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geschlagen hatte, hingerichtet. Man riß ihn auf dem Markte mit glühenden Zangen, hieb ihm die rechte Hand ab und viertheilte den Körper. Aehnlich verfuhr man in Bautzen 1412 mit einer Muttermörderin. Auch ihr wurde die rechte Hand abgehauen, nachdem sie vorher ebenfalls mit glühenden Zangen gerissen worden war. Bei dem Galgen angekommen, warf sie der Henker nieder, riß ihr das Herz heraus, zertheilte den Körper in vier Theile und hing dieselben nebst der abgehauenen Hand an den Galgen auf. Die Chroniken erzählen als Merkwürdigkeit, daß, obgleich die Vögel die Theile des Körpers fraßen, die Hand unversehrt geblieben und erst bei der Ankunft des Königs abgenommen und vergraben worden sei. So wurden auch im Jahre 1566 in Bautzen Georg Müller wegen eines überwiesenen Meineides die zwei Finger abgehauen, mit denen er geschworen, und dieselben an den Pranger genagelt. Ein Beispiel von Ohrenabschneiden wird in den Görlitzer Raths rechnungen 1386 erwähnt, wo es der Marterknecht zu verrichten hatte. Ebenso waren auch Nasenabschneiden, Zähneausbrechen, Augen- ausstechen oder Blenden vorkommende Strafen, welche gewöhnlich mit dem Staupenschlage und der Landesverweisung verbunden waren. 2. Ehrenstrafen. Unter den Ehrenstrafen, welche man auch Polizeistrafen nennen könnte, sei zuerst der Pranger genannt, eine Strafe, welche Diebe, Betrüger und Gotteslästerer gewöhnlich zu erleiden hatten. Auch Kriminalverbrecher wurden oft, ehe dieselben anderweit bestraft wurden, an den Pranger gestellt. Der selbe war am Rathhause angebracht. Wer am Pranger stehen mußte, war dem Spotte und Hohn der Menge öffentlich preisgegeben. Der Delinquent wurde, je nach der Sitte der Zeit und der Schwere des Verbrechens, vom Henker oder Gerichtsdiener zur Schandstätte gebracht und ihm hier das Hals eisen umgelegt. Man wählte dazu gewöhnlich einen Wochcnmarkttag, an dem auch die Landbewohner aus der Umgegend in der Stadt anwesend waren. Nachdem eine Gerichtsperson dem versammelten Publikum die gefällte Strafe und ihre Ursache verlesen, hängte man dem Ausgestellten eine Tafel um den Hals, auf welcher in großen Buchstaben seine Schuld geschrieben stand Die Gerichtspersonen zogen sich hierauf zurück und gaben dadurch den Miffethäter dem Spotte der Menge und namentlich der Jugend preis, welche den an das Halseisen gefesselten Mann mit faulen Eiern, verfaultem Obst und Un rath so lange bewarfen, bis endlich die hohe Obrigkeit es angezeigt fand, dem Skandal ein Ende zu machen. Im Jahre 1611 erlitt diese Strafe in Zittau ein Mann aus Dittelsdorf wegen Gotteslästerung. Auf seiner Brust las man die Inschrift: „Dieser hat gelästert Gott, darum leid't er diesen Spott." Mitunter machte man auch das Verbrechen durch ein Bild anschaulich, z. B. 1688 bei einem Kuhdiebe, welchen man eine gemalte Kuh umhing. In Lauban mußte 1697 am Sonntage nach Weihnachten, in der Zeit als die Leute aus der Kirche nach Hause gingen, ein Jude aus Glogau an der Kirchgaffenecke am Pranger stehen, weil er gegen einen getauften Juden wegen seines Uebertrittes Gotteslästerungen ausgestoßen hatte. — In Bautzen erließ der Stadtrath 1567 eine Verordnung wegen des überhandnehmenden