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283, 6. Dezember 1900. 1-ttchtamL'ücher Teil. 9765 Staatsangehörigen nicht zu machen sei. Der Deutsche Bundestag habe kein Gesetzgebungsrecht gehabt, sein Beschluß habe nur durch Verkündung in den Einzelstaaten Gesetzeskraft als Landesrecht gehabt. Als solches sei es aber in Preußen durch das Gesetz vom 11. Juni 1870 ersetzt; dessen 8 57 setze alle früheren Be stimmungen außer Kraft, und es seien ausländische Autoren nur nach ß 62 desselben zu beurteilen. Dieser 8 62 sei die Ausführung des Artikels Xill des Prager Friedens. Nach ß 62 sollen unter der Voraussetzung der Reziprozität ausländische Urheber gleich den einheimischen geschützt werden, wenn sie in einem ehemaligen Bundesstaate, aber nicht im Deutschen Reiche, ein Werk veröffentlicht haben. Dasselbe gilt von nicht veröffent lichten Werken. Das Gleiche gilt aber nicht von Veröffentlichungen in Ländern, die nicht zum Deutschen Bunde gehörten, gleichviel, ob der Urheber Deutsch-Oestcrreicher oder sonstiger Ausländer sei. Die Ausdehnung, die die Revision den gesetzlichen Bestimmungen auf ganz Oesterreich-Ungarn geben wolle, sei im Recht nicht be gründet. (Urteil. Strafsachen. II. 1810/00 v. 3. Juli 1900, mit- aeteilt von Reichsgcrichtsrat a. D. Stenglein in der Deutschen Juristenzeitung sBerlin, Otto Liebmann) V, Nr. 23, vom 1. De zember 1900.) Entscheidung des kgl. preußischen Kammergerichts. Preußisches Preßgesetz. Plakat.) — Mehrere Dienstmänner hatten ohne polizeiliche Erlaubnis eine Reklametafel mit der Aufschrift -Lilian Sanderson - Konzert«, also der Ankündigung einer öffentlichen Vergnügung, auf den Straßen umherge tragen. Die auf Grund der 88 9 und 10 des preußischen Preßgesetzes vom 12. Mai 1851 Angeklagten sind freigesprochen: -Der 8 10 des preußischen Preßgesetzes fordert die vorgängige polizeiliche Erlaubnis nur für das -Ausrufen. Verkaufen, Verteilen, Anheften oder Anschlägen- von Druckschriften oder anderen Schriften und Bildwerken auf öffentlichen Straßen u. s. w., während 8 9 an sich das Anschlägen, Anheften und öffentliche Ausstellen in sonstiger Weise bezüglich der Anschlagezettel und Plakate über gesetzlich nicht verbotene Versammlungen, verlorene oder gefundene Sachen, öffentliche Vergnügungen, Verkäufe oder andere Nachrichten für den gewerblichen Verkehr gestattet. Es kann keinem Bedenken unterliegen, daß ein bloßes Um he rtrage n von Plakaten, das sich zwar als ein -öffentliches Ausstellen- im Sinne des 8 9 charakterisiert, nicht unter die in 8 10 a. a. O. auf- geführten Thätigkeiten des Ausrufens, Verkaufens, Verteilens oder Anschlagens fällt; aber auch unter den Begriff des -Anheftens- läßt es sich nicht ohne Zwang subsumieren. Denn wenn man auch unter diesem Ausdruck jedes -Affichieren- begreifen will, so setzt derselbe doch die Herbeiführung einer mechanischen Verbindung des Plakates mit einem Gegenstände voraus. Es kann dahingestellt bleiben, ob diese mechanische Verbindung des Plakates auch dann vorgängiger polizeilicher Erlaubnis bedarf, wenn sie mit beweg lichen oder sich bewegenden Gegenständen, einem Tier, einem Wagen oder einem Menschen erfolgt. Denn es fehlt hier an dem Erfordernis, daß das Plakat mit einem derartigen Gegenstände oder einer Person in mechanische Verbindung gebracht worden ist. Mögen die 88 9, 10 und die 88 8, 9 der Verordnung über die Verbreitung und Vervielfältigung von Schriften vom 30. Juni 1849, denen die ersteren Bestimmungen entsprechen, auch in einem innigen Zusammenhänge miteinander stehen, und mag es selbst die Absicht des Gesetzgebers gewesen sein, alle in 8 9 erlaubten Arten der Ankündigung einer vorherigen polizeilichen Erlaubnis zu unterwerfen, so ist jedenfalls die Absicht, auch das Umhertragen von Plakaten auf öffentlichen Straßen ohne Genehmigung der Polizei zu verbieten, in 8 10 nicht zum Ausdruck gelangt. Eine solche Ankündigungsart kann jedoch durch Straßenpolizeiverordnung (ekr. 8 6b des Ges. v. 11. März 1850) verboten werden, wenn der Verkehr durch das Umhertragen derartiger Plakate behindert wird. (Urteil S. 263/00 v. 26. April 1900, mitgeteilt von Geh. Oberjustiz rat Groschuff, Senatspräsident, Berlin, in der Deutschen Juristen zeitung sBerlin, Otto Liebmann) V, Nr. 23, vom 1. Dezember 1900). Brahms' Musikbibliothek. — Die musikalische Bibliothek von Johannes Brahms bestand, wie der italienischen Vierteljahrs schrift -ba UiblioMa.» aus dem Nachlaßinventar des Meisters