte, sorgfältig gereinigte Platte wird nun die Druckerschwärze, eine Mischung von Leinöl und Ruß, so aufgetragen, daß nur die Furchen dicht gefüllt sind, die glatte Oberfläche aber vollkommen rein und blank gewischt ist. Damit die Farbe besser in die feinen Vertiefungen eindringe, wird die Platte angewärmt. Die eingeschwärzte und gewischte Platte wird mit dem für den Abdruck bestimmten, angefeuchteten Papier und dieses mit schützendem Wollstoff bedeckt und auf dem Laufbrett zwischen die mit großer Kraft aufeinander gepreßten Walzen der Kupferdruckpresse vermittelst des Triebwerkes hindurch gedrängt. Das Papier hat dann die Druckerschwärze aus allen Furchen der Platte vollständig aufgesogen und zeigt den fertigen Abdruck. Von der Kunst des Drückens, die außerordentlich schwierig ist, vor allem von der richtigen Abmessung und Ver teilung der Druckerschwärze auf der Platte, dem »Wischen«, hängt zum großen Teil die Wirkung des Kupferstichs und auch die gute Erhaltung der Platte ab. Die Künstler haben deshalb die ersten zum eignen Gebrauch und zu Geschenken bestimmten Abdrücke häufig selber, in den älteren Zeiten natürlich mit primitiveren Hilfsmitteln, von der Platte abgezogen. Neben diesen beiden hauptsächlichsten und ursprüng lichsten Gattungen der Kupferstichtechnik sind im Laufe der Jahrhunderte noch andre Arten der Bearbeitung der Kupfer platte erfunden und mehr oder minder lange Zeit gepflegt worden. Schon im Anfang des XVl. Jahrhunderts ist die Punktier oder Punzenmanier, ein Verfahren, das bei den Goldschmieden zur Verzierung von Metallgeräten beliebt war, für den Bilddruck 773*