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Nichtamtlicher Teil. ^ 58. 11. März 1912. durch Zeichnungen und Modelle, Mondphotographien, Physik des Mondes, Gezeitenstudien, Sternwarten und Instrumente, Apparate für kosmographische Anschauung, Geschichte und Biographie, der Mond in der Astrologie. Kons«mv<reind.Übertreibungen. — Unter dieser Spitz- inarke finden sich in Nr. 19 der Kolonialwarenzeitung, die uns ein Leser einsendet, damit wir unsere heiligsten Güter rechtzeitig wahren können, die untenstehenden Ausführungen. Wenn uns auch der 1. April näher liegt, als die Durchführung dieses Pro jekts, so zeigt doch erfreulicherweise dieser Scherz, daß der Ernst der genossenschaftlichen Bestrebungen in weiteren Kreisen verstanden wird: Sensationelle Neugrün dun gl Um dem Zuge der Zeit nach Verbilligung aller Lebens bedürfnisse zu folgen und das hohe Ideal der Vergenossen schaftlichung aller Lebenswerte zu betätigen, hat sich eine große Zahl hochangesehener Familienväter nunmehr auch zum genossenschaftlichen Bezüge von »geistiger Kost« zu sammengeschlossen. Unter der in moderner Form abgekürzten Firma »G e g k« (Gesamteinkaufsgenossenschaft geistiger Kost) sollen im ganzen Reiche Zweigstellen errichtet werden, in denen geistige Nahrung jeder Art zur Verteilung kommen soll. Zunächst sind in Aussicht genommen: wissenschaftlicher und Elementar-Unterricht, allerlei Privatstunden, Unterricht in Musik, Malerei usw., überhaupt jegliche geistige Unterwei sung, wie solche jetzt in Schulen und sonstigen Bildungs anstalten dargeboten wird. Der Bezug erfolgt zwecks Verbilli gung im großen und unter Wahrnehmung aller günstigen Einkaufsmöglichkeiten. Die Abgabe geschieht zum Selbstkosten preise, zuzüglich eines kleinen Ausschlages für Geschäfts unkosten, an die Verbraucher. Die Gründer gehen von. der Ansicht aus, daß einesteils zahllose Anwärter auf den Schuldienst oder sonstige wissenschaft liche oder künstlerische Betätigung lange Jahre warten müssen, und zwar zumeist sehr intelligente Leute in den besten und leistungsfähigsten Jahren, die — ohne Anstellung und ohne Erwerbsmöglichkeit — gewiß gern bereit wären, für eine be scheidene Entlohnung ihre geistige Ware an den Mann bzw. das Kind) zu bringen; sie glauben ferner, daß andererseits das Heer unserer Militäranwärter Har nicht mehr in anderen Berufen unterzubringen ist, daß diese Leute sich aber — nach weitverbreiteter Anschauung — zum Lehrerberuf und zur Jugenderziehung, wegen ihrer früheren Beschäftigung, ganz vor züglich eignen (was ja auch daraus hervorgeht, daß diese Leute in verantwortlichen Stellen bei der Post, Eisenbahn und dem Gericht usw. beschäftigt werden). Aus allen diesen Erwägungen heraus sind die Gründer des neuen Konsumvereins auf den Gedanken gekommen, mit Hilfe dieser nach Betätigung und nach Verdienst Lechzenden geistige Nahrung billiger als bisher zu beziehen zu suchen, um sie den Mitglie dern zu einem wesentlich bi-lligeren Preis als bisher ablassen zu können. Man will berechnet haben, daß Volksschul-Unterricht mit 3,8—29 wissenschaftlicher mit 9,34—39 Klavier- und Ge sangs-Unterricht (wegen der vielen Betätiger auf diesem Ge biete) sogar schon mit 1,78—5,36 H für die Stunde geliefert werden kann, während sich der Vertrieb von Privatstunden, we gen des Überangebotes in diesem Artikel, nicht lohnt; diese Warengattung soll also nicht geführt werden. Künstlerische Unterweisungen würden höher im Preise zu halten sein, weil diese der Marktlage, d. h. dem Angebot und der Nachfrage, nicht so stark unterworfen sind. Da man auch, den bewährten Grundsätzen »gemeinnütziger« Konsumvereine folgend, an der »Verpackung« und an der »Aus stattung« sparen zu können hofft, indem man