6 Die Strafen der Vorzeit in der Oberlausitz. daß der Körper nach oben und nach unten auf das schmerzhafteste ausge dehnt wurde. Mitunter wurde der Sträfling mit auf dem Rücken zusammen gebundenen Händen an ein Seil- befestigt und durch eine Winde frei in die Luft emporgezogen und Gewichte von gewöhnlich 25 Pfund Schwere an die gleichfalls zusammengebundenen Füße angehängt. Bei der Feuertortur wendete man Unschlittkerzen oder Spiritus flammen an, in welcher Weise, wie bereits oben angeführt, z. B. der Zittauer Rathsherr Jentsch gepeinigt wurde. Erst durch eine Verordnung des Kurfürsten Friedrich August vom 17. Oktober 1770 wurde in Sachsen die Tortur, nachdem sie schon vorher außer Gebrauch gekommen war, abgeschafft, ebenso wie die Landesverweisung. Wir wollen jetzt die Strafen der Vorzeit in folgender Aufeinanderfolge besprechen: Leibes- und Ehrenstrafen, Freiheits-, Geld- und Lebensstrafen. 1. Leibesstrafen. Unter den Leibesstrafen erwähnen wir zuerst das Scheeren des Haupthaares. Da damals langes Haar als Körperschmuck und Standes auszeichnung betrachtet wurde, so galt es daher als großer Schimpf, wenn einem Uebelthäter dasselbe abgeschoren oder zuweilen auf dem Kopfe zugleich mit der Haut abgezogen wurde. Welche Bedeutung zu jener Zeit das Tragen langen Haares hatte, sieht man daraus, daß 1624 ani 10. Februar der Bauerknecht Thomas von Schlegel auf der Hirschfelder Straße von einem Edelmanne um langer Haare willen erstochen wurde, und daß 1655 wegen Tragen langen Haares 32 Ebersbacher Landleute Geldstrafe zahlen mußten. Peitschen-, Stock- und Ochsenziemerstreiche wurden öffentlich oder im Gefängnisse verabreicht. So bekamen z. B. in Zittau 1650 mehrere Diebe außer der Strafe der Landesverweisung „den Stockschilling." Ein ganzer Schilling betrug 30, ein halber 15 Streiche. Der Staupenschlag ging gewöhnlich der Verweisung aus der Stadt oder dem Lande voraus. In Zittau wurden die Sträflinge mit Ruthen schlägen zum böhmischen Thore hinaus getrieben. So ward 1706 wegen Diebstahl ein Webermeister „hinausgepeitscht." Aehnlich erging es 1601 am 5. November einem Gerichtsschreiber, welcher die Kaffe erbrochen und das Siegel gemißbraucht hatte. Derselbe wurde vom Henker unter dem Geläute des Henkersglöckchens an einem Stricke über die Grenze geführt. In Bautzen vollzog man gewöhnlich den Staupenschlag an einer hölzernen Säule; 1573 aber mußte ein Verbrecher von der Ecke der Wage bis zum äußeren Lauen- thore vor dem Henker herlaufen, indem derselbe ihm Ruthenstreiche versetzte. Ferner bekam daselbst noch im Jahre 1743 ein Landstreicher wegen falscher Braudbettelei den Staupenschlag. Er erhielt vom Rathhause an aller acht Schritte drei Hiebe. Am äußeren Lauenthore angekommen, mußte er an dem Schandpfahle „Urfehde" schwören und wurde dann über die böhmische Grenze gebracht. Oft kam diese Strafe auch in den anderen Städten der Oberlausitz vor. — Die Zahl der Ruthenstreiche betrug 25 bis 300. In Zittau war die Staupsäule seit dem 25. Juli 1572 am Marktplatze aufgerichtet. In