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^ 108, 10, Mai 1928, Redaktioneller Teil, Börsenblatt f.d.Dtschn. Buchhandel. Pavillon unsere Auswahl an Goethe- und Jtalienliteratur (hin zu kommt noch die Abteilung für Altertumswissenschaften) künst lerisch durch geeigneten Aufbau zur Geltung zu bringen, war äußerst schwer, Herrn Konsul Stiller und dem deutschen Künst lerbund in Florenz gebührt die Anerkennung, mit bescheidenen Mitteln einen Rahmen für unsere Ausstellung geschaffen zu haben, der nach dem Ausspruch eines hier anwesenden bedeuten den deutschen Lyrikers glückliche Formung, Kultur im besten Sinne ist. Wir haben sehr viel Mühe gehabt, in Tag- und Nachtarbeit zur Eröffnung wenigstens im großen und ganzen fertig zu «erden. Di« florentiitischen Handwerker arbeiteten bei unserem Eintrefsen noch am Mauerwerk, und Herr »r. Hü- nich vom Insel-Verlag konnte sich nur schwer entschließen, in dieser -feuchten Höhle« die Kostbarkeiten der Kippenbergsamm lung und der Weimaxer Museen aufzubauen. Die Sonne ver richtet in Italien aber Wunder, und wenn auch heute noch einige Zeichen überhasteter Konstruktion im Pavillon sichtbar sind, so ergibt sich doch aus der Zartheit der Töne des verwendeten Ma terials und den leuchtenden Bänden aus dem grünen Grunde der Vitrinen ein Licht- und Farbenakkord, der auch verwöhnte Be sucher befriedigen kann, Frankreich im gegenüberliegenden Pavillon hat es ge schickt verstanden, einen Teil der bekannten Produktion großer Verleger, wie Hachette, Larousse, Grasset, Fayard, Garnier, De- lagrave, Masson, Dunod, Michel und anderer so auszubauen, daß zunächst der Eindruck umfangreicher Beteiligung entsteht. Prüft man jedoch die einzelnen Stände, so ergibt sich, das wich tige neuerschienene Werke fehlen, dafür aber aus der Produktion der früheren Jahre sehr viel vorhanden ist, was wir schon vor drei Jahren gesehen haben. Auch die französische Abteilung konnte nicht früher als wir an der Aufstellung ihrer Werke arbeiten, und wenn auch hier und dort noch mancherlei nachzu holen ist, so muß doch anerkannt «erden, mit wie gutem Ge schmack die monotone Masse der Bücher aufgeteilt worden ist. Als besondere Anziehung sind in 4 Hochttitrinen die im Jahre 1927 mit den verschiedenen Preisen gekrönten Werke ausgestellt worden, und man kann sich einen Begriff vom Wert oder Unwert dieser Preisverteilungen machen, wenn man die Titel der 108 ausgestellten Werke durchlieft. Wir sind bereit, auf Wunsch diese Titel bekanntzugeben. In diesem Bericht soll jedoch nicht von literarischen Neu erscheinungen und dem Stande der Buchtechnik der einzelnen in Florenz vertretenen Nationen gesprochen werden, denn hierzu ließe sich in einem besonderen Artikel noch mancherlei sagen. Vielleicht entnimmt jedoch der eine öder andere unserer Leser aus unseren Hinweisen die Anregung, eine Fahrt nach Florenz zu unternehmen, wie Herr Kommissionsrat Steuernogel vom Leipziger Dahnhofsbuchhandel, der sich bei der Eröffnung der Ausstellung der kleinen deutschen Delegation anschloß. Den Hauptteil des Parterre nimmt natürlich Italien ein, dessen Verleger fast ihre ganze Produktion ausgestellt haben und für den direkten Verkauf an das Publikum in Schränken und unter den Ständen die Doppelexemplare bereithalten. Dem mit italienischen Büchern vertrauten Besuchern wird nicht ent gehen, daß in den Ständen von Bemporad, Barbera und eini gen anderen Buchtypen nach dem Beispiel Mondadoris ausge taucht sind, der, wenn ich nicht irre, zum ersten Male mit hüb schen Vignetten geschmückte Romanreihen herausgegeben hat. Die großen Kunstverleger Alinari, Bestetti L Tumminelli, Jsti- tuto d'Arti grafiche, Bergamo, sind mit großen, schön gebundenen, meist bekannten Werken vertreten. Bei Olschki prunkt das von Ehr, Hülsen geschriebene Werk über die Mittelalterlichen Kirchen Roms, Eine besondere Abteilung bringt Literatur aus allen Sprachen über den Faszismus, Obwohl die Auslandab- teilung des Börsenvereins die Besprechung derartiger deutscher Bücher durch die Bibliograsia sascista bisher vermittelt hat, fällt auf, daß die in Deutschland am meisten bekannten Werke in dieser Abteilung nicht ausgestellt sind. Es ist dafür gesorgt wor den, diesen Teil zu ergänzen. In dem bizarr ausgestatteten Raum des futuristischen Buches finden sich einige Bücher der Deutschensresser Marinetil und Carrä, die zu öffnen und anzu schauen nicht empfohlen werden kann. Während wir vermieden haben, Werke auszustellen, die sich allzu kritisch mit dem Italien der Gegenwart befassen, treten uns in dieser Abteilung Bücher entgegen, die jeden anständigen Italiener ebenso ent rüsten wie uns. Bei der Spezialisierung der italienischen Ab teilung entstanden seiner noch besondere Auslagen für christliche und jüdische Verlagsanstalten. Dänemark wird durch den Verlag-Gyldendal repräsen tiert, der einen ganzen Saal füllt und mit vielen Hinweisen an der Wand auf die ISO Jahre Verlagstätigkeit seines Hauses hin weist, Es gibt hier, wie im ungarischen und tschechischen Saal, besondere Auslagen über Italien im dänischen Buch und eine Auswahl von dänischen Übersetzungen der italienischen Belle tristik, Die dänische Abteilung ist neben der portugiesischen, die dem flüchtigen Besucher nichts Besonderes bietet, die einzige der fremden Nationen, die den Messecharakter beinhalten hat. Die Tschechoslowakei, Ungarn und Rumänien haben in Vitrinen Proben ihres Könnens ausgestellt, wobei, wie schon erwähnt, die nötige Huldigung für den Gastgeber Italien beachtet worden ist. In der rumänischen Abteilung verschwinden die Bücher fast unter der Fülle von Tischen, Teppichen, Polstern und Vasen, Der tschechische Saal ist ganz in Hellen, lichten Tönen ge halten, die Wände sind ringsherum mit z, T, futuristisch an mutenden Pinkaten geschmückt, von denen das eine über fremd sprachige Zeitungen und Zeitschriften wohl die Prager deutsche Presse und die Reklamezeitschrist: -Zeit im Bild« erwähnt, sonst aber fehlt in diesem Saal jeglicher Hinweis, daß in der Tschecho slowakei ein Viertel der Bevölkerung aus Deutschen besteht, die ebenfalls durch Wort und Schrift am kulturellen Wohlstand des Landes beteiligt sind. Die Niederlande sind mit Teilen aus der Internationalen Buchkunstausstellung vertreten, die im Jahre 1927 in Leipzig stattfand. Schuldig bleiben muß ich die Beschreibung der Bücher von Venezuela, Ecuador, Guatemala und Mexiko. Außer den Schil dern über den einzelnen Ständen deutet nichts aus Originalität hin. Aus Guatemala stammt ein einziges Buch, das aber unter die mexikanischen geraten war, und 5 Bücher mit Stempeln aus Privatbesitz sind ein recht schlechter Versuch zur Darstellung der verlegerischen Produktion Mexikos, Von Venezuela soll eine Sammlung ministerieller Erlasse, schein bar aus italienischen Bibliotheken, Zeugnis ablegen. Die »Col lection des Dokuments historigues« Publiss par ordre de S. A. S. le Prince Albert ler aus der Jmprimerie deMonaco sollte auf dieser internationalen Schau nicht fehlen, ebensowenig wie einige Malereien siamesischen Ursprungs auf Holzpapier und Seide. Und Albanien? Es ist zwar in der Eröffnungsrede erwähnt worden, ich suche aber immer noch danach. Die vorstehende Übersicht ist bald nach Eröffnung der Aus stellung eingesandt worden, konnte jedoch wegen Raummangels nicht früher veröffentlicht werden. Inzwischen hat in Florenz der internationale Etruskologenkongreß getagt. Die im deutschen Pavillon errichtete Sonderausstellung für Alter tumswissenschaften wurde von den Teilnehmern am Kongreß während eines Abendempfanges ausgesucht. Die übersichtliche Anordnung der Ausstellung hat den zahlreich erschienenen Ge lehrten gut gefallen und manche von ihnen machten sich Notizen für Bestellungen, Der für den 3. Mai angekündigte Königsbesuch brachte den ausländischen Messeteilnehmern viele Überraschungen. Dis -bellagenswerten Vorgänge in Mailand hatten die florentinische Ouästur zu Absperrungen und Überwachungen veranlaßt, die sich nicht nur aus Einheimische, sondern auch Peinlich und zu gleich belustigend, weil mit italienischer Freundlichkeit verbunden, aus ausländische Delegierte erstreckte. Das Ausstellungsgelände war nur Personen zugänglich, die sich im Besitze eines für den Königsbesuch hergestellten Ausweises befanden. Der König erschien in Begleitung zahlreicher Würdenträger, mit den Spitzen der provinziellen und städtischen Behörden und einigen Staatssekretären verschiedener Ministerien, Im deut schen Pavillon übernahm nach Vorstellung durch Commendatore Bemporad der Delegierte des Börsenvereins die Führung. Die