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bach damals dem Besitzer der böhmischen Herrschaften Schluckenau und Tollenstein, Ernst von Schleinitz, gehörte, in den Gerichten zu Schluckenau ausgestellt. In dem ersten Falle betrug das Sühnegeld 40 Gulden und die aufgelaufenen Unkosten, im zweiten Falle mußte der Vater des flüchtig ge wordenen Mörders 67 Schock an die hinterlaflenen Erben des Erstochenen und außerdem die Gerichtskosten zahlen. Als ein reicher Schuhmacher in Bautzen im Jahre 1430 einen anderen Bürger daselbst erschlagen hatte, kaufte er sich durch Zahlung von 500 Schock von der Strafe los. Der Chronist bemerkt, wegen dieser Ungerechtigkeit des Stadtrathes sei große Uneinigkeit in der Gemeinde entstanden. Im Jahre 1506 zeigte eine Frau in Kamenz, Naniens Goldschmidt, den Stadtgerichten an, daß sie von Barthel Schmidt für den Todtschlag, den er an ihrem Manne begangen, 9 Mark „zu Dank" bezahlt erhalten habe. Im Jahre 1570 war der Sohn des Zittauer Bürgermeisters Augustin von Kohlo am 19. November zu Mostrichen bei einem Tauffeste von Gotfch von Gersdorf erstochen worden. Gersdorf gab hundert Thaler Wehrgeld, welches der Vater dem Gotteskasten schenkte. In einem anderen Falle, der damals viel Aufsehen erregte, wurde das Wehr geld von der Wittwe des Erstochenen nicht angenommen, sondern dieselbe beharrte auf der Hinrichtung. Heinrich von Scharfsod, Pachter des Falken- hainschen Gutes zu Radgendorf, hatte nämlich am 14. November 1613 auf der Treppe des Zittauer Weinkellers einen ihm begegnenden Ziegelstreicher mit einem Dolche erstochen. Scharfsod wurde gefangen gesetzt. Alle Für bitten seiner Freunde, selbst ein Fußfall seiner Braut beim Kaiser, der es gern gesehen hätte, wenn die Wittwe sich mit einer Zahlung von Wehrgeld begnügt hätte, waren fruchtlos. Gegen 40 Wochen hatte Scharfsod im Gefängnisse zugebracht, als der Tag seiner Hinrichtung nahte. Mit Helle barden bewaffnete Bürger bildeten auf dem Marktplatze einen Kreis. An zwei Tischen saßen die Zittauer Stadtgerichten nebst dem Hof- und Landrichter von Haugwitz. Als Scharfsod, begleitet von zwei Geistlichen aus dem Kerker gebracht worden war, wurde er der damaligen Sitte gemäß von der Wittwe und deren drei unmündigen Kindern peinlich angeklagt, dann das kaiserliche Urtheil verlesen und der Stab über ihn gebrochen. Er kniete hierauf auf ein schwarzes Tuch und ward enthauptet. Oft wurde eine unvorsätzliche Tödtung nicht durch Geld, sondern in anderer Weise gebüßt, durch Lesen von Seelenmessen und Vigilien, durch Wallfahrten nach Rom oder Aachen, Seelbäder, durch Errichtung eines steinernen Kreuzes oder auch durch den Bau einer Kapelle, damit die Vorüber gehenden ein Vaterunser für den Erschlagenen beten könnten. Mehrfach begegnen wir auch derartigen Beispielen in den Geschichtsquellen unserer Lausitz. So findet sich z. B. in dem ältesten Schöppenbuche von Olbersdorf ein solcher im Jahre 1495 abgeschlossener Vergleich. Der Thäter, ein Müllermeister „Jorge," verglich sich mit der Wittwe des Erschlagenen, der „Heyde Matissin," dahin, daß er ein Tuchgewand geben, dreißig Seelenmessen lesen, ein Seelbad stiften, eine steinerne Kapelle mit einem Cruzifix aufrichten, ein steinernes Kreuz setzen und eine Romfahrt thun wollte. (Wörtlich ab gedruckt in Korschelts Geschichte von Olbersdorf, S. 185). — Oefterer noch als nach Rom wallfahrteten Oberlausitzer nach Aachen zu den daselbst vor-