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^5 12, 16. Januar 1908. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 611 Abgeordneter Detto (nl.) gab der Befriedigung über das Be mühen der Reichsregierung Ausdruck, daß sie es fortgesetzt sich an gelegen sein laste, auch den Schutz des geistigen Eigentums zu sichern und zu fördern. Leider bestehe mit Rußland und mit Holland überhaupt noch kein solcher Vertrag. Mit den Vereinigten Staaten bestehe zwar ein Übereinkommen, doch sei dieses nach der Ansicht des Deutschen Verlegertages durchaus unzulänglich. Solche Verhältnisse täten natürlich der ehrlichen Arbeit großen Schaden durch das Freibeutertum, das sich in solchen Ländern zu entwickeln pflege. Es sei deshalb nur zu wünschen, daß die Reichsregierung mit jenem Staat in neue Verhandlungen eintrete. Damit schloß die erste Beratung; in zweiter Lesung wurden die beiden Konventionen in ihren Einzelbestimmungen ohne Diskussion genehmigt. * BahnhofSbuchhandlung. — Die Leipziger Zeitung Nr. 10 vom 14. Januar 1908 bringt folgende Bekanntmachung: Die Bahnhofsbuchhandlung auf dem Dresdner Bahnhofe zu Leipzig soll vom 1. April 1908 ab anderweit verpachtet keinen Bescheid erhält, hat seine Bewerbung als abgelehnt zu be trachten. Zeugniste werden unberücksichtigten Bewerbern ohne Be scheid zurückgesandt. (gez.) Königl. Generaldirektion der Sächsischen Staatseisenbahnen. *Remitteudeufaktur-Bordrucke O.-M. ISO». (Vgl. 1907 Nr. 291, 293—303, 1908, Nr. 1—11 d. Bl.) Weitere Eingänge: C. W. Kreidel's Verlag, Wiesbaden; F. A. Lattmann Verlag, Goslar; Th. Schröter's Verlag (Adolf Bürdeke), Zürich; W. Spemann, Stuttgart; Trowitzsch L Sohn, Berlin. Vom Reichsgericht. (Nachdruck verboten.) — Der Tischler geselle Paul Ryosk ist am 28. Juni v. I. vom Landgericht I in es bezüglich der Erneuerung des Tarifs zu Differenzen ge kommen. Die organisierten Arbeiter wurden schließlich von den Arbeitgebern ausgesperrt. Der Angeklagte, der zu den Ausgesperrten gehörte, trat am 1. Februar v. I. an den nicht ausgesperrten Tischler K. heran und forderte ihn auf, die Arbeit niederzulegen. Cs würde sein Schaden nicht sein, sagte er, denn der Deutsche Holzarbeiterverband zahle wöchentlich 10 oder freie Fahrt in die Heimat. Als K. es ablehnte, die Arbeit niederzulegen, fügte der Angeklagte Drohungen hinzu. Die Anklage hatte auch auf versuchte Erpressung gelautet, weil der Angeklagte den K. durch Drohungen zum Eintritt in den Deutschen Holzarbeiterverband zu nötigen und dadurch »einem andern einen Vorteil« zu ver schaffen versucht haben soll. Dieses Vergehen wurde aber nicht als erwiesen angesehen. Gegen die Anwendung des § 153 der Gewerbeordnung auf den oben erwähnten Tatbestand wendete sich die Revision des Angeklagten in erster Linie. Der Reichsanwalt hielt die Anwendung des § 153 der Gewerbeordnung auf Fälle wie den vorliegenden, wo es sich nicht um Verabredungen der Arbeiter zur Erlangung besserer Lohnbedingungen, sondern um Aussperrungen durch die Arbeit geber handle, für rechtsirrtümlich. — Das Reichsgericht war derselben Ansicht; es erkannte aber nicht auf Aufhebung des Urteils, sondern auf Verwerfung der Revision in Erwägung, daß der Angeklagte nur wegen versuchter Nötigung nach § 240 des Straf-Gesetz-Buchs mit Gefängnis bestraft worden ist, nicht aber nach tz 153 der Gewerbeordnung. Lentze. Der -Werdandi-Bund- und seine erste Ausstellung im Berliner Künstler-Hause. — Die Zeitungen bringen gegenwärtig Mitteilungen über einen Verein zur Hebung der deutschen Kunst, der unter dem fremdartigen Namen »Werdandi - Bund- kürzlich gegründet worden ist. Im Ehrenbeirat sind Namen von hohem Klange vertreten, wie: Hans Thoma, Fritz Uhde, Adolf Harnack, Ernst von Wildenbruch, Siegfried Wagner, Marie von Ebner- Eschenback, Wilhelm Raabe, Wilhelm Busch (-j-), Adolf Oberländer, Henry Thode. Zum Arbeitsausschuß gehören Friedrich Seeßelberg als I. Vorsitzender, Martin Brandenburg als II. Vorsitzender. Der Abteilung für die