an Stelle der teuern Schulgebäude die vielen infolge der segensreichen Kon sumvereinstätigkeit leerstehenden Läden billig für Unterrichts zwecke zu erwerben hofft, auch die Unterrichtsstunden so legen zu können vermeint, daß sehr bedürftige Darbieter geistiger Kost billige Überstunden geben könnten, vielleicht auch Ware erworben werden könnte, die — ohne gerade minderwertig zu sein — wegen sogenannter »Schönheitsfehler« billig zu haben ist. hofft man den Mitgliedern noch weitere Vorteile bie ten zu können. Da man sich außerdem die Ausbreitung des hehren genossenschaftlichen Gedankens in der Bevölkerung beson ders angelegen sein lassen will, wird erwartet, daß die durch den neuen Konsumverein von ihrer gewohnten Beschäftigung frei werdenden Leute sich der Agitation für die neue Genossenschaft widmen werden. Eine Dividende soll nicht verteilt werden, um dem Racker von Staat nicht unnötig die neuerdings so beliebte Er tragssteuer nachwerfen zu müssen. Die geistige Ware soll daher zum billigsten Selbstkostenpreise abgegeben werden. Die Lagerhalter hofft man mit einem geringen Prozentsätze der Umsatzziffer abfinden zu können, um so mehr, als die neue Bewegung zahllose Kräfte im Unterrichtsberufe frei machen wird, die in diesem neuen Unternehmen gewiß gern ein Unter kommen suchen werden. Der Betrieb wird voraussichtlich am 1. April eröffnet werden. Neue vkcher, Sat«lo,e «sw. fü, VmchhSudter. 145 8^ 1716 Arn. Kulturgeschichte. Teil II: Häusliches und privates Leben. — München, Salvatorstraße 18. 8°. 62 S. Nr. 1465—3110. Uonarellis. — ^ntiqu.-Latulox Ar. 302 von L 8g1ix8b6rx'8 Antiquariat: (Inüabsr: k'. 86ukker) in öa^reutll. 8°. 74 8. 1753 Arn. Aiexsrt in k'rankkurt a. U., Uoedstrasso 3. 8". 55 8. 1546 Ara. Personalriachrichteu. Robert Tchachner -j-. — In Jena ist der Nationalökonom Professor I)r. Robert Schachner im Alter von 37 Jahren ge storben. Seine Hauptstudien betrafen das Kultur-und Wirtschafts leben in Australien und Neuseeland, über welche Länder er auch eine größere Schrift verfaßt hat. Sprechsaal. Anastatischer Druck. (Vgl. Nr. 19, 52 u. 51.) Unter normalen Verhältnissen kann der Vertrag zwischen der Verlagsfirma und der Druckerei, die bei allen Druckausträgen zu bevorzugen ist, nur den Sinn haben, daß letztere lediglich ein Vorrecht auf solche Arbeiten hat, die ihrer Beschaffenheit nach am zweckmäßigsten durch eine Buchdruckerei ausgefübrt werden. Sonst müßte sich die Verlagsfirma beispielsweise ja auch zur Her stellung von Verlagsartikeln mit großen Bildflächen und kleinen Auflagen (Mappenwerken usw.) des Buchdrucks und nicht des Licht druckverfahrens bedienen und sich dabei der Buchdruckerei zuliebe Kosten für Klischees und Zurichtung auferlegen, die nur bei ent sprechend hohen Auflagen zu rechtfertigen wären. Selbst wenn der Wortlaut des Vertrages, auf den sich die Druckerei beruft, einer solchen Auslegung widersprechen sollte, dann müßte der Berlagsfirma trotzdem der Schutz des § 138 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zugesprochen werden, nach dem alle Rechtsgeschäfte, also auch Verträge, durch die einem Kontrahenten übermäßige Beschränkungen in der Bewegungs- und Gewerbefreiheit auferlegt werden, gegen die guten Sitten verstoßen und damit nichtig sind. Wenn also die Höhe der hier in Rede stehenden neuen, in anastatischem Druck hergestellten Auflage nicht gewisse Grenzen überschreitet, die wiederum von dem Umfang und dem Preise des betreffenden Werkes abhängig sind, dann ist die Verlagsfirma zweifellos in ihrem Recht, denn als Reproduktionstechnik dürfte sich der anastatische Druck zum Buchdruck ähnlich so verhalten wie der hier als Nächstliegendes Beispiel herangezogene Lichtdruck. München. Max Schorß.