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Die Strafen der Vorzeit in der Obcrlausitz. 15 handenen Reliquien und Heiligthümern. So willigte z. B. Konrad Seibt aus Seidenberg ein, als 1495 Philipp Heffter von ihm erschlagen worden war. zur Sühne eine Aachfahrt zu unternehmen und 31 Seelenmessen lesen zu lassen. Als im Jahre 1470 Hans Mieth durch einen Görlitzer, Namens Friedrich Gruhl, sein Leben verloren hatte, verglich sich letzterer mit den Hinterlassenen dahin, daß Friedrich Gruhl eine Aachfahrt unternehmen, 50 Seelenmessen abhalten, 15 Mrl. zahlen und an der Stelle, wo Mieth erschlagen worden war, ein Kreuz aufrichten lassen wolle. Auch in Kamenz wurde ein Mörder 1509 zu einer Romfahrt verurtheilt und mußte ein Seelbad stiften. — Noch heute sieht man an verschiedenen Orten der Ober lausitz steinerne Kreuze, welche an Todtschlag erinnern. 5. Todesstrafen. Hinsichtlich der Hinrichtungsarten und den vorhergehenden scheußlichen Martern zeigten sich die Richter jener Zeit noch den schlimmsten Despoten des Morgen- und Abendlandes überlegen. Alles, was die Grausamkeit der Wilden Nordamerikas ersonnen hat, wird von den Blutrichtern des Mittel alters überboten. Nach Wolfgang Menzels Geschichte der Deutschen wurden Falschmünzer gesotten, weil sie selbst Kupfer in Silber gesotten hätten. Bigamie wurde dadurch gestraft, daß der Schuldige mitten entzwei gehauen und jeder seiner Frauen eine Hälfte überlassen wurde. Geistliche sperrte man in Augsburg in eiserne Käfige und hing sie an Thürmen auf, wo sie ver hungern mußten, weil man sie bei schweren Verbrechen nicht ungestraft lassen wollte und weltlicherseits geweihte Priester doch nicht wie andere Verbrecher hinrichten durfte. Juden, die gestohlen hatten, wurden zwischen zwei Hunden an den Beinen aufgehängt. In Halle hing 1462 ein Jude auf diese Art einen ganzen Tag lang, ohne zu sterben, und bat endlich Christ werden zu dürfen. Die Mönche tauften ihn, wie er da hing, und suchten ihm nun das Leben zu erbitten. Der Stadtrath weigerte sich, während der Unglückliche auch ferner noch hängen blieb. Erst am dritten Tage machte man ihn los und er starb erst zwanzig Tage später. Bauinfrevlern riß man den Nabel aus, nagelte denselben an den verletzten Baum und trieb den Unglücklichen so lange um den Stamm herum, bis ihm alle Eingeweide aus dem Leibe gewunden waren. Wilddiebe wurden in Ketten auf Hirsche geschmiedet und in den Wald gejagt. Oft nähte mail Wilddiebe in Wildhüute und gab sie den Hunden preis. Zu Schweidnitz in Schlesien zwang man einen alten Rathsherrn, zur Strafe den höchsten Thurm auswärts herunter zu klettern, er kam bis zu einem Absatz, wo er stehen blieb und endlich herabstürzte. Blau sieht aus diesen Beispielen, welch' geringen Werth damals ein Menschen leben hatte. Wie ungeheuer groß die Zahl der Hinrichtungen in jener Zeit war, ersieht man daraus, daß Benedikt Carpzov, der berühmteste Jurist des Schöppenstuhls zu Leipzig und ein naher Verwandter des Zittauer Geschichts schreibers, Johann Benedikt Carpzov, von 1620 bis 1666 nicht weniger als 20,000 Todesurtheile gefällt hat. Man wird aus dem Nachfolgenden ersehen, daß auch in unserer Oberlausitz dieselbe erbarmungslose grausame Kriminal justiz üblich war.