Vereinszeitschrift steht Friedrich Seeßel berg vor, derjenigen für die »Werdandi - Werke- Hans Schliep- mann, für Feste, Vorträge und Geselligkeiten sorgt Eberhard König, für die Ausstellungen Hans Baluschek und andre. Die Geschäftsstelle befindet sich in Friedenau, Kaiserallee 108. Aus der Zahl derjenigen, die laut Mitteilung der Bundes leitung bereits die ersten Aufrufe unterzeichnet haben, heben wir zur Kennzeichnung nur einige Namen hervor: Konrad Ansorge, Berlin — Karl Donndorf, Stuttgart — Felix Draeseke, Dresden — Bodo Ebhardt, Berlin — Oskar Fleischer, Berlin — Carl Alexander von Gleichen-Rußwurm, München — Cornelius Gurlitt, Dresden — Gustav Halmhuber, Köln — Engelbert Humperdinck, Berlin — Max Klinger, Leipzig — Ernst Kreidolf, München — Karl Lamprecht, Leipzig — Ernst Liebermann, München — Alfred Mohrbutter, Berlin — Felix Mottl, München — Karl Muck, Berlin — Bruno Schmitz, Berlin — Agnes Sorma, Berlin — Franz Staffen, Berlin — Franz von Stuck, München — Heinrich Vogeler, Worpswede — Hans von Volkmann, Karlsruhe — Richard Voß, Frascati — Paul Wallot, Dresden — Hans Freiherr von Wolzogen, Bayreuth — Ludwig von Zumbusch, München. »Werdandi« ist der Name der »Norne des Werdens-, so erklärt die Vorrede des Katalogs, von Seeßelberg verfaßt. In den Ausstellungen des Bundes soll sich der »Wille zum Werden, zum Wiederwerden der Deutschen- bekunden. Man kritisiert nicht mit Unrecht das Wesen der jetzigen großen und mastenhaften Kunstausstellungen als eine -furchtbare Schädlichkeit unsrer Kultur-; durch das massenhafte Anhäufen von Werken der bil denden Kunst verschiedenster Qualitäten sei nur die Ver schwommenheit des Kunsturteils im Publikum gefördert worden. Die im Gegensatz zu diesen Massen-Ausstellungen beständig in zahlreichen Kunstsalons veranstalteten kleinen, intimen Aus stellungen hätten nicht minder schädlich durch die Bevorzugung des modernen »Französeltums« gewirkt. »Zurück in die Bahnen gesunder, zeitgemäßer Kunst, die den modernen Menschen abseits einer bloßen Geschmackskultur in sein höheres, innerliches Ich befördern helfen will- so ruft der Verfasser aus, »jener Kunst, die indem sie das Gute und Wahre und das Besondere der deutschen Natur widerspiegelt, auch ihrerseits veredelnd und lebenverklärend wirkt und wieder in die Mitte einer idealistischen Weltan schauung strebt!- In den Satzungen heißt es ferner: -Der Bund will versuchen und helfen, die Seelenkraft des deutschen Volkes durch das Mittel der Kunst zu erhalten und zu stärken, d. h. er will den Künstlern, deren Kunst auf gesunder, deutscher Gemütsgrundlage ruht, größeren und unmittelbaren Einfluß auf die Kultur verschaffen.- Die Eröffnung der ersten Ausstellung am Sonntag den 5. Januar geschah, wie hier bereits mitgeteilt, in Anwesenheit von Ministern, Generalen, Männern der Wissenschaft und Kunst. Im Eingang, wegen seiner Schwere dort verblieben, zeigt sich zuerst das lebensgroße Marmorwerk des »Rätselweibes, von Müller-Braunschweig, eine schlanke nackte Frauengestalt, die, aus gestreckt liegend, das Kinn auf die Hand stützt und mit düsterer Miene ausblickt. Im Hauptsaal fällt schon durch seine Größe das leider unvollendet gebliebene große Gemälde des verstorbenen C. Gussow »Das Weib und der Künstler« auf, für das sich übrigens der Bund nicht verantwortlich erklärt. Von Hans Thoma sind nicht weniger als acht Gemälde ausgestellt, darunter seine »Flucht nach Ägypten-, »Flora-, -Adam und Eva«, »Gewitter landschaft mit Pflug-. Max Klinger ist nur als Maler und mit einem einzigen Bilde erschienen, einem Männerkopf aus Privatbesitz. Zu den hervorragendsten Gemälden der Ausstellung zählen wir ferner das Porträt des Malers Albert Welti, ein Bildnis eines jungen Mannes und eine Kassandra, alle drei von Leo Samberger in München, ferner Staffens Herbstzeitlosen und Dorothea Hauers wundervollen -Waldeingang«. Von Wilhelm Steinhaufen bewundern wir einen in warmen Tönen gemalten -umblühten Weiher«. Hans am Ende, einer von der Worps- 80*