mitgeteilt wird, aus 488 Bänden, die über Musik handeln, und 1419 Nummern Musik, worunter zahlreiche Vollpartituren. Im Studierzimmer von Brahms fanden sich außerdem 182 musi kalische Autographen und ein unvollständiges Opernlibretto von Turgenjew. Unter den musikalischen Autographen war eines von Beethoven, zwölf von Mozart, einige von Schubert, einige größere Fragmente aus Tristan und Isolde von Wagner und dreiund dreißig eigenhändige Manuskripte Brahmsschcr Kompositionen. — Die Allgemeine Zeitung, der mir diese Mitteilung entnehmen, be merkt dazu: -In der musikalischen Bibliothek, über die die -Liblioülia- nichts meldet, hat zweifellos die Jean Paul-Litteratur eine größere Rolle gespielt, für den der Meister eine große Vor liebe hatte und den er sehr hoch stellte. Und selbstverständlich hatte Goethe seinen Ehrenplatz in Brahms' Bibliothek gehabt; denn Brahms war ein außergewöhnlicher Goethe-Kenner.« Vortrag. — Am 28. November hielt der Assessor Herr von Zur Westen, der den Lesern des Börsenblattes durch manchen gern gelesenen Aufsatz über die Bestrebungen in der neueren graphischen Kunst bekannt ist, im Verein für deutsches Kunstgewerbe zu Berlin einen Vortrag über -Lx 1idri3, Bilder postkarten und andere Arbeiten der angewandten graphischen Kunst-. Der Vortragende gab einen Abriß der Entwickelung der Lx-1idri3-Kunst seit ihrer Entstehung in der zweiten Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts und charakterisierte mit Hilfe von Lichtbildern die heutige Produktion in Frankreich, wo man die llx-libri3 als knappes, prägnantes Eigenzeichen zu gestalten sucht, in England, wo rein dekorative, beziehungslose Blatter im Stil der neueren Präraphaelitenschule vorherrschen, und in Deutsch land, wo Künstler wie Klinger und Greiner wahrhafte Meister werke geschaffen haben, in denen eine Fülle poesievoller und geist reicher Ideen niedergclegt ist. Hierauf besprach der Vortragende kurz die künstlerischen Leistungen auf dem Gebiete der Gratulations karten, Festkarten rc., wandte sich dann der Reklamekunst zu, unter besonderer Hervorhebung der Vorzüge der amerikanischen Katalog ausstattung, und ging schließlich etwas näher auf die Bildpost karte ein, für die er, entsprechend ihrer Zweckbestimmung, kurze Nachrichten zu übermitteln, einen flotten, skizzenhaften Charakter wünschte. Neue Bücher, Kataloge rc. für Buchhändler: XataloA, ^VoibnLobtsv 1900, äsr 6 aeäoksr Mellon önob- u. Oegsllsebakt m. d. 8. in Llbsrkslä. 50. 8". 96 8. Weihnachts-Katalog 1900/1901 von C. Voysen, Buchhandlung in Hamburg, Heuberg 9. 8". 124 S. mit vielen Bildern. LxportJournal. IntsrnationLlsr ^nrsixor kür Lueblmnäsl uncl (Novsmdsr 1900). kl.-4". 8. 65—80 mit LsilaAen. 80. 8. 177- -192 mit klatr kür ^.ukckruok äsr ^irma. 1858—1900. (^bZ08ebl0880n 8sptsmdsr 1900.) 6r. 8". Xll, 106 8. 6sb. Seemanns Litterarischer Jahresbericht und Weihnachtskatalog für 1900. 30. Jahrgang. Eine Auswahl der hervorragendsten Erscheinungen des Büchermarktes. Herausgegeben unter Mit- Leipzig^und Berlin im November 1900. Lex.-8o. 144 S. mit Anzeigen-Beilagen. In illustr. Umschlag. PersonaLnachrichten. Engelbert Humperdinck. — Der Komponist Professor Engelbert Humperdinck, zur Zeit in Boppard a. Rh., ist infolge seiner Ernennung zum Vorsteher einer akademischen Meisterschule für musikalische Komposition für die Dauer seines Amtes Mitglied des Senats der Königlichen Akademie der Künste in Berlin geworden. -j- Ludwig Jacobowski. — In Berlin starb am 2. d. M. im Alter von zweiunddreißig Jahren vr. Ludwig Jacobowski, einer der hoffnungsvollsten der jungen deutschen Dichtergeneration, Herausgeber der -Gesellschaft-, des Hauptorgans der -Moderne«. Er hinterläßt eine Reihe von Werken, die von Bedeutung sind und zum Teil auch in andere Sprachen Eingang gefunden haben. Wir nennen: -Aus bewegten Stunden. — -Funken, neue Dich tungen- — -Werther der Jude- — -Diyab der Narr- — -Aus Tag und Traum- — -Anne-Marie- — -Der kluge Scheikh« — -Satan lachte- — -Loki, Roman eines Gottes- — -Leuchtende Tage« — -Vorfrühling- — -Die Anfänge der Poesie- — -Klinger und Shakespeare-. Ein besonderes Verdienst hat sich der Verstorbene durch seine sozial-ästhetischen Bestrebungen erworben, indem er gute Poesie in billigen Ausgaben ins Volk zu bringen suchte, wie in den Sammlungen -Ein Buch Volkslieder-, -Neue Lieder fürs Volk-, -Aus deutscher Seele-, -Blaue Blumen, u. a. Auch eine Volksausgabe von Goethes Gedichten, sowie von Heines 